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# taz.de -- Kommunalwahl in Thüringen: AfD holt keinen Sieg
> In Thüringen gilt die Kommunalwahl als Stimmungstest vor der
> Landtagswahl. Nirgends kann sich die AfD durchsetzen. Aber sie hat auch
> nicht verloren.
Bild: Im ersten Wahlgang nur zweiter: Der Erfurter Oberbürgermeister Andreas B…
Erfurt taz | Als die ersten Zahlen um 18:53 Uhr auf der Leinwand im
Festsaal des Erfurt Rathauses erscheinen, brandet kurz Applaus auf. Die
Stadt hat ihre Bürger:innen eingeladen, gemeinsam die Wahlergebnisse in
der Landeshauptstadt zu verfolgen. Der Saal ist gut gefüllt.
Politiker:innen der CDU, Linke, SPD, Grünen und AfD sind da, das
lokale Radio sendet live. Laut dem vorläufigen Ergebnis liegt CDU-Kandidat
Andreas Horn mit 25 Prozent vorne, der amtierende Oberbürgermeister Andreas
Bausewein folgt dahinter mit 21 Prozent auf Platz zwei.
Auch der [1][AfD-Kandidat Stefan Möller steht im Saal]. Er stemmt die Hände
in die Hüften und schaut hoch zur Leinwand. Der Co-Landesvorsitzende liegt
mit 18 Prozent auf Platz drei. Allerdings sind bisher nur 33 von 210
Bezirken ausgezählt. „Zufrieden mit dem Ergebnis?“, fragt ein Herr mit
Schnauzer, der offenbar mit seinem Handy filmt. „Bisher nicht“, antwortet
Möller. Wenn es dabei bliebe, wäre er raus aus dem Rennen um das Amt des
Oberbürgermeisters, während CDU und SPD in 14 Tagen in die Stichwahl um die
Mehrheit gingen.
Doch in vielen anderen Thüringer Landkreisen und kreisfreien Städten sieht
es bei den Kommunalwahlen an diesem Sonntag anders aus: Im Wartburgkreis,
im Ilm-Kreis oder im Kyffhäuserkreis liegt die AfD auf Platz zwei. Im
Altenburger Land bekam der AfD-Kandidat Heiko Philipp sogar die meisten
Stimmen, muss aber voraussichtlich auch in die Stichwahl – zumindest laut
des Zwischenergebnisses zum Redaktionsschluss.
Eigentlich geht es an diesem Sonntag nur um eine Kommunalwahl: Etwa 1,7
Millionen Thüringer:innen durften rund 7.500 Plätze in Kreistagen,
Stadt- und Gemeinderäten wählen, ebenso wie mehr als 1.000 Ortsteil- und
Ortschaftsbürgermeister:innen, 94 Bürgermeister:innen und
Oberbürgermeister:innen sowie die Landratsposten in 13 von 17
Landkreisen.
Lokalpolitik – und trotzdem ist bundesweit das Interesse groß: Was sagen
die Ergebnisse über die Landtagswahl am 1. September aus? Welchen Zuspruch
bekommt die AfD? Zumindest im ersten Anlauf konnte sie keine Landratsämter
oder Rathäuser gewinnen.
## Mehr als ein Stimmungstest
Doch auch über die Kommunalparlamente oder in der Stichwahl könnte die AfD
in Thüringen ihren Einfluss ausbauen, ohne auf Bündnisse angewiesen zu
sein. Etwa in Sonneberg, wo im vergangenen Jahr der AfD-Politiker Robert
Sesselmann die Landratswahl gewonnen hat. Bisher hatte er aber keine
Mehrheit im Kreistag und scheiterte daran etwa mit seinem Vorstoß,
Demokratieprojekte zu streichen.
Sollte die AfD nun eine Mehrheit im Kommunalparlament bekommen, könnte
Sesselmann durchregieren. Bis zum Redaktionsschluss lagen noch keine
Ergebnisse für den Kreistag in Sonneberg vor.
Zudem gelten die Kommunalwahlen als Stimmungstest. Bei der Wahl der
Landrät:innen und Oberbürgermeister:innen gingen in Thüringen etwa
21 Prozent der Stimmen an die AfD. Deutlich weniger als die 30 Prozent, die
die AfD derzeit in Umfragen für die Landtagswahl bekommt.
Allerdings zeigt die Erfahrung der vergangenen Wahlen schon: eins zu eins
lassen sich die Ergebnisse nicht übertragen. Aus den letzten Kommunalwahlen
2019 ging zwar die CDU als stärkste Partei hervor. Aber ein paar Monate
später gewann dann die Linke mit 31 Prozent die Landtagswahl.
Das Bundesland regieren aktuell Linke, SPD und Grüne in einer
Minderheitenkoalition. Ministerpräsident ist seit [2][2014 fast durchgehend
Bodo Ramelow (Linke)] – nur 2020 unterbrochen durch Thomas Kemmerich (FDP).
Den hatten nach der Landtagswahl CDU und AfD zum Ministerpräsidenten
gewählt – und lösten damit eine Krise aus, die über Thüringen hinaus Krei…
zog.
Damals gab es bundesweit Demonstrationen gegen die FDP, weil die in
Thüringen gemeinsam mit den Faschisten der AfD paktiere. Die CDU musste
sich rechtfertigen, da für sie eigentlich der Beschluss feststand, nicht
mit der AfD zusammenzuarbeiten. Schließlich sollen die damalige
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der FDP-Vorsitzende Christian
Lindner [3][den einzigen FDP-Ministerpräsidenten Kemmerich nach wenigen
Tagen zum Rücktritt gedrängt] haben.
Vor diesem Hintergrund steht in diesem Jahr die Thüringer Landtagswahl am
1. September. Die schon damals schwierigen Mehrheitsverhältnisse sind bis
heute nicht einfacher geworden.
Was die Kommunalwahlen aber gezeigt haben: Trotz der jüngsten Skandale der
AfD in Thüringen und international bekamen Kandidat:innen der Partei
bei vielen Wahlen die zweitmeisten Stimmen und ziehen voraussichtlich in
die Stichwahl ein.
Für Stefan Möller in Erfurt hat es nicht gereicht. Der Thüringer
AfD-Landeschef neben Björn Höcke ist raus aus der Wahl. Ein anderer Rechter
hat es hingegen ohne AfD in die Stichwahl geschafft: Der bundesweit
bekannte Neonazi Tommy Frenck hat in Hildburghausen mit 24,9 Prozent der
Stimmen den zweiten Platz bei der Landratswahl belegt. Er bekam 63 Stimmen
mehr als der CDU-Kandidat Dirk Lindner.
26 May 2024
## LINKS
[1] /Kommunalwahl-in-Thueringen/!6009251
[2] /Parteitag-der-Linken-in-Thueringen/!6007174
[3] /Ruecktritt-Ministerpraesident-Kemmerich/!5662522
## AUTOREN
David Muschenich
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