# taz.de -- Macron betrügt die WählerInnen: Die Premierminister-Casting-Show | |
> Schon seit über einem Monat ignoriert Macron das Ergebnis der | |
> Parlamentswahlen. Er hat nur eines im Sinn: Sein Erbe zu retten – auf | |
> Kosten der Demokratie. | |
Bild: Präsident Macron und Premierminister Attal gedenken am 25. August der Be… | |
Der Élysée-Palast bildet in diesen Tagen die Kulisse für eine Casting-Show | |
der besonderen Art. [1][Emmanuel Macron sucht dort nämlich seinen | |
Premierminister]. Seit Tagen lässt der Präsident Vertreterinnen und | |
Vertreter der Parteien kommen, um mit ihnen über die Bildung der nächsten | |
Regierung zu sprechen. Mehr als 40 Tage ist die Parlamentswahl schon her, | |
und noch immer ist die alte Riege der Ministerinnen und Minister | |
geschäftsführend im Amt. | |
Frankreich befindet sich in einem Vakuum, das Macron selbst geschaffen hat. | |
Der Präsident hatte nach der Niederlage seiner Partei bei den Europawahlen | |
überraschend das Parlament aufgelöst. Das Ergebnis des Urnengangs passte | |
dann aber nicht in sein Schema: Das Linksbündnis Neue Volksfront (NFP), dem | |
auch die umstrittene Linksaußen-Partei La France insoumise (LFI) angehört, | |
gewann mit einer kleinen relativen Mehrheit. Sozialisten, Grüne, | |
Kommunisten und LFI präsentierten nach einigem Hin und Her Lucie Castets | |
als Kandidatin für das Amt der Regierungschefin. | |
Am Freitag fühlte Macron der völlig unbekannten Finanzdirektorin der Stadt | |
Paris wie bei einem Bewerbungsgespräch auf den Zahn. Doch der Ausgang war | |
schon vorher klar: Der Präsident will die 37-Jährige und ihr Programm | |
nicht. Ihr Bündnis würde sofort wieder durch ein Misstrauensvotum abgesetzt | |
werden, begründete er am Montagabend sein Nein. Im Namen der | |
„institutionellen Stabilität“ lehne er deshalb eine Regierung der NFP ab. | |
Doch damit macht Macron es sich zu leicht. Er hätte seine Niederlage | |
anerkennen und der NFP den Regierungsauftrag geben müssen – auch wenn die | |
Allianz womöglich schnell gescheitert wäre. Die Französinnen und Franzosen | |
haben sich an den Parlamentswahlen im Juli so stark beteiligt wie kaum | |
jemals zuvor. Sie haben klar zum Ausdruck gebracht, dass sie Macrons | |
Politik nicht mehr wollen. | |
Aber der Staatschef reagiert nun, als habe es das Votum nicht gegeben. Er | |
will um jeden Preis sein politisches Erbe retten. Deshalb versucht er, sich | |
einen Premierminister nach Maß anzufertigen, der möglichst viel seiner | |
Politik umsetzt. Die Mehrheit, die er dazu braucht, will er sich wie einen | |
bunten Flickenteppich selbst zusammenbasteln. | |
Auf der Strecke bleibt dabei die Demokratie. [2][Mit seinem Taktieren | |
betrügt Macron die Wählerinnen und Wähler um ihre Stimme]. Profitieren kann | |
davon nur die Rechtspopulistin Marine Le Pen. Sie hat schon lange vor dem | |
Chaos gewarnt, das Frankreich droht – und für das sie sich als einziges | |
Gegenmittel sieht. Ihr bereitet Macron den Boden. | |
27 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Christine Longin | |
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