# taz.de -- EU-Defizitverfahren gegen Frankreich: Kein Szenario wie in Griechen… | |
> Frankreich reißt die EU-Schuldenregel von 3 Prozent – und muss nun rasch | |
> kräftig sparen. Das ist angesichts innenpolitischen Lage nicht einfach. | |
Bild: Wie weiter nach der Wahl? Fries des französischen Parlaments in Paris | |
Eine hohe Arbeitslosigkeit, stark gesunkene Haushaltseinkommen vor allem | |
bei den [1][Ärmsten der Armen], mehr Tuberkulosefälle, HIV-Infektionen, | |
Depressionen und Suizide, fast doppelt so viele Totgeburten wie | |
üblicherweise: So sah es in Griechenland nach der Finanzkrise infolge des | |
strengen EU-Spardiktats aus. Damals verlor das Land rund ein Viertel seiner | |
Wirtschaftskraft. Jetzt startet die [2][EU-Kommission ein neues | |
Defizitverfahren gegen sieben Länder: Belgien, Frankreich, Italien, Ungarn, | |
Malta, Polen, Slowakei]. Sie verstoßen, so begründet es die Kommission, | |
gegen die [3][EU-Schuldenregeln]. | |
Ein Land sticht dabei besonders heraus: Frankreich. Ende 2023 weist das | |
Land [4][mit rund 3,1 Billionen Euro die höchste absolute | |
Staatsverschuldung innerhalb der Europäischen Union] auf – das entspricht | |
110 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP). Zum Vergleich: In Deutschland | |
sind es 63 Prozent des BIP und im Durchschnitt der Eurozone 88 Prozent. | |
Frankreichs Defizit stieg 2023 auf 5,5 Prozent, Finanzexpert:innen | |
erwarten für dieses Jahr zwar einen leichten Rückgang auf 5,3 Prozent. Aber | |
nur 3 Prozent sind in der Eurozone erlaubt. | |
Das klingt einigermaßen dramatisch, und es steht die Frage im Raum: Droht | |
Frankreich ein ähnliches Szenario wie seinerzeit Griechenland? Der soziale | |
Absturz großer Bevölkerungsgruppen und ein katastrophales internationales | |
Image? | |
Wohl kaum. Frankreich muss jedoch rasch Maßnahmen ergreifen, um das Defizit | |
zu reduzieren. Das ist ein Balanceakt angesichts der brisanten | |
innenpolitischen Lage. Präsident Emmanuel Macron hat nach dem Sieg der | |
Rechtspopulisten bei den Europawahlen die Nationalversammlung aufgelöst, | |
Neuwahlen sind am 30. Juni und 7. Juli geplant, der [5][Rechtsruck scheint | |
kaum noch abzuwenden]. | |
## Vom Stabilitätsfaktor zum Unruhestifter | |
Damit einhergehen könnte eine schädliche Wirtschafts- und Sozialpolitik, | |
doch bleibt der Aufstand der Unternehmensbosse aus. Und schon jetzt geben | |
viele Chefs kleiner Unternehmen, darunter Handwerksbetriebe, dem RN ihre | |
Stimme. | |
Frankreich, einst Stabilitätsfaktor in der EU, wird jetzt womöglich zum | |
Unruhestifter. Folgt man den Worten des [6][RN-Vorsitzenden Jordan | |
Bardella,] wird er sich nicht um einen Sparkurs scheren. Bardella | |
verspricht den Unternehmen nicht nur sinkende Steuern und geringere Abgaben | |
auf Lohnerhöhungen. Er will auch die Erhöhung des Rentenalters von 62 auf | |
64 Jahre zurücknehmen. Vor allem auf eines dürfte sich Brüssel vorbereiten: | |
den Versuch, die EU auszuhöhlen und die europäische Integration rückgängig | |
zu machen. | |
Das alles klingt beunruhigend. Aber ein Szenario wie seinerzeit | |
Griechenland droht Frankreich nicht. Dafür ist die EU insgesamt | |
wirtschaftlich zu stark. | |
21 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Obdachlosigkeit-in-Griechenland/!5610043 | |
[2] /Verfahren-wegen-Staatsverschuldung/!6014786 | |
[3] /Neue-EU-Schuldenregeln/!6005051 | |
[4] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/198377/umfrage/staatsverschu… | |
[5] /Vor-den-Parlamentswahlen/!6014729 | |
[6] /Frankreich-vor-den-Parlamentswahlen/!6014477 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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