| # taz.de -- Umstrittenes Straßenprojekt in Berlin: Teuerpläne aus der Klimah�… | |
| > Der Bau der TVO ist aus vielen Gründen komplett gaga. Nun ist auch die | |
| > Finanzierung geplatzt. Ein Planungsstopp ist trotzdem nicht zu erwarten. | |
| Bild: Einfach mal baggern: Hier könnte Ihr Auto fahren | |
| Im Zweifelsfall sind die Grünen schuld. Diese eingängige Faustregel des | |
| Populismus lässt sich eigentlich immer anwenden, wenn etwas nicht glatt | |
| läuft. In dieser Woche konzentrierte sich Wutbürgers Zorn auf die | |
| Verzögerungen beim Bau der Tangentialen Verbindung Ost (TVO). Das ist jene | |
| gut 7 Kilometer lange „kreuzungsarme Stadtschnellstraße“ zwischen Marzahn | |
| und Köpenick, die einmal quer durch die Wuhlheide führen und dort für | |
| versiegelte Flächen und die [1][Zerstörung von 22 Hektar Wald] sorgen soll. | |
| Folgt man den Verfechter:innen des ursprünglich auf Planungen aus den | |
| 1960er Jahren zurückgehenden Straßenbauprojekts wie dem | |
| wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, „dann | |
| hätten wir heute wahrscheinlich bereits eine planfestgestellte Trasse zur | |
| TVO und einen Bauablaufplan mit Jahresscheiben zur Finanzierung“. Haben wir | |
| aber nicht. Denn, siehe oben: die Grünen. | |
| „Seit Jahren“, so der Vorwurf, hätten die Ökos die Asphaltschneise | |
| „verzögert“. Zwar hat sich die ehemalige Grünen-Verkehrssenatorin Bettina | |
| Jarasch in der Vergangenheit [2][sehr wohl für die TVO ausgesprochen], | |
| freilich in Verbindung mit einem Radweg und einer Bahnstrecke, wobei der | |
| mitgedachte Straßenbau klimapolitisch auch seinerzeit schon komplett gaga | |
| war – aber geschenkt. Heute fordern die Grünen, das im November 2023 | |
| gestartete Planfeststellungsverfahren für [3][das aus der Zeit gefallene | |
| Projekt] zu stoppen. Allein das reicht offenkundig für erhöhten Puls. | |
| Vorausgegangen war dem aktuellen Wer-ist-schuld?-Vortrag des CDU-Manns | |
| zudem [4][eine Stellungnahme des grün geführten (!) | |
| Bundeswirtschaftsministeriums], die sich mit der Finanzierung des nach | |
| derzeitiger Schätzung mindestens 400 Millionen Euro schweren Bauvorhabens | |
| beschäftigt. Jahrelang hingen die Befürworter:innen dem | |
| berlintypischen Glauben an, den Bärenanteil der Kosten würde schon der Bund | |
| tragen. Verwiesen wurde dabei stets auf einen Wundertopf mit dem Namen | |
| „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“. | |
| Das hat sich seit dieser Woche erledigt. Denn wie das | |
| Wirtschaftsministerium wissen ließ, könne man lediglich einen sehr | |
| begrenzten Teil des Straßenbauprojekts aus Mitteln des GRW abgekürzten | |
| Bund-Länder-Förderprogramms unterstützen. Der eigentliche Batzen müsse | |
| „komplett aus Mitteln des Landes Berlin“ finanziert werden. Was – | |
| freundlich formuliert – angesichts der vermutlich auf lange Zeit desolaten | |
| Berliner Haushaltslage und der Jahr für Jahr weiter steigenden Baupreise | |
| etwas knifflig werden könnte. | |
| ## Motto: Hauptsache, das Ding wird gebaut | |
| Auch die Beton-und-Benzin-Fankurve weiß, dass das nicht zu stemmen sein | |
| wird. Also versucht man es mit Vorwärtsverteidigung: Erst einmal das | |
| Planfeststellungsverfahren zu Ende führen, schließlich noch die | |
| angekündigten Klagen von Umweltschützer:innen an sich abperlen lassen | |
| – und dann wird sich schon irgendwo ein anderer Bundes- oder EU-Topf | |
| finden, aus dem die vielen Millionen fröhlich sprudeln. Oder die | |
| GRW-Förderbedingungen werden eben von einer neuen Bundesregierung ohne | |
| Grünen-Beteiligung an die TVO angepasst. Egal. Hauptsache, das Ding wird | |
| gebaut. | |
| Verkehrs- und Klimaschutzsenatorin Ute Bonde von der CDU haben sie bei dem | |
| Projekt aus der Klimahölle ohnehin auf ihrer Seite. „Wir gehen davon aus, | |
| dass sich der Bund auch an den weiteren Kosten beteiligen wird“, erklärte | |
| ihre Sprecherin nach der Absage aus dem Wirtschaftsministerium jetzt der | |
| Berliner Zeitung. Und die Kritiker:innen bekommt Bonde sicher auch noch | |
| überzeugt. | |
| Schon mehrfach gelang es der Senatorin seit ihrem Amtsantritt vor zwei | |
| Monaten immerhin, die Berliner:innen mental aus ihrem Bullerbü | |
| abzuholen mit der Mahnung, doch jetzt mal „zu einer anderen Haltung zu | |
| kommen“. Besonders eindrücklich war in dieser Hinsicht ihre jüngste | |
| Entgegnung auf das notorische Gequengel über die unzuverlässige BVG: [5][In | |
| anderen Städten fahre die U-Bahn schließlich auch nur „alle zehn, alle 15 | |
| Minuten“.] | |
| Ähnlich einfühlsame Worte erwarten wir von Bonde nun natürlich auch in | |
| Sachen TVO. In irgendwelchen anderen Städten wird auf Umwelt- und | |
| Klimaschutz ja ebenfalls nichts gegeben. | |
| 27 Jul 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Umstrittenes-Strassen-Projekt-TVO/!6019366 | |
| [2] /Parteitag-der-Berliner-Gruenen/!5762635 | |
| [3] /Planungen-fuer-die-TVO/!5977874 | |
| [4] /Schnellstrassen-Projekt-im-Osten-Berlins/!6022564 | |
| [5] https://umweltzoneberlin.de/2024/07/04/bvg-angebot-wird-noch-instabiler/ | |
| ## AUTOREN | |
| Rainer Rutz | |
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