| # taz.de -- Neues Album von Australier Dirty Three: Unterschätzt nie die Langs… | |
| > Das Postrockinstrumentaltrio Dirty Three aus Sydney variiert mit dem | |
| > Album „Love Changes Everything“ das Thema Liebe in bestechender | |
| > Formstrenge. | |
| Bild: vlnr: Mick Turner, Jim White und Warren Ellis sind Dirty Three | |
| Zwischen düsterem Auftakt und hymnischem Ausklang entwickelt sich das neue | |
| Album des australischen Trios Dirty Three. Die zu weiten Teilen | |
| instrumentale Musik der dreckigen drei wird gerne mit dem Etikett Postrock | |
| versehen, wobei Dirty-Three-Mastermind, der Violinist und Pianist Warren | |
| Ellis, nichts dagegen hat, wenn man einfach Rock dazu sagt. | |
| In den gedimmten Hall, mit dem „Love Changes Everything“ anhebt, knarzt | |
| sich alsbald Stromgitarrist Mick Turner. Kurzer, wuchtiger Einwurf von | |
| Drummer Jim White auf den tiefen Toms, ein Geigenpanorama, die | |
| Schlagzeugpausen werden weniger, White wechselt auf die Blechtrommel, und | |
| das Ganze nimmt Fahrt auf. | |
| Unvermittelt beginnt Stück Nummer zwei, ein abrupter Wechsel in gemessene | |
| Gefilde: Piano, geloopte Violine, Jim Whites Schlagzeug umspielt, anstatt | |
| zu treiben. | |
| ## Süffige Klanglandschaften | |
| „Love Changes Everything“, ein Trip in sechs durchnummerierten Etappen, | |
| weist viele Charakteristika des Dirty-Three-Sounds auf. Die drei | |
| australischen Künstler haben einen ausgeprägten Sinn für süffige | |
| Klanglandschaften. | |
| Mick Turner reüssiert nicht von ungefähr auch als Maler und hat erneut das | |
| Cover des neuen Albums illustriert. Dirty Three haben Mut zur Überlänge, | |
| fünf Minuten sollen es schon, zehn Minuten dürfen es gerne pro Stück sein, | |
| und sie lassen sich dann in ihrem Sound von der Improvisationsfreude etwa | |
| vom Geist des US-Modern-Jazz-Labels Impulse! inspirieren. | |
| Folkethos kommt hinzu: Jim White ist auch als Drummer für Cat Power zu | |
| hören und betreibt ein Duo mit dem Laoutospieler Giorgis Xylouris. Die | |
| Zusammenarbeit begann mit einem Auftritt des Griechen auf der EP „Sharks“, | |
| für die Dirty Three auch einen Song ihres Landsmanns Kim Salmon, bekannt | |
| von Bluespunkbands wie The Scientists, Beasts of Bourbon und The | |
| Surrealists, interpretieren. Das Dirty-Three-Tempo ist zumeist getragen, | |
| wobei es Ausbrüche nicht scheut; so, wie in Warren Ellis’ [1][Arbeiten mit | |
| einem anderen großen Australier, Nick Cave]. | |
| ## Rauschhaft und geräuschvoll | |
| 1994, in dem Jahr, als Ellis das erste Mal bei Nick Cave and the Bad Seeds | |
| in Erscheinung tritt, wir auch das Albumdebüt der Dirty Three „Sad & | |
| Dangerous“ veröffentlicht, schon damals eröffnet von einer epischen | |
| Komposition Kim Salmons. Eine Zeit lang spielen Dirty Three deutlich | |
| rausch- und geräuschhaft, bis sie 1998 auf „Ocean Songs“ zu einem ruhigen | |
| Spiel finden, [2][produziert interessanterweise von dem | |
| US-Noisespezialisten Steve Albini]. | |
| Auf zwei der maritimen Elegien gastiert [3][der mit Bands wie Gastr del Sol | |
| hervorgetretene David Grubbs am Harmonium und am Pian]o.Wahrscheinlich sind | |
| es diese Verbindung und die zeitliche Nähe, die Dirty Three den | |
| Genreeintrag Postrock verschaffen. Seinen gefundenen Instrumentalstil baut | |
| das Trio auf mehreren Alben aus. 2001 dann eine Überraschung: Dirty Three | |
| und die Slowcoregruppe Low veröffentlichen ein gemeinsames Minialbum. | |
| 2005 folgt „Cinder“ mit größtenteils kurzen Vignetten, aus denen „The | |
| Zither Player“ des serbisch-ungarischen Komponisten Lajkó Félix und d[4][ie | |
| Gesangscameos von Cat Power] und Sängerin Sally Timms von den britischen | |
| Folkpunks The Mekons herausstechen. Das wieder instrumentale Album | |
| „Towards the Low Sun“ gerät zu einem superinteressanten Steinbruch. 2012 | |
| erschienen, bleibt es für lange Zeit das letzte Werk der Dirty Three. | |
| Ein reichliches Jahrzehnt später zeigt sich das Können von Ellis, Turner | |
| und White auf „Love Changes Everything“ gebündelt und verfeinert. Da ist | |
| immer noch Jim Whites fast schon somnambul anmutendes Schlagzeugspiel, | |
| doch gesellen sich zu seinen gedehnten Snarewirbeln Ausflüge auf Hi-Hat | |
| und Becken. Wie das Trio, zuerst Turner, dann Ellis und schließlich White, | |
| im vierten Teil von „Love Changes Everything“ einen Klangraum weit | |
| aufmacht und dann im fünften nervös verdichten, ist eine schiere Freude. | |
| Von allen drei Dirty-Three-Musikern liegen übrigens auch Soloalben vor, von | |
| Jim White seit dem Frühjahr das Debütalbum „All Hits: Memories“. Auch hier | |
| gilt: Wer die Langsamen und die Verschrobenen unterschätzt, hat sich | |
| mächtig verhoben. | |
| 18 Aug 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Robert Mießner | |
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