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# taz.de -- Kinotipp der Woche: Duisburg in Berlin
> Das Dokumentarfilmfestival Duisburger Filmwoche kommt mit Highlights nach
> Berlin, darunter „Wankostättn“ über Sinti*zze und Rom*nja im Wien der
> 1990er.
Bild: Geschichten aus Wiens 10. Bezirk: Die Doku „Wankostättn“ (2023)
Eine scheinbar alltägliche Straße entlang einer Kirche in Favoriten, dem
10. Bezirk von Wien, südlich des Stadtzentrums, wird in Karin Bergers
„Wankostättn“ zum Ausgangspunkt einer Geschichte des Lebens von Sinti_zze
und Rom_nja in Österreich. Im Zuge der Recherchen zu einem Dokumentarfilm
über dessen Schwester ließ sich Berger Ende der 1990er Jahre von dem Wiener
Karl Stojka die Geschichte jener Gegend um eine eher unscheinbare Kirche
erklären. Der „Wankostätten“, die Wiesen um die Kirche, waren spätestens
seit dem 15. Jahrhundert ein fester Treffpunkt für Sinti_zze und Rom_nja in
ganz Österreich. Nach dem deutschen Einmarsch nach Österreich wurde der
Lagerplatz zum Ort der Verfolgung, 1941 wurden die Menschen deportiert.
Die Regisseurin hat nun gut 25 Jahre nach den ersten Gesprächen in den
1990er Jahren aus dem damals gedrehten Material einen gut halbstündigen
Film montiert. Bergers Film hat letztes Jahr die Duisburger Filmwoche
eröffnet, eines der traditionsreichsten Dokumentarfilmfestivals
Deutschlands.
Folgerichtig eröffnet der Film nächsten Dienstag nun auch das dritte
Gastspiel der Filmwoche im Berliner [1][Kino Arsenal]. Unter dem Titel „In
Rücksprache“ präsentiert die Filmwoche in zwei Tagen vier Filme, zwei aus
der letzten Festivalausgabe und zwei, die in früheren Jahren liefen. Die
beiden aktuellen Filme werden vom Festivalleiter Alexander Scholz
eingeführt und nach den Filmen folgen Gespräche mit den Regisseur_innen,
moderiert von aktuellen und ehemaligen Mitgliedern der Auswahlkommission
des Festivals.
1983 kommt der deutsche Gewerkschafter Berndt Koberstein während des
Contra-Krieges das erste Mal nach Nicaragua. Als der deutsche Arzt und
Entwicklungshelfer Albrecht „Tonio“ Pflaum 1983 von den Contras ermordet
wird, gründet sich in Freiburg ein Freundeskreis für Pflaum, der dessen
Arbeit in dem Dorf Wiwili fortführen soll. 1986 geht Koberstein als
Projektleiter nach Wiwili, um in dem Dorf eine Wasserversorgung zu
errichten. Wenige Monate später wird auch Koberstein von den Contras
ermordet.
Basierend auf den Briefen Pflaums und Kobersteins realisiert die
Medienwerkstatt Freiburg den Film „Briefe aus Wiwili“. Der Film ergänzt die
Briefe durch Videoaufnahmen der Arbeit und durch Interviews mit den
Bewohner_innen von Wiwili. Als der Film 1987 auf der Filmwoche läuft, wird
er kontrovers diskutiert: während einige der Festivalbesucher_innen die
Nüchternheit des Films schätzen, kritisieren andere die Fokussierung und
den Umgang mit den Briefen. Aus heutiger Sicht ist der Film unabhängig von
diesen Debatten ein eindrucksvolles Dokument der Solidaritätsarbeit der
1980er Jahre.
„Operation Namibia“ von Martin Paret zeigt ein auf den ersten Blick
ähnliches Projekt: eine Gruppe junger Aktivist_innen macht sich beflügelt
von den Erfolgen der namibischen Befreiungsbewegung mit einer Ladung Bücher
auf in das südwestafrikanische Land. Doch schon bald erleidet der
Enthusiasmus der Gruppe immer neue Rückschläge. Basierend auf dem
Briefwechsel der Gruppe, Fotos und einigen Amateurfilmen holt Paret einen
Versuch von Solidarität aus der Vergessenheit, der den Wagemut, die
Selbstüberschätzung und die Fallstricke der Kommunikation innerhalb der
Gruppe sichtbar werden lassen.
Auch das [2][dritte Gastspiel der Duisburger Filmwoche] bietet einem
Berliner Publikum die Möglichkeit, eine Auswahl von Filmen des Festivals im
Kino zu erleben und in den Gesprächen mit den Filmemacher_innen eine Idee
von jenen ausführlichen und teils streitbaren Diskussionen zu bekommen, die
die Duisburger Filmwoche legendär gemacht haben.
28 Jun 2024
## LINKS
[1] https://www.arsenal-berlin.de/
[2] https://www.duisburger-filmwoche.de/news/in-ruecksprache-filmwoche-zu-gast-…
## AUTOREN
Fabian Tietke
## TAGS
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