Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Lithium-Produktion in Deutschland: Strategischer Stoff aus der Heide
> Bei Lüneburg wollen WissenschaftlerInnen Lithium aus Thermalwasser
> gewinnen. Bislang kommt der Rohstoff für Akkus vor allem aus dem Ausland.
Bild: Akku-Grundstoff vielleicht bald aus Deutschland: Lithiumextraktionsoptimi…
Hamburg taz | Lithium für die Batterieherstelllung könnte in Zukunft nicht
nur in China oder Chile, sondern auch in der Lüneburger Heide gefördert
werden. Einen entsprechenden Feldversuch hat die Bundesanstalt für
Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) jetzt bei Eimke in der Lüneburger
Heide gestartet. Das Lithium ist in 150 Grad warmem Thermalwasser
enthalten. Die BGR untersucht, mit welcher Methode sich das Metall am
besten aus dem Wasser lösen ließe.
Lithium ist ein Schlüsselrohstoff für die Energiewende. Es ist ein
Kernbestandteil der [1][Akkumulatoren, wie sie in kleinen Elektrogeräten
vom Handy bis zum Laptop, aber eben auch in E-Autos] und Wohnhäusern zum
Speichern von Strom verwendet werden. Der Stoff ist auf der Welt sehr
ungleich verteilt.
[2][Laut der Rohstoffrisikobewertung der Deutschen Rohstoffagentur (Dera)
in BGR] wird das Angebot „aktuell von zwei Ländern bestimmt“: [3][75
Prozent der globalen Bergwerksförderung leisten Australien und Chile].
Desgleichen stehen fünf Unternehmen für 70 Prozent der globalen Produktion.
Dürfte dieses Oligopol schon einen gewissen Einfluss auf den Lithiumpreis
gehabt haben, so hat in jüngerer Zeit auch die Nachfrage stark angezogen.
Das Forcieren der E-Mobilität und das geplante [4][Aus für
Verbrennermotoren] ließen den Preis zwischen 2017 und 2022 von 20.000 auf
70.000 Dollar pro Tonne steigen. Eine Förderung auf dem eigenen Territorium
würde Deutschland also nicht nur ein Stück weit unabhängiger machen,
sondern wäre auch ziemlich lukrativ.
## Chancen im Norddeutschen Becken
Zu den Regionen, die für eine Förderung infrage kommen, gehört das
Norddeutsche Becken von der Ems bis Rostock. Für den Feldversuch bei
Lüneburg nutzt die BGR nun eine alte Gasbohrstelle, an der sie seit 20
Jahren die Geothermie erkundet. „Die BGR führt als erste
Forschungseinrichtung überhaupt Versuche zur Gewinnung von Lithium aus
Tiefenfluiden in Norddeutschland durch“, sagte BGR-Präsident Ralph Watzel
Ende April bei der Vorstellung des Projekts.
Ähnliche Versuche gibt es auch anderswo. Im pfälzischen Landau läuft eine
Pilotanlage zur Lithiumproduktion und im Erzgebirge ist ein bergmännischer
Abbau von Lithium geplant. Dabei kann sich der Lithiumgehalt des Wassers in
Norddeutschland im Vergleich sehen lassen.
Bis zu 600 Milligramm pro Liter seien in Rostock gefunden worden, sagt
Projektleiter Stechern. 192 seien es in Bohrloch Horstberg bei Lüneburg –
immer noch mehr als im Oberrheingraben. Der mit Abstand höchste
Lithiumgehalt findet sich mit bis zu 1.570 Milligramm in chilenischen
Salzwüsten.
Der BGR-Experte schätzt, dass sich aus dem Bohrloch Horstberg 250 bis 500
Tonnen Lithiumcarbonat pro Jahr fördern lassen könnten. „Das entspricht
etwa der Menge, die benötigt wird für 5.000 bis 10.000 Autobatterien“, sagt
Stechern. Mit der Fördermenge ließen sich zweistellige Millionensummen
erlösen.
Das weckt natürlich auch in der Nachbarschaft Interesse. [5][So haben sich
die Stadtwerke Munster-Bispingen] die Lizenz für eine Lithiumförderung
gesichert. „Wir machen ein Tiefengeothermieprojekt in Munster und prüfen,
ob wir auch Lithium fördern können“, sagt Geschäftsführer Jan Niemann. Die
geologischen Voraussetzungen dafür seien gut. 352 Milligramm pro Liter
seien gefunden worden.
Allerdings ist es [6][nicht ganz einfach, das Lithium aus dem Wasser zu
lösen und damit verfügbar zu machen. Eine Möglichkeit] besteht darin, das
Lithium aus dem Wasser in ein anderes Lösungsmittel zu überführen, eine
weitere darin, das Wasser durch eine Membran zu leiten, um so das Lithium
abzuscheiden, eine dritte bewirkt das auf elektrochemischem Wege.
