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# taz.de -- Postpunk-Künstlerin Anita Lane gestorben: Von Trauer zu Trotz
> Die australische Musikerin Anita Lane beeinflusste Nick Cave, ging eigene
> Wege und hatte in Berlin viele Fans. Nun ist sie mit 60 Jahren gestorben.
Bild: Unterschätzte eigenwillige Künstlerin: Anita Lane (1959-2021)
Von Narzissen, Kornblumen und einem Regenbogen sang Anita Lane 2001 auf
„Sex O’Clock“, ihrem zweiten Soloalbum. „A Light Possession Of My Soul�…
heißt der Song, ein südlich-sinnlicher Funkbeat trägt ihn, Orgel und
Trompete klingen beflügelnd. Und Disco-Streicher wie aus den Siebzigern
kommen zum Einsatz. Von kleinen Tieren und Blut ist die Rede in einem Lied,
dessen Text ebenfalls Anita Lane dichtete: „A Dead Song“, enthalten auf dem
Album „Prayers On Fire“ (1981) der australischen Postpunkband The Birthday
Party. Über düsterem Groove liegen schrille Gitarre und eine mahnende
Klarinette. [1][Nick Cave], Sänger von Lanes Text, ist mittlerweile beim
Blues gelandet.
Als Lane und Cave auf der Kunsthochschule Melbourne einander von
[2][Rowland S. Howard] vorgestellt wurden, hatte das Punkjahr 1977
geschlagen. Howard sollte bei The Birthday Party geräuschvoll Gitarre
spielen. Lane und Cave wurden ein Paar und blieben es bis in die Achtziger.
Der künftige Star Cave sollte maßgeblich von Anita Lane beeinflusst werden.
Als 1981/82 in London und Melbourne das Birthday-Party-Album „Junkyard“
entstand, beteiligte sich Lane als Co-Autorin an den Songs „Dead Joe“ und
„Kiss Me Black“: beide sind düsterer, gewalttätiger und metaphernschwerer
Noiserock.
1983/84, als The Birthday Party zu [3][Nick Cave & The Bad Seeds] wurden,
war Anita Lane erneut Gründungsmitglied und komponierte den Titelsong des
Debüts „From Here To Eternity“ mit. Im Jahr 1986 spielten die Bad Seeds
einen Song von ihr ein, der zu einem Cave-Klassiker wurde: „Stranger Than
Kindness“. Immer wieder lebte Lane in Berlin. 1988 trug sie mit „The Bells
Belong To The Ashes“ in psychedelischer Manier zu dem Album „Headless Body
In Topless Bar“ der Westberliner Band Die Haut bei.
## Echo auf 1980er Jahre
Kurz danach debütierte Lane mit ihrem Soloalbum „Dirty Sings“:
düster-melancholisch, wie der Titel des Songs „If I Should Die“. „I’m A
Believer“ war mit seinem perkussivgetriebenen Beat ein Echo auf die
grauschwarzen 1980er. Dennoch kündigte sich ein neuer Ton an: mehr
Affirmation. Anita Lane coverte „Lost In Music“, den Hit von Sister Sledge.
Der Disco-Smasher bekam bei ihr eigenartige maschinelle Kühle.
Wie aus Traurigkeit frivoler Trotz werden kann, lässt sich auf einer Single
hören, die Barry Adamson, Bad-Seeds-Bassist, und Anita Lane 1991 gemeinsam
veröffentlichten: Bei ihrer Coverversion von „These Boots Are Made For
Walking“ versteht sich, dass die Schuhe sehr gute sind. 1993, auf Anita
Lanes Soloalbum „Dirty Pearl“, sollte dann „Sexual Healing“ von Marvin …
der Coversong sein. Ja, Anita Lane gehört zu dem Zweig der
Bad-Seeds-Familie, der sich am weitesten auf das Terrain von Disco, Funk
und Soul gewagt hat. Die Musik von „Dirty Pearl“ führt bis in Lanes Zeit
mit The Birthday Party zurück, aber zugleich ist mustergültiger Pop zu
hören.
1995/96 heuerte Anita Lane bei [4][Gudrun Guts] Ocean Club in Berlin an,
die von ihr mitkomponierten Songs „Firething“ und „Yadi Yadi“ sind sch�…
Beispiele für Clubsound, der mehr ist als bloß Hommage an die Siebziger.
Zur selben Zeit beteiligte sie sich auch an
Serge-Gainsbourg-Interpretationen ihres Bad-Seeds-Kollegen Mick Harvey.
Anita Lane hat vom Vergnügen und seinen Fallstricken gesungen.
## Gefährlicher Hosenanzug
Für das „Sex O’Clock“-Cover ließ sie sich im eng anliegenden Hosenanzug
fotografieren, an dem man sich schneiden könnte. Sollte sie eine
Visitenkarte mit sich geführt haben, darf bezweifelt werden, ob darauf
„Muse“ oder „Sexsymbol“ stand. Nun wurde bekannt, das Anita Lane am 28.
April in ihrer Heimatstadt Melbourne im Alter von 61 Jahren gestorben ist.
29 Apr 2021
## LINKS
[1] /Nick-Cave-Ausstellung-in-Kopenhagen/!5691405
[2] https://www.youtube.com/watch?v=aAMb-ElFu6A
[3] /Dokumentarfilm-ueber-Nick-Cave/!5336920
[4] /Berliner-Musikerin-Gudrun-Gut/!5553273
## AUTOREN
Robert Mießner
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