# taz.de -- Raketenbeschluss der SPD: Irreparabler Schaden | |
> Bundeskanzler Olaf Scholz behandelt den Beschluss zur Stationierung von | |
> US-Mittelstreckenraketen wie einen Verwaltungsvorgang. Das ist | |
> instinktlos. | |
Bild: Bundeskanzler Olaf Scholz im Juli auf dem Nato-Gipfel in Washington | |
Die SPD-Spitze steht hinter Kanzler Olaf Scholz und der geplanten | |
Stationierung der US-Mittelstreckenraketen in Deutschland. Die SPD will | |
zwar gerne noch mal über die Waffensysteme reden. Allerdings bitte ohne | |
Konfrontation. Und das Ergebnis steht auch schon fest: Die Waffen werden | |
kommen. | |
Eine Debatte ohne Streit und mit feststehendem Ergebnis? Das kennt man eher | |
aus autoritären Regimen. Insofern ist dieses Diskussionsangebot eher eine | |
aufgehübschte Version von: Wir müssen unsere Politik jetzt aber wirklich | |
besser erklären. Diese Formel kommt immer zum Einsatz, wenn der Schaden | |
irreparabel ist. | |
Der Fehler liegt beim Kanzler. Olaf Scholz hat mit den USA den Raketen-Deal | |
klandestin verhandelt. Es stimmt: Die Ampel hatte in der Nationalen | |
Sicherheitsstrategie neue landgestützte Mittelstreckenwaffen schon ins | |
Visier genommen, ohne dass daran jemand groß Anstoß genommen hatte. | |
Insofern schien Scholz nur etwas Angekündigtes umzusetzen. Die | |
[1][Raketenstationierung] als eine Art technischer Vorgang, der keine | |
Diskussion erforderte. | |
Dieses technokratisch ausgedünnte Verständnis von Politik erleidet gerade | |
fulminant Schiffbruch. Es ist schon verblüffend instinktfrei, | |
Expertendebatten und die Nationale Sicherheitsstrategie für einen Ersatz | |
für eine politischen Grundsatzdebatte zu halten, die ergebnisoffen sein | |
muss, will sie keine Farce sein. | |
## Kein Gespür für Ängste in der Bevölkerung | |
Das Kanzleramt aber hat offenbar jedes Gespür für die grassierenden Ängste | |
vor einer Eskalation mit Russland verloren. Nur so ist zu erklären, dass | |
Scholz glaubte, die Raketenstationierung wie einen Verwaltungsakt behandeln | |
zu können. | |
In diesem diskursiven Vakuum gedeihen Ängste, die von Populisten wie Sahra | |
Wagenknecht benutzt und geschürt werden. Die Krieg-oder-Frieden-Agitation | |
des BSW ist beschämend unterkomplex. In Ostdeutschland ist sie derzeit so | |
wirksam, weil die SPD so verzagt wirkt. Der Beschluss des SPD-Präsidiums | |
suggeriert nun eine Einigkeit, die es nicht gibt. [2][Die SPD ist in der | |
Raketenfrage selbst gespalten]. In einer zentralen Frage unsicher oder | |
gespalten aufzutreten, ist in jedem Wahlkampf Gift. | |
14 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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