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# taz.de -- Renommierter Adorno-Preis an Benhabib: Für Kosmopolitismus
> Seyla Benhabib ist neue Preisträgerin des Adorno-Preises. Zuletzt gab es
> Forderungen, ihrer Vorgängerin Judith Butler den Preis zu entziehen.
Bild: Philosophin Seyla Benhabib
Noch vor einer Weile hätte man das Attribut „würdig“ im Zusammenhang mit
einer Preisträgerin als staatstragend wahrgenommen. Doch nach den jüngsten
[1][Auseinandersetzungen um Masha Gessen als Arendt-Preisträgerin] und
Judith Butler als Adorno-Preisträgerin und deren Äußerungen zum
Nahostkonflikt war ein Aufatmen zu vernehmen, als die emeritierte
US-Philosophin für Politische Theorie Seyla Benhabib am Donnerstag als neue
Adorno-Preisträgerin verkündet wurde.
Der dreijährig ausgelobte, mit 50.000 Euro dotierte Adorno-Preis ist kein
politischer Preis. Geehrt werden im Gedenken an den Soziologen und
Philosophen der Kritischen Theorie Theodor W. Adorno Leistungen in
Philosophie oder den Künsten.
Jedoch musste die Preisträgerin von 2012, Judith Butler, sich erst kürzlich
wieder die Frage stellen lassen, wie ihre politischen Entgleisungen
bezüglich Hamas und Hisbollah, denen sie Widerstand statt Terror
attestierte, sich vereinbaren lassen mit Adorno, dem Denker des
Nichtidentischen und der Emanzipation. Als Butler ihre Einschätzung noch
angesichts des genozidalen Massakers vom 7. Oktober wiederholte, waren
Forderungen laut geworden, ihr den Preis abzuerkennen.
Auch [2][Seyla Benhabib kritisierte Butler und andere Kolleg:innen
jüngst scharf für deren Terrorrelativierung] und fragte: „Die Hamas hat
sich der Zerstörung des Staates Israel verschrieben; das unterstütze ich
nicht. Und Sie?“
## Kein „Tod des Subjekts“?
Die philosophischen Prämissen von Butler und Benhabib unterscheiden sich
stark, hält Benhabib doch gegen die postmoderne Subjektdekonstruktion an
der Idee einer Ich-Autonomie fest, was weitreichende Folgen für die
jeweiligen feministischen Ansätze hat.
In ihrer Kritik des Poststrukturalismus war Benhabib als Kritische
Theoretikerin der zweiten Generation Jürgen Habermas näher, dessen
Diskursethik sie kritisch-feministisch weiterdachte. Von Habermas und
Hannah Arendt ging wohl der stärkste Einfluss auf ihr Denken aus.
Benhabib möchte „das Partikulare im Namen des Universellen mobilisieren“,
wie sie mal formulierte, nicht das Partikulare gegen das Universelle
ausspielen. Das bedeutet: die Idee universaler Menschenrechte ist der
normative Horizont. Den Antimodernismus befragt sie auf seine
antisemitischen und rassistischen Implikationen hin, stellt ihm die Idee
des Kosmopolitischen entgegen.
Vielleicht ja auch anknüpfend an die Zeilen Adornos aus der „Minima
Moralia“, die noch viel über heutige Partikular- als Identitätskämpfe
ausagen: „An der Verfolgung der absolut partikularen Interessen des je
Einzelnen läßt sich das Wesen der Kollektive in der falschen Gesellschaft
am genauesten studieren“.
7 Jun 2024
## LINKS
[1] /Streit-mit-Hannah-Arendt-Preistraegerin/!5980783
[2] /Ueber-Philosophy-for-Palestine/!5969264
## AUTOREN
Tania Martini
## TAGS
Theodor W. Adorno
Adorno
Philosophie
Soziologie
Menschenrechte
Feminismus
Social-Auswahl
Hannah Arendt
Masha Gessen
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Globalisierung
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