# taz.de -- Neue Regierung in Frankreich: Eine Koalition von Verlierern | |
> Macron gibt die Macht an eine Minderheit. Wenn sich Linke und | |
> Rechtsnationale in der Opposition zusammentun, hat Barniers Koalition | |
> keine Chance. | |
Bild: Auf Frankreichs umstrittenen Ministerpräsidenten Michel Barnier kommen u… | |
Eine Minderheitsregierung folgt auf eine Minderheitsregierung in | |
Frankreich. Und man muss sich fragen, wie [1][Premierminister Michel | |
Barnier] sich auf die Dauer halten kann. Die Mitte-Rechts-Koalition aus | |
Macronisten und Konservativen, die er im Auftrag von Präsident Emmanuel | |
Macron gebildet hat, ist weder mehrheits- noch regierungsfähig. Das neue | |
Regierungslager verfügt noch über weniger Sitze in der Nationalversammlung | |
als vorher das Kabinett von Gabriel Attal. | |
Wenig überraschend geben ihm weder die Linke noch die extreme Rechte eine | |
große Zukunft. Macron hatte schon 2022 die absolute Mehrheit verloren, und | |
nach einer [2][Schlappe bei den Europawahlen] setze er alles auf eine | |
Karte: vorzeitige Parlamentswahlen. Die für ihn erneut mit einer Niederlage | |
ausgingen. Und der Preis für eine Koalition mit den Konservativen ist | |
gestiegen. | |
2022 hätten wahrscheinlich ein paar Ministerposten ausgereicht, jetzt | |
musste er mit Michel Barnier einen Konservativen als Regierungschef und | |
mehrere seiner reaktionärsten Parteikollegen als wichtige Minister | |
akzeptieren. Die Schmach für Macron ist umso deutlicher, als er sich zuvor | |
eine breite Koalition von Sozialisten bis hin zu den Konservativen | |
gewünscht hatte. So hoffte er, aus der Klemme mit der unmöglichen | |
Mehrheitsfindung zu entrinnen. | |
Das diese „nationale Einheit“ für die Linke – aber nicht nur für diese … | |
kein Thema ist, hat sich Macron selbst zuzuschreiben. Nicht nur glitt seine | |
Politik laufend nach rechts, [3][er hat auch ständig die Linke als | |
Hauptgegner attackiert] und beleidigt. Er konnte kein Entgegenkommen | |
erwarten. Auch wenn die Allianz mit den Konservativen politisch für ihn | |
Sinn macht, bleibt es für viele in Frankreich unverständlich oder | |
schockierend, dass er nun einer Partei die Macht übergibt, die seit Jahren | |
bei den Wahlen ständig zu den Verlierern zählt. | |
## Proteste absehbar | |
Von einer Regierungspartei ist Les Républicains (LR – ehemals der UMP von | |
Nicolas Sarkozy) zu einer der kleinen Fraktionen in der Nationalversammlung | |
geworden. Ein Teil ist mit LR-Chef Eric Ciotti zu den Rechtsextremen | |
übergelaufen. Barnier und die Rest-LR profitieren von [4][Macrons | |
Schwäche]. Die neue Regierung kann nun jederzeit im Fall einer unheiligen | |
Allianz der linken und rechtsnationalen Opposition anlässlich einer | |
Vertrauensabstimmung gestürzt werden. | |
Sie wird darum alle ihr zur Verfügung stehenden Verfassungsartikel | |
einsetzen, um das Parlament zu umgehen. Der unzufriedenen Mehrheit im Land | |
bleibt nach diesen Manövern der Staatsmacht nur der Protest auf der Straße. | |
Die absehbaren Konflikte um die angekündigte Sparpolitik gehören auch zum | |
Preis, den Macron für das Zustandekommen einer Notlösung mit der | |
Mitte-Rechts-Koalition bezahlt. | |
22 Sep 2024 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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