| # taz.de -- Umstrittener Lokalsender tv.berlin: Erotikclips und rechte Stimmen | |
| > Beim Lokalsender tv.berlin bekommen Rechte genauso eine Plattform wie | |
| > aserbaidschanische Abgeordnete. Was steckt dahinter? | |
| Bild: Hans-Georg Maaßen beim tv.berlin-Spezial zum Thema Flüchtlingsgipfel im… | |
| Krude ist für dieses Programm noch zu milde ausgedrückt. Der private | |
| Ballungsraumsender tv.berlin ist eine Institution in der Hauptstadt mit | |
| mehr als 30-jähriger Geschichte. Nach eigener Darstellung ist das Konzept | |
| des Senders, „Infotainment“, also eine Mischung aus Information und | |
| Unterhaltung, zu liefern. Konkret sieht die Mixtur so aus: Teleshopping, | |
| von Haushaltsgeräten bis Wärmedecken, ein nächtlicher Erotikfilm oder | |
| Sendungen wie „Fun & Drive“. Partner aus der Schweiz ist der | |
| naturheilkundliche Spartensender QS24.tv, der esoterische Inhalte im | |
| Berliner Programm beisteuert. | |
| Auffällig oft werden seit Jahren außerdem Inhalte aus dem | |
| antidemokratischen Milieu verbreitet. So waren der inzwischen vom | |
| Verfassungsschutz beobachtete Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen, | |
| der [1][Buchautor Thilo Sarrazin], die Dresdner [2][Buchhändlerin Susanne | |
| Dagen], eine wichtige Figur für die Neue Rechte, und der Chef des rechten | |
| österreichischen [3][TV-Senders Auf 1], Stefan Magnet, zu Gast. Die | |
| Berliner Immobilienmaklerin Silke Schröder, die beim von Correctiv | |
| enthüllten Treffen in Potsdam dabei war, hatte bis vor einigen Wochen ein | |
| eigenes Talkformat. | |
| So wie Maaßen von einer Brandmauer nach rechts nichts wissen will, so kennt | |
| auch tv.berlin keine. Mehrfach wurde er vom früheren Berliner Innensenator | |
| Frank Henkel (CDU) für tv.berlin interviewt. Maaßen durfte dabei | |
| unwidersprochen erklären, dass seine neue Partei Werte-Union weder | |
| reaktionär noch ultrakonservativ sei. | |
| ## Auffällige Aserbaidschan-Berichterstattung | |
| Im Januar dieses Jahres wurde Maaßen von Henkel gefragt, ob er auch in die | |
| Talkshows im deutschen Fernsehen eingeladen werde. Der antwortete: „Nein, | |
| die Staatsmedien haben mir bisher noch keine Gelegenheit gegeben.“ Im April | |
| holte dann der langjährige tv.berlin-Moderator Peter Brinkmann den früheren | |
| Geheimdienstler schon wieder ins Programm. Brinkmann beendete das Gespräch | |
| mit den Worten: „Alles Gute für die Werte-Union!“ | |
| Brinkmann ist so etwas wie die graue Eminenz des Senders. Der heute | |
| 79-Jährige war auch schon dabei, als 2013 eine türkeistämmige Familie | |
| tv.berlin übernahm. 2015 machte der Sender dann Schlagzeilen, weil er sich | |
| im Programm „beispiellos ausführlich“ Aserbaidschan widmete, [4][wie der | |
| Medienjournalist Stefan Niggemeier berichtete]: „Die Homepage von tv.berlin | |
| sieht schon seit Wochen aus, als stünde die Umbenennung in TV.Baku | |
| unmittelbar bevor.“ Politisch sind Baku und Ankara eng verbandelt. Und | |
| hatten eine neue Achse nach Berlin gefunden. | |
| Im Zusammenhang mit dem Aserbaidschan-Skandal schrieb Vice über den Sender: | |
| „Kein großer Name im Land, in der Hauptstadt aber umtriebig, bekannt und | |
| gut vernetzt.“ Interviews mit aserbaidschanischen Funktionär:innen gibt | |
| es bei tv.berlin bis heute. Zuletzt wurde der Parlamentsabgeordnete Azay | |
| Guliyev in einem auf Englisch geführten Interview zum Bergkarabach-Konflikt | |
| befragt. | |
| Vor allem aber pflegt der Berliner Sender das von AfD & Co verbreitete | |
| Narrativ, das in vielen etablierten Medien nicht mehr alles gesagt werden | |
