# taz.de -- Kabinett beschließt Steuerreformen: Entlastungen für Besserverdie… | |
> Die Bundesregierung beschließt Änderungen der Einkommenssteuer und eine | |
> Steuerklassenreform. Davon profitieren vor allem reiche Familien und | |
> Paare. | |
Bild: Kinder aus weniger gut verdienenden Familien sollten stärker berücksich… | |
Berlin taz | Das Bundeskabinett hat am Mittwoch das zweite | |
Jahressteuergesetz verabschiedet. Darin sind unter anderem Anpassungen des | |
Grund- und des Kinderfreibetrags enthalten. Die Bundesregierung will zudem | |
die für Ehepaare relevanten Steuerklassen drei und fünf abschaffen. | |
„Insgesamt werden wir Menschen und Betriebe um 30 Mrd. Euro entlasten“, | |
erklärte Bundesfinanzminister Lindner. | |
Damit das Existenzminimum steuerfrei bleibt, müssen neben dem | |
Grundfreibetrag auch der Kinderfreibetrag angepasst werden. Der | |
Grundfreibetrag soll in diesem Jahr um 180 Euro auf 11.784 Euro angehoben | |
werden und bis 2026 schrittweise auf 12.336 Euro steigen. Der steuerliche | |
Kinderfreibetrag hat sich in den vergangenen Jahren bereits erhöht und wird | |
2024 um 228 Euro auf 6.612 Euro weiter steigen. | |
Eltern bekommen nach automatischer Prüfung durch das Finanzamt entweder | |
Kindergeld oder die Kinderfreibeträge bei der Einkommensteuer. 2025 soll | |
dieser Betrag um weitere 60 Euro, 2026 noch einmal um 156 Euro auf 6.828 | |
Euro angehoben werden. | |
Das Kindergeld steigt nicht so stark: Ab Januar 2025 sollen Familien pro | |
Monat und Kind lediglich fünf Euro mehr Kindergeld bekommen, also 255 statt | |
bisher 250 Euro monatlich. Von den Kinderfreibeträgen profitieren vor allem | |
reiche Eltern, [1][lautet eine gängige Kritik]. | |
Durch die Anpassungen vergrößere „sich der maximale Vorteil durch den | |
Kinderfreibetrag gegenüber den Kindergeldbeziehern noch einmal um 141 | |
Euro“, sagte Julia Jirmann vom Netzwerk Steuergerechtigkeit der taz. Auch | |
Katharina Beck, finanzpolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion, | |
forderte, dass „Kinder aus weniger gut verdienenden Familien“ stärker | |
berücksichtigt werden sollten. | |
Ehegattensplitting bleibt | |
Ein weiterer umstrittener Aspekt des Gesetzes ist die Aufhebung der | |
Lohnsteuerklassen drei und fünf. Laut Koalitionsvertrag sollen diese in ein | |
sogenanntes „Faktorverfahren“ überführt werden. Die beschlossene Änderung | |
soll aber erst 2030 kommen. Verheiratete und Menschen in eingetragenen | |
Partnerschaften können sich demnach für eine getrennte Besteuerung beider | |
Partner*innen wahlweise in Steuerklasse vier oder „Steuerklasse vier mit | |
Faktor“ entscheiden. | |
Nach dem alten Modell zahlte die Person aus Steuerklasse drei | |
überproportional wenig Steuern und die Person aus Steuerklasse fünf | |
überproportional viel. [2][Dies begünstigte eine traditionelle Aufteilung | |
von Care- und Lohnarbeit und viele Frauen erhielten in der Konstellation | |
ein geringeres Nettoeinkommen]. | |
Grünen-Abgeordnete Katharina Beck begrüßte diesen Schritt: „Eine | |
Abschaffung der Steuerklasse fünf, die starke Anreize zur Nicht- oder | |
Wenigarbeit setzt und damit Verarmung von Frauen und perspektivisch zu | |
Altersarmut von Frauen beiträgt, war mehr als überfällig.“ Sie ermahnte die | |
Regierung jedoch, die Neuregelung früher als 2030 umzusetzen. | |
Jirmann vom Netzwerk Steuergerechtigkeit bezeichnete die Abschaffung der | |
Steuerklassen zwar als „Schritt für geschlechtergerechtere Besteuerung“, | |
forderte aber, [3][dass eine Überwindung des Ehegattensplittings folgen | |
müsse]. Auch mit Steuerklasse 4 mit Faktor gibt es weiterhin einen | |
sogenannten Splittingvorteil. | |
Alois Rainer, CDU-Politiker und Finanzausschuss-Vorsitzender im Bundestag, | |
begrüßte die Abschaffung der alten Steuerklassen „nicht uneingeschränkt“. | |
Die Reform führe zu weniger Geld in den Familien, kritisierte er. Zudem | |
kündigte er an, dass eine Abschaffung des Ehegattensplittings keine | |
Mehrheit im Bundesrat finden würde. | |
24 Jul 2024 | |
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## AUTOREN | |
Sabrina Osmann | |
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