| # taz.de -- Bruno Retailleau neuer Républicains-Chef: Rechts und stolz darauf | |
| > Frankreichs Konservative haben einen neuen Vorsitzenden. Bruno Retailleau | |
| > ist katholisch, konservativ und rhetorisch nah am Rassemblement National. | |
| Bild: Auftritt neuer Républicains-Chef: Bruno Retailleau, Innenminister im Kab… | |
| Mit der Wahl von Bruno Retailleau hat Frankreichs konservative Partei Les | |
| Républicains (LR) einen neuen Vorsitzenden. Er hat seinen Konkurrenten | |
| Laurent Wauquiez in der Gunst der Parteibasis mit 75 zu 25 Prozent der | |
| elektronisch abgegebenen Stimmen klar ausgestochen. | |
| Da die beiden letztlich ein inhaltlich sehr ähnliches Programm vorgelegt | |
| hatten, ging es bei der Wahl mehr um die Person, aber auch um strategische | |
| Differenzen, vor allem hinsichtlich der Frage der Regierungsbeteiligung. | |
| Wauquiez befürchtet, dass durch LR-Mitglieder wie Retailleau die | |
| Eigenständigkeit der konservativen Partei verloren gehen und die politische | |
| Identität verwässert und „macronisiert“ werden könnte. | |
| Retailleau wertet das deutliche Votum seiner Parteikolleg*innen im | |
| Gegenteil als breite Zustimmung zu seiner gegenwärtigen Tätigkeit als | |
| Innenminister, aber auch – und warum nicht? – als Ermunterung für seine | |
| unverhohlen vorgetragenen Wünsche, 2027 bei den Präsidentschaftswahlen als | |
| Kandidat der konservativen Rechten antreten zu können. Das ist noch etwas | |
| verfrüht, er hat noch viele Rivalen von rechts, die ihm den Anspruch mit | |
| derselben Methode streitig machen wollen: Ex-Premierminister Edouard | |
| Philippe, Justizminister Gérald Darmanin, Ex-Minister Xavier Bertrand, um | |
| nur drei zu nennen. | |
| Der neue LR-Parteichef nimmt die [1][Karriere von Nicolas Sarkozy] zum | |
| Vorbild, der als Innenminister unter Jacques Chirac in der rechten | |
| Wählerschaft populär wurde, um hernach den Parteivorsitz und das höchste | |
| Amt als Staatspräsident zu erobern. Auch eine Mehrheit der Prominenten der | |
| heutigen konservativen Partei, die sich für Retailleau ausgesprochen | |
| hatten, setzt offenbar darauf, dass sich die Geschichte nach dem Vorbild | |
| von Sarkozy wiederholen könnte. Sie feiern es, dass diese bürgerliche | |
| Rechte „wieder da“ sei. Eingeklemmt zwischen [2][Marine Le Pens | |
| Rechtspopulismus] und der politisch kannibalistischen Mitte von Emmanuel | |
| Macron, war diese konservative Partei schon um ein Haar von der Bühne | |
| verschwunden. | |
| ## Gegen den „Wokeismus“ | |
| Der heute 64-jährige Bruno Retailleau begann seine Karriere in der | |
| westfranzösischen Vendée, als Fan des Nationalisten Philippe de Villiers | |
| und Mitglied von dessen Mouvement pour la France, bis zu seinem Übertritt | |
| in die Partei von Sarkozy 2010. Er verkörperte als Abgeordneter und danach | |
| im Senat als Fraktionschef der Konservativen den rechten Flügel der Partei. | |
| Im Unterschied zu seinem Vorgänger, Ex-Parteichef Eric Ciotti, der sich | |
| 2024 mit Le Pens Rassemblement National (RN) zusammengeschlossen hatte, | |
| schließt er Wahlallianzen mit der extremen Rechten (bisher) aus. Was ihn | |
| aber nicht daran hindert, als Innenminister zur Illustration seiner | |
| Entschlossenheit in der Ordnungs- und Migrationspolitik Vorschläge oder | |
| rhetorische Elemente aus der RN-Propaganda zu übernehmen. | |
| Es verwundert darum nicht, dass er in seiner Kampagne für den Parteivorsitz | |
| die offenkundige Unterstützung durch die Medien des Milliardärs Vincent | |
| Bolloré erhielt, der es besonders schätzt, dass sich Retailleau in | |
| Gesellschaftsdebatten auf die Werte eines katholischen Traditionalismus | |
| beruft. Er war gegen die Legalisierung der „Homoehe“ und votierte auch | |
| gegen die Verankerung des Rechts auf Abtreibung in der Verfassung. Und | |
| Retailleau wähnt die „Wurzeln des Übels in der 68er-Ideologie“, die er als | |
| „Wokeismus“ bekämpft. In seiner Kampagne bezeichnete er sich als | |
| Konservativer, der „stolz darauf ist, ein Rechter zu sein“. | |
| 19 May 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Rudolf Balmer | |
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