| dürfe. So war es auch, [5][als der rechtspopulistische Publizist Roland | |
| Tichy] im Februar mit Diether Dehm, Ex-Bundestagsabgeordneter der Linken | |
| und Enfant terrible seiner Partei, ein neues Talkformat bei tv.berlin | |
| startete: „Streit-Bar“. Die Sendung mit „Gästen aus allen politischen | |
| Lagern“ solle ein „Zeichen gegen die Cancel Culture setzen“, hieß es in … | |
| Ankündigung. | |
| ## Viele rechte Gäste in Talkformaten | |
| In Tichys Blog wurde Dursun Yigit, der Programmverantwortliche von | |
| tv.berlin, zitiert: „In den meisten Talkformaten kommen große Teile des | |
| politischen Spektrums nicht zu Wort oder aber einzelne Gäste werden | |
| regelrecht an den Pranger gestellt.“ Zu den Gästen der Gesprächsrunden mit | |
| Tichy und Dehm gehörten Ulrich Vosgerau, einer der Teilnehmer des Treffens | |
| mit Rechtsextremisten im November 2023 in Potsdam, der rechte | |
| Polizeigewerkschafter Rainer Wendt und der Chefredakteur der | |
| verschwörungsideologischen NachDenkSeiten, Jens Berger. | |
| Langjähriger Stammgast in der tv.berlin-Sendung „Andruck“ ist Frank Wahlig, | |
| früher Korrespondent im ARD-Hauptstadtstudio. Nachdem ihn das 2022 | |
| gestartete rechte Internetradio Kontrafunk als Redakteur eingestellt hatte, | |
| wurde er weiterhin eingeladen. Als Kontrafunk im Juni 2022 an den Start | |
| ging, lobte der thüringische AfD-Chef Björn Höcke das Projekt auf Facebook | |
| als „hochwertige Alternative zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk“. Gründer | |
| des Internetradios ist Burkhard Müller-Ullrich. Er veröffentlichte 2023 in | |
| der Schriftenreihe „Exil“, herausgegeben von Susanne Dagen, das Buch | |
| „Medienmärchen“. Dort schreibt er über den öffentlich-rechtlichen Rundfu… | |
| „Das ganze Rundfunkbiotop ist gekippt. Versifft, verseucht, unsanierbar.“ | |
| Und ein Regionalsender wie tv.berlin macht sich das ebenfalls zur Agenda? | |
| Im Januar 2024 kam es in der Sendung „Andruck“ zu einer Kontroverse | |
| zwischen Wahlig und dem Hauptstadtkorrespondenten der Stuttgarter Zeitung, | |
| Norbert Wallet. Wallet sagte, Kontrafunk wolle das Gedankengut der AfD | |
| stückweise in den öffentlichen Dialog einspeisen. Kontrafunk würde dabei | |
| „helfende Hände reichen“. Wahlig gab zu, in dem Sender kämen, anders als … | |
| den „breiten Medien“, „tatsächlich zu bestimmten Themen Abgeordnete der … | |
| vor, weil, wo sollen die sonst vorkommen?“ Moderator Brinkmann | |
| beschwichtigte: „Wir sind pluralistisch. Deswegen laden wir alle ein.“ | |
| Nach diesem Disput wurde Wahlig nicht mehr zu tv.berlin eingeladen. Gibt es | |
| also im Sender doch eine Art Selbstkontrolle? Der Sender äußert sich nicht | |
| zu dem Vorgang. Auch andere Fragen lässt tv.berlin unbeantwortet – etwa die | |
| zu Mediadaten oder zur in der Branche geäußerten Vermutung, dass für | |
| einzelne Sendeplätze von Interviewer:innen oder Interviewten bezahlt | |
| wird. | |
| Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg erklärt auf Anfrage der taz, | |
| Programmbeschwerden gegen tv.berlin wegen rechter Inhalte seien bisher | |
| nicht eingegangen. Eine Sprecherin sagt: „Derzeit enthält tv.berlin | |
| ausreichend lokal-regionale Inhalte für die Rundfunkzulassung als | |
| lokal-regionales Programm.“ | |
| 28 May 2024 | |
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| [4] http://www.stefan-niggemeier.de/blog/21094/der-aserbaidschanische-regierung… | |
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| ## AUTOREN | |
| Matthias Meisner | |
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