| # taz.de -- Neues Album von Die Verlierer: Gut angezogene Punks | |
| > Zwei Jahre nach ihrem Debüt haben Die Verlierer das Album „Notausgang“ | |
| > veröffentlicht. Das zeigt, wie gegenwärtiger Deutschpunk klingen kann. | |
| Bild: Haben ihr zweites Album veröffentlicht: Die Verlierer | |
| Deutschland, wie geht es dir heute? Diese Frage beantwortet aktuell | |
| vielleicht niemand besser als fünf Musiker aus Berlin, deren Band sich | |
| [1][Die Verlierer] nennt. „Notausgang“ heißt das zweite Album der | |
| Postpunk-Gruppe, Mitte Juni ist es bei dem kleinen Berliner DIY-Label | |
| Mangel Records erschienen. | |
| Der Titeltrack setzt dabei den Ton für das Album, zu minimalistischen, | |
| fehlfarbenesken Beats und Gitarren singt Hannes Berwing, einer der Sänger | |
| von Die Verlierer, im Refrain: „Und dieser Hass/ der uns umstellt/ Ihr | |
| macht uns krank/ Seid es selbst schon lang/ Dieses Land/ sucht den | |
| Notausgang“. | |
| Im sehenswerten Video streunern die fünf gut angezogenen Punks vereinzelt | |
| und zum Teil zombiemäßig durch die Landschaft, am Ende stehen sie vor einem | |
| edlen klassizistischen Bau mit einer goldenen Inschrift auf dem Architrav: | |
| „Der Besserung“ steht dort geschrieben. Es handelt sich um ein altes | |
| fürstliches Heilbad, das im Dessau-Wörlitzer Gartenreich steht. | |
| Die Verlierer haben vor zwei Jahren ihr Debütalbum vorgelegt. Zunächst ist | |
| die Band als Projekt der befreundeten Bands Chuckamuck (Lorenz Szukal, Oska | |
| Wald, Julius Haß) und Maske (Hannes Berwing und Jonas Häussermann) | |
| entstanden, schon damals wurde deutlich, dass diese Fusion furios ist. | |
| ## Das Sehnende von Ton Steine Scherben | |
| Die Verlierer bedienen sich der einfachen Mittel des Punk und Postpunk, in | |
| ihrem Sound klingen das Sehnende der Ton Steine Scherben, der aggressive | |
| Furor von Slime und das betrachtend Lyrische der Fehlfarben an. | |
| Dabei könnte man von den Produktionsmitteln her denken, diese Songs seien | |
| tatsächlich Anfang der Achtziger aufgenommen worden – genau das aber lässt | |
| dieses Album so gut und gegenwärtig klingen. Denn es braucht das Scheppern | |
| der Snare, die direkte, null optimierte Gesangslinie, den holpernden Bass | |
| und die dreckig-verzerrte Gitarre, um die multiplen Krisen der Gegenwart | |
| ästhetisch zu verhandeln. | |
| Einige Songs sind dabei dezidiert politisch, da wäre etwa das | |
| runtergerotzte Stück „Fickt diese Stadt“, das mit acht Zeilen Text auskommt | |
| („Fickt diese Stadt/ vertreibt die Menschen, die in ihr wohnen/ und | |
| verkauft ihre Kultur/ ignoriert die Sprache, die sie sprechen/ verkauft die | |
| Häuser, in denen sie wohnen/ und gebt mir ein großes Stück von ihr“). | |
| Ähnlich wie bei dem Titelstück wirkt es okay, so plakativ, unkodiert und | |
| eindeutig zu texten, und kommt nicht peinlich daher. | |
| ## Persönliche Probleme, lyrisch beschrieben | |
| Während diese Songs klassisch-deutschpunkig funktionieren, gibt es andere | |
| Stücke, in denen persönliche Probleme lyrischer beschrieben werden. Das | |
| tastende Liebeslied „Stacheldraht“ ist ein gutes Beispiel dafür, darin | |
| findet sich wohl jede:r wieder, der einmal den leichten Schwebezustand des | |
| Verliebens und den apathischen Schmerz des Entliebens erlebt hat. „Ich | |
| möchte nur in Sicherheit sein/ Ich möchte nur deine Sicherheit sein/ Ich | |
| versteh nicht/ was hier passiert/ ich seh dich/ Alles pausiert“. | |
| Auf andere Art ist es beeindruckend, wie gleich im ersten Track („Das | |
| Gift“) Suchtprobleme mit wenigen Worten besungen werden: „Das Gift/ Die | |
| Sünde/ dass ich mich endlich fühl/ (…) Bist du ein Teil von mir/ Oder mein | |
| Problem/ Es ist so schön“, heißt es darin. Musikalisch geht es in dem Stück | |
| punk-konventionell zu, inhaltlich grenzen sich Die Verlierer darin angenehm | |
| vom Saufseligen so mancher Deutschpunkband der Vergangenheit ab. | |
| Mit „Notausgang“ gelingt der Band ein Album, das das Debüt noch toppt. | |
| Viele musikalische Sozialisationen verbinden sich hier zu einem stimmigen | |
| Ganzen. Der Hamburger Punk der Achtziger und Neunziger (Razzia, | |
| Dackelblut), auch US-Bands wie The Spits oder The Reatards fallen einem | |
| zusätzlich als Referenz ein. Die Verlierer zählen derzeit sowieso zum | |
| Besten, was der [2][deutschsprachige Punk] aktuell zu bieten hat – wäre | |
| schön, wenn sie dauerhaft die Lücke füllen, die einige der in diesem Text | |
| genannten Bands hinterlassen haben! | |
| 23 Jul 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jens Uthoff | |
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