| # taz.de -- Südkoreanischer Horrorfilm „Exhuma“: Grabesruf mit politischer… | |
| > Oft sind Filme nur eines: Horror oder Politik. Der südkoreanische Film | |
| > „Exhuma“ versucht, beides miteinander zu verbinden. | |
| Bild: Die Schamanin Lee Hwa-rim (Kim Go-eun) wird gerufen, um den Sohn einer am… | |
| Der [1][Horror] lauert immer und überall, gerne in national-eigentümlicher | |
| Form und Gestalt. In den südkoreanischen Bergen zum Beispiel, die Grenze zu | |
| Nordkorea im Blick. Hier lungern Füchse im Wald um einen Grabstein herum. | |
| Unter dem Grabstein ein Sarg, darin eine Leiche, die exhumiert werden muss | |
| – und unter dem Sarg, wie sich später herausstellt, ein weiterer Sarg, mit | |
| Stacheldraht bewehrt, auch der wird entfernt. Hier sind ganz üble Geister | |
| zugange. Es ist eine lange und alte Geschichte. | |
| Sie nimmt in den USA ihren Ausgang. Ein koreanisch-amerikanischer Vater | |
| ruft eine koreanische Meister-Schamanin zu Hilfe, sein neugeborener Sohn | |
| scheint von üblen Geistern bedrängt. Die Schamanin Lee Hwa-rim (Kim Go-eun) | |
| erklärt, dass ein „Grabesruf“ (wie der spökenkiekerische Fachbegriff | |
| lautet) aus Korea der Grund ist: Der tote Großvater wirkt posthum aus der | |
| Ferne, weshalb er exhumiert und verbrannt werden muss. | |
| Die Schamanin rekrutiert Kim Sang-deok (Choi Min-sik), einen alternden | |
| Meister des Feng-Shui, mit ihr die Lage vor Ort zu sondieren. Irgendwas | |
| stimmt, wie sie feststellen muss, an diesem Grab überhaupt nicht, sie will | |
| einen Rückzieher machen, lässt sich vom Feng-Shui-Meister aber zu einem | |
| recht spektakulär und ziemlich wahnsinnig aussehenden Ritus überreden, den | |
| der Film unter Einsatz von Messern und Tanz sowie eines kleinen | |
| Trommelclubs und fünf gepfählter Schweineleichen mit heftig bewegter Kamera | |
| lustvoll inszeniert. | |
| ## Der Großvater war ein Kollaborateur | |
| Damit scheint der Fluch zunächst gebannt. Stellt sich aber heraus: Der | |
| Großvater war ein nationaler Verräter, nämlich Kollaborateur der im Krieg | |
| dann mit den Nazis verbündeten Japaner, die Korea in der ersten Hälfte des | |
| 20. Jahrhundert besetzt hatten. Und das Grab lag an der ungewöhnlichen | |
| Stelle, weil darunter ein älteres, wahres Grab lag, nämlich das eines | |
| japanischen Samurai-Geistes, der bei der Exhumierung besser nicht geweckt | |
| worden wäre, aber leider geweckt worden ist. | |
| Damit bekommt der Horrorfilm eine ordentliche Injektion Politik. Sicher ein | |
| Grund dafür, dass [2][„Exhuma“ seine Weltpremiere in diesem Jahr in der | |
| eigentlich nicht genreorientierten „Forum“-Sektion der Berlinale erlebte]. | |
| Um dann im nach wie vor kinoverrückten Südkorea sogleich seinen Siegeszug | |
| am Box Office anzutreten, wo er mit fast zwölf Millionen verkauften Tickets | |
| der erfolgreichste heimische Horrorfilm aller Zeiten und auch der | |
| meistgesehene Film in diesem Jahr ist. Die politische Dimension spielt | |
| dabei sicher herein, die Tendenz des „elevated horror“, der das Viszerale | |
| mit Botschaft verknüpft, ist auch aus Hollywood (etwa mit [3][Jordan Peeles | |
| „Get Out“]) vertraut. | |
| ## Das Schamanische als Hokuspokus | |
| Aber auch am Viszeralen lässt es „Exhuma“ ganz ausdrücklich nicht fehlen, | |
| es rumpelt und dräut, in Fenstern und anderem Glas spiegeln sich Wesen, | |
| denen man lieber nicht genau ins Gesicht sehen will. Dazu das Schamanische | |
| als Hokuspokus, der viel Körpereinsatz verlangt und den der Film so | |
| halbwegs ernst nimmt, wie ihn ein straighter Genrefilm ernst nehmen muss. | |
| Und der aus dem Grab entbundene Samuraigeist macht erst recht keine halben | |
| Sachen. Jagt als wilder Feuerball über den Himmel, greift, wenn es sein | |
| muss, auch beherzt mit krallenartigen Händen tief in Menschenkörper hinein. | |
| So fliegt einem hier in Wendungen, hinter denen man nicht immer ohne | |
| weiteres hinterherkommt, allerlei um die Ohren, die versehentlich gerufenen | |
| Geister der Geschichte, viel Blut, viel Gewalt. | |
| Natürlich wird am Ende das Böse gebannt. Fürs Erste. Denn der Horror lauert | |
| immer und überall, und man kann sicher sein, dass der nunmehrige | |
| Erfolgsregisseur Jang Jae-hyun dem nächsten Grabesruf folgt. | |
| 1 Aug 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ekkehard Knörer | |
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