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# taz.de -- Sozialabgaben auf Kapitalerträge: Keine Zahlen sind auch keine Lö…
> Es braucht mehr Geld für die deutschen Sozialsysteme, und die
> Mittelschicht zahlt heute schon zu viel. Habecks Vorstoß bleibt indes zu
> unkonkret.
Bild: Wirkt wie der Virtuose der Worte, der es mit Zahlen aber nicht so hat: Ro…
Berlin taz | In Deutschland sind nicht, wie oft beklagt, die Steuern zu
hoch – sondern die Abgaben für die Sozialsysteme. Die zahlt vor allem die
Mittelschicht von ihrem Arbeitseinkommen. Fast nirgends in Europa berappt
die Mittelschicht so viel an Staat und Sozialsysteme wie in Deutschland –
[1][mehr als 40 Prozent ihres Einkommens.] Die Mittelschicht gibt
prozentual mehr von ihrem Einkommen für Steuern und Sozialsysteme ab als
Reiche. Das widerspricht der Idee der progressiven Steuern, dass Reiche
mehr zahlen sollen.
Diese Schieflage wird noch krasser werden. Die Kosten für Gesundheit
steigen. 2024 haben die gesetzlichen Krankenkassen in neun Monaten ein
Minus von fast vier Milliarden Euro angehäuft. Dafür gibt es auch gute
Gründe, so werden Pflegekräfte endlich etwas besser bezahlt. Aber: Die
Gesellschaft altert, Gesundheit wird teurer werden. Dass dies Unternehmen
und vor allem die Normalverdiener zahlen müssen, ist nicht nur ungerecht.
Es macht auch Arbeit immer teurer.
[2][Robert Habeck hat eine Idee], wie sich dieser Missstand mildern ließe.
Auch wer Dividenden, Zinsen oder Miete kassiert, soll für die Krankenkassen
blechen. Das klingt einleuchtend. Denn das deutsche System schröpft kräftig
Arbeitseinkommen und lässt Vermögen weitgehend ungeschoren. Auch wer
Umverteilung skeptisch sieht, müsste verstehen, dass es fair wäre, auch
Kapitalerträge und nicht nur Arbeit zu belasten.
Doch wie immer, wenn Umverteilung gefordert wird, tobt nun ein
Empörungsorkan, professionell angefacht von Lobbygruppen samt medialem
Begleitschutz. [3][Die Arbeitgeber sind fassungslos, die FDP sieht brave
deutsche Sparer und Rentner von Enteignung bedroht.] Habeck wirkt
angesichts dessen überfordert. Wer denn mehr zahlen soll, können die Grünen
leider nicht sagen. Irgendwie Millionäre. Die Idee steht übrigens etwas
vereinsamt auf Seite 41 des [4][Wahlprogramms] – ohne Daten, Zahlen,
Argumente.
## Das Falsche aus der Niederlage gelernt
Habeck wirkt mal wieder wie der Virtuose der Worte, der es mit Zahlen aber
nicht so hat. Doch das Problem sitzt tiefer. Die Umverteilungsideen der
Grünen sind allesamt sehr vage formuliert. Das ist ein Effekt von 2013.
Damals hatten die Grünen auf Euro und Cent ausgerechnet, wer bei ihren
Steuerplänen wie viel (mehr) zahlen würde. Die übliche Empörung brach los.
Auch die besser verdienende grüne Klientel reagierte teils missmutig. Damit
war die Sache verloren.
Die Grünen haben aus dieser Niederlage offenbar das Falsche gelernt. Keine
Zahlen sind jedenfalls auch keine Lösung. Die Idee, Sozialabgaben auf
Kapitalerträge zu erheben, [5][ist übrigens auch verbrannt, weil sie nicht
durchdacht war]. Denn Millionäre sind sowieso meist privat versichert.
Für Umverteilungspolitik lässt sich aus diesem Scheitern etwas lernen: Um
die Empörungsstürme zu überstehen, braucht man Verbündete. Die fehlen hier.
Auch die Krankenkassen sind eher skeptisch. Man muss nicht alles exakt
ausrechnen, aber immer plausibel machen, wer mehr zahlt und wer nicht.
Sonst wird man von inszenierten Angstwellen weggespült.
20 Jan 2025
## LINKS
[1] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/oecd-steuern-abgaben-deuts…
[2] /Gruenen-Plaene-zur-Krankenversicherung/!6058666
[3] https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/156882/Streit-ueber-Habeck-Plan-zu-S…
[4] https://www.gruene.de/artikel/zusammen-wachsen
[5] /Oekonom-zu-Habecks-Sozialabgaben-Vorstoss/!6058749
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Bündnis 90/Die Grünen
Robert Habeck
Umverteilung
Social-Auswahl
Krankenkassen
Deutsche Post
Bundesministerium der Finanzen (BMF)
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