In Horstberg hat sich die BGR für die Methode der Adsorption entschieden.
„Dabei wird ein Material verwendet, das wie ein Schwamm das Lithium
aufsaugt“, sagt Stechern. Vor Ort erprobe die BGR, ob sich dafür Mangan,
Titan oder Aluminium am besten als Grundlage eigne.
Ein Vorteil des Verfahrens sei, dass „nahezu keine Umweltbeeinflussung“
damit verbunden sei, sagt Stechern. Das Projekt benötige eine Fläche von
der Größe eines Fußballfeldes und im Übrigen bloß Wasser und schwache
Salzlauge. Beides könne recycelt werden.
## Nebenprodukt der Erdwärme
Ziel des Projekts, bei dem die BGR mit zwei Fraunhofer-Instituten
zusammenarbeite, sei nicht die kommerzielle Förderung von Lithium, sondern,
die Voraussetzung für eine kommerzielle Förderung zu schaffen. Da das
Lithium ja aus warmem Thermalwasser gelöst wird, „versuchen wir
herauszufinden, was der beste Mittelweg zwischen der Gewinnung von Wärme
und Lithium ist“, sagt Stechern.
Dabei würde sich die Lithiumproduktion im Zweifel der Wärmeprodukion
unterordnen. Denn die Abscheidung des Lithiums sei der letzte Schritt,
bevor das abgekühlte Thermalwasser wieder in den Untergrund geleitet werde.
Mit ersten Ergebnissen des Feldversuchs rechnet der Projektleiter in ein
bis zwei Monaten.
18 May 2024
## LINKS
[1] /Aktionscamp-in-Gruenheide/!6006311
[2] https://www.deutsche-rohstoffagentur.de/DE/Gemeinsames%20/Produkte/Download…
[3] /Neues-Freihandelsabkommen/!5995464
[4] /Emissionshandel-in-der-EU/!5962570
[5] https://www.ihr-stadtwerk.de/de/Menue/Kontakt/
[6] https://link.springer.com/article/10.1007/s00767-022-00522-5
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Energiewende
Verkehrswende
Lithium
Rohstoffe
Lüneburger Heide
wochentaz
wochentaz
Schwerpunkt Nationalsozialismus
Norwegen
Erneuerbare Energien
Transformation
Dumping
Schwerpunkt Klimawandel
Elon Musk
## ARTIKEL ZUM THEMA
Lithium in Lateinamerika: Alle wollen es, alle brauchen es
Der Geologe Micha Zauner sucht in Argentinien nach Lithium für die deutsche
Industrie. Er will es nachhaltiger abbauen als andere. Geht das überhaupt?
Chemiker über Lithiumabbau: „Eigentlich ist Europa mit Lithium gesegnet“
Die Umweltprobleme des Rohstoffabbaus zu exportieren, sei unethisch, sagt
der Chemiker Martin Bertau. Gegen Abhängigkeiten helfe mehr
Eigenproduktion.
Historiker über Forschungsbehörden im NS: „Handlungsspielräume wurden nur …
Carsten Reinhardt hat die NS-Geschichte staatlicher Forschungsbehörden
untersucht. Ohne sie wäre das „Dritte Reich“ so nicht möglich gewesen, sa…
er.
Tiefseebergbau in Norwegen: „Wahnsinn auf hohem Niveau“
Norwegens Regierung plant, Rohstoffe auf dem Meeresboden abzubauen. Nun
konnten Menschen und Verbände ihre Meinung einbringen.
Klimafreundlich heizen: Mehr Wärme mithilfe von Geothermie
Der Branchenverband Geothermie lobt den Gesetzentwurf von Robert Habeck zur
Gewinnung von Erdwärme. Er fordert aber weitere Verbesserungen.
Studie mit Kaulquappen: Lithium als Zeitbombe für Gewässer
Der Abbau des wichtigen Metalls Lithium verbraucht nicht nur viel Wasser.
Er vergiftet auch seine Umwelt, zeigt eine Studie.
US-Zölle auf chinesische Güter: Angst vor dem China-Schock
Die Einfuhrzölle in den USA könnten China auf den EU-Markt drängen lassen.
Wichtig sind künftig frühe Absprachen zwischen Washington und Brüssel.
Studie über E-Auto-Akkus: Europäische Batterien sparen CO2
E-Auto-Akkus in Europa statt in China zu produzieren, wäre gut fürs Klima,
sagt T&E. Der Verband fordert daher politische Hilfe für Fabriken in der
EU.
Widersprüche im Kampf gegen Tesla: Es geht nicht nur um E-Autos
Elon Musk und Tesla blöd finden, ist leicht – und wer braucht schon
elektrische Protzautos? In den Proteste steckt aber auch so mancher
Widerspruch.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.