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# taz.de -- Hamburgs neues Verfahren für Bürgerräte: Mehr Demokratie durch Z…
> Die rot-grüne Koalition in Hamburg will, dass zufällig gewählte Bürger
> bei Entscheidungen mitreden können. Der Verein Mehr Demokratie findet das
> gut.
Bild: Hier durften die Bürger informell mitreden: Straße in Hamburgs neuem St…
Hamburg taz | Nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Bürger sollen an
politischen Entscheidungen in Hamburg beteiligt werden. Mit einem am
Mittwoch in die Bürgerschaft eingebrachten Gesetzentwurf wollen SPD und
Grüne sicherstellen, dass Behörden hierfür aufs Melderegister zurückgreifen
können, ohne gegen den Datenschutz zu verstoßen.
Der Verein Mehr Demokratie begrüßt die Gesetzesinitiative: „Ziel des
Auslosens ist es, eine repräsentative Gruppe von Bürgern und Bürgerinnen
einzubeziehen und auch Menschen, die sonst kaum Beteiligungsverfahren
nutzen oder die man mit Veröffentlichungen über solche Verfahren nicht
erreicht“, sagt Helena Peltonen-Gassmann vom Hamburger Landesverband.
Das von den Koalitionsfraktionen vorgeschlagene Verfahren sieht vor, aus
dem Melderegister projekt- oder themenbezogen zufällig Leute zu ziehen und
sie in einem ersten Schritt zu fragen, ob sie bereit wären, an einem
Beteiligungsprozess teilzunehmen. Unter denjenigen, die zugesagt haben,
wird dann in einem weiteren Losverfahren der endgültige Teilnehmerkreis
bestimmt, der ja nicht zu groß werden soll.
Zweck des Verfahrens sei es, „[1][Interessen und Lösungsansätze aus der
Bevölkerung zu einem konkreten Thema oder Vorhaben zu ermitteln]“, heißt es
in der Vorlage. Das Ergebnis wird in einem Bericht festgehalten und ist
nicht verbindlich. In Gang gesetzt werden kann es nur durch Behörden – das
Hamburger Pendant zu Ministerien – und die Verwaltungen der sieben Bezirke.
Bürgerbeteiligung – abgesehen von der im Planungsrecht vorgeschriebenen
formellen Beteiligung – gibt es auch jetzt schon in Hamburg in
verschiedensten Formen. Das gilt für mehrjährige, vielstufige Prozesse wie
zum geplanten Neubaugebiet Oberbillwerder oder zur bereits realisierten
Mitte Altona, aber [2][auch für das Hamburger Klimaschutzgesetz], für das
der Senat online fast 2.600 Vorschläge einsammelte.
Zukunftswerkstätten, runde Tische, Diskussionsforen, Umfragen,
„Tür-und-Angel-Gespräche“ sind in Hamburg etabliert. Wie eine Analyse des
Bezirksamtes Eimsbüttel ergab, kranken alle diese Verfahren jedoch daran,
dass sie nur begrenzt repräsentativ sind.
„Um zu guten und breit akzeptierten Maßnahmen zu kommen, müssen wir den
Menschen nicht bloß zuhören, sondern sie aktiv beteiligen“, sagt die
Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Lisa Kern. Dabei bestehe das Risiko, dass
immer ähnliche Bevölkerungsgruppen mitredeten, während andere, die von
konkreten Entscheidungen mitunter stärker betroffen seien, gar nicht erst
erreicht würden. „Zudem gibt es Teile der Gesellschaft, die generell wenig
zu Wort kommen“, sagt Kern.
Die Stimmen solcher Menschen einzufangen, sei in einer zunehmend
vielfältigen Bevölkerung wichtig, um viele Blickwinkel bei Plänen und
Entscheidungen einzubeziehen, sagt Helena Peltonen-Gassmann von Mehr
Demokratie. Darüber hinaus lieferten solche Verfahren die Grundlage dafür,
dass die Teilnehmer aus nächster Nähe erführen, wie Pläne und
Entscheidungen zustande kommen, und auch, wie komplex das sein könne.
Der Antrag von Rot-Grün würdigt aber auch die Rolle engagierter Einwohner.
Deshalb sei eine Kombination von offenen und Zufallsauswahlverfahren
anzustreben.
Mehr Demokratie habe mit der Zivilgesellschaft mehrere Jahre darauf
hingearbeitet, [3][Bürgerräte zu ermöglichen], sagt Peltonen-Gassmann. Mit
der Vorlage konkretisiere Rot-Grün die seit 2020 von der Hamburgischen
Verfassung aufgegebene Bürgernähe. „Als eine abschließende Definition von
Bürgernähe kann dieses Gesetz aber auch nicht gelten“, warnt Mehr
Demokratie.
11 Jul 2024
## LINKS
[1] https://www.spd-fraktion-hamburg.de/buergerschaft/antraege/zufallsbeteiligu…
[2] /Hamburgs-Klimaschutzgesetz/!5967078
[3] /Buergerraete/!5990419
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Bürgerbeteiligung
Mehr Demokratie
Demokratie
Hamburg
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Landwirtschaft
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Winfried Kretschmann
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