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# taz.de -- Revival des 29-Euro-Tickets in Berlin: Kluge Sozialpolitik geht and…
> Der Nutzen des 29-Euro-Tickets ist absehbar gering. Mit der Einführung
> will die Berliner SPD lediglich politische Handlungsfähigkeit simulieren.
Bild: Mit dem 29-Euro-Ticket wollte die SPD 2023 bei den Wähler:innen punkten.…
Hurra, das 29-Euro-Ticket für alle kommt! Nach harten und zähen
Verhandlungen konnte sich die SPD letztlich gegen ihren konservativen
Koalitionspartner durchsetzen und eines ihrer zentralen
Wahlkampfversprechen einlösen. Ab 1. Juli soll das vergünstigte Abo-Angebot
für den Berliner Nahverkehr gelten, der Vorverkauf startet bereits in der
kommenden Woche.
Doch niemand – außer eben der SPD – scheint das 29-Euro-Ticket so richtig
zu mögen. Stattdessen hagelt es [1][Kritik vom Bund], der Opposition und
Fahrgastverbänden, aus unterschiedlichen Gründen und in einem Punkt mit
Sicherheit zu Recht: Denn das 29-Euro-Ticket ist keine kluge Sozialpolitik,
sondern ein plumper Versuch, sich zu profilieren.
Zunächst einmal ist unklar, für wen das 29-Euro-Ticket überhaupt gedacht
ist. Laut SPD seien das „alle, für die das Deutschland-Ticket zu teuer“
ist. Das Konkurrenzprodukt, das derzeit mit 49 Euro pro Monat zu Buche
schlägt, erlaubt die Nutzung des ÖPNV im gesamten Bundesgebiet. Und sicher,
49 Euro im Monat sind eine Menge Holz, besonders für Auszubildende,
Studierende und Empfänger:innen von Sozialleistungen. Allerdings gibt
es für all diese Gruppen schon vergünstigte Nahverkehrstickets.
Was bleibt, ist die Gruppe mit niedrigen und mittleren Einkommen, [2][die
kein ÖPNV-Ticket von ihren Chef:innen bezuschusst bekommen], nicht im
C-Bereich wohnen und auch sonst den AB-Bereich selten verlassen. Für viele
dieser Menschen dürften, sofern sie bislang das Deutschlandticket beziehen,
die 20 Euro im Monat weniger eine willkommene Ersparnis sein. Mehr
Mobilität und Teilhabe bleibt dadurch aber auf der Strecke.
## Berliner Sonderweg gefährdet das D-Ticket insgesamt
Die Schönheit des 9-Euro-Tickets aus dem Sommer 2022 und in geringerem Maße
dessen 2023 eingeführten 40 Euro teureren Nachfolgers ist, dass es vielen
Menschen Mobilität ermöglicht hat, die ihnen vorher verwehrt blieb. Selbst
für Fahrten mit Regionalbahnen wird in Deutschland absurd viel verlangt,
Wochenendausflüge ans Meer oder ins Umland sind für viele Familien mit
wenig Haushaltseinkommen nicht drin, weil es günstiger ist, in Berlin zu
bleiben.
Kluge Sozialpolitik wäre es also, für genau dieser Zielgruppe das
Deutschlandticket herunter zu rabattieren. Dieser Weg wäre sogar deutlich
günstiger als die 330 Millionen Euro, [3][die Schwarz-Rot jährlich für das
29-Euro-Ticket veranschlagt hat]. Ganze 1,25 Millionen Deutschlandtickets
ließen sich mit dieser Summe auf 29 Euro subventionieren. Dabei gibt es in
Berlin gerade einmal halb so viele Abonnent:innen.
Doch stattdessen geht Berlin einen Sonderweg, der zudem auch noch das
Projekt Deutschlandticket insgesamt gefährdet. Denn die meisten
Nutzer:innen des 29-Euro-Tickets werden sicherlich keine
Neukund:innen sein, sondern von der bundesweiten ÖPNV-Flat
rüberwechseln. Mit sinkenden Abonnent:innen schwindet aber auch der
Rückhalt für das Deutschlandticket. Und bei [4][den angekündigten
Preissteigerungen] dürften in den kommenden Jahren noch einmal mehr Leute
abspringen.
Worum geht es der SPD also eigentlich? Die wahrscheinlichste Antwort ist,
dass die Partei mal wieder so etwas wie politische Handlungsfähigkeit
simulieren will. Mietenpolitisch hat die SPD quasi aufgegeben, die
Verkehrspolitik weitgehend den Auto-Fantasien der CDU überlassen.
Sozialpolitisch geht es [5][in der angespannten Haushaltslage] nur noch
darum, welche Projekte vor dem Rotstift gerettet werden können. Sich jetzt
für das 29-Euro-Ticket selbst abzufeiern, ist in dieser Hinsicht kaum mehr
als ein leicht durchschaubares Ablenkungsmanöver.
20 Apr 2024
## LINKS
[1] /Verkehrsministerkonferenz-in-Muenster/!6001922
[2] /Krankenhauskonzern-Vivantes/!5990615
[3] /Haushaltsbeschluss-im-Abgeordnetenhaus/!5976307
[4] /Bund-Laender-Einigung-zu-49-Euro-Ticket/!5971717
[5] /Plenarsitzung-im-Abgeordnetenhaus/!6002085
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
## TAGS
Wochenkommentar
49-Euro-Ticket
SPD Berlin
ÖPNV
Gesellschaftliche Teilhabe
Franziska Giffey
Verkehrswende
Öffentlicher Nahverkehr
Schwarz-rote Koalition in Berlin
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