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# taz.de -- Trans*Rechte in Schweden: Modernisierung in kleinen Schritten
> Trans* Menschen in Schweden können ihren Geschlechtseintrag künftig mit
> 16 Jahren ändern lassen. Andere Länder sind da schon weiter.
Bild: Pride March im schwedischen Malmö
Stockholm taz | Spätzünder [1][Schweden]: Als letztes der nordischen Länder
wird es auch hier eine Art Selbstbestimmungsgesetz geben. Es ist viel
weniger weitreichend, aber schon bis hierher war der Weg lang. Mehrere
Anläufe auch früherer Regierungen scheiterten. Nur wenige Tage [2][nach der
Abstimmung in Deutschland] klappte es nun auch in Stockholm. 234 von 328
anwesenden Reichstagsabgeordneten stimmten am Mittwoch für das neue
„Geschlechtszugehörigkeitsgesetz“.
94 stimmten dagegen – zumeist Christdemokraten und Schwedendemokraten. Sie
hatten bis zuletzt in einer ungewöhnlich lange andauernden
Reichstagsdebatte gegen die Neuregelung argumentiert. Das änderte nichts am
Ergebnis: Ab Juli 2025 können trans* Menschen in Schweden ihr juristisches
Geschlecht einfacher als bisher ändern lassen – von Mann zu Frau und
umgekehrt, die Kategorie divers kommt nicht vor.
Wichtigste Neuerung ist, dass das Thema Geschlechtereintrag künftig in
einem eigenen Gesetz geregelt ist, unabhängig von der Frage
geschlechtsangleichender Eingriffe. Bislang war in Schweden die
medizinische Diagnose „Geschlechtsdysphorie“ die Voraussetzung für beides.
Mit der Diagnose soll festgestellt werden, das jemand durch den Widerspruch
zwischen Gender-Identität und biologischem Geschlecht unzumutbar leidet.
Sie zu bekommen, kann in Schweden inzwischen sieben bis acht Jahre dauern.
Für einen neuen Namenseintrag ist die Diagnose künftig nicht mehr nötig.
Die Menschen, um die es gehe, könnten nun endlich etwas leichter das
juristische Geschlecht erhalten, das mit ihrer Identität übereinstimmt. Nur
darum sei es gegangen, betonte Parlamentarier Johan Hultberg nach der
Abstimmung. Der „Moderaten“-Vorsitzende im Sozialausschuss hatte vorher
versucht, die Gegner zu beschwichtigen: Dies sei eine vorsichtige
Modernisierung eines 50 Jahre alten Gesetztes. Schweden werde immer noch
das restriktivste Gesetz aller nordischen Länder haben. Trotzdem sei dieser
Schritt wichtig.
## Altersgrenze gesenkt
Und tatsächlich: In Schweden muss auch künftig noch ein Arzt oder eine
Psychologin feststellen, dass der Geschlechtseintrag auf absehbare Zeit
nicht mit der Gender-Identität des beantragenden Menschen übereinstimmen
wird. Auch wird die Altersgrenze zwar gesenkt – was sehr umstritten war –
aber mit 16 ist sie weiterhin höher als in anderen Ländern. Und bis 18
brauchen Jugendliche zudem die Zustimmung von Erziehungsberechtigten.
Dass dieses Gesetz am Ende durchkam, war nicht die größte Überraschung:
Sechs von acht Reichstagsparteien hatten sich längst für die Neuregelung
ausgesprochen – wenn auch nicht alle einhellig. Für viel Aufsehen sorgte
aber vor allem das Verhalten der beiden hartnäckigen Gegner-Parteien, die
eigentlich Teil der Regierung von [3][Ministerpräsident Ulf Kristersson]
(„Moderate“) sind beziehungsweise mit ihr zusammenarbeiten.
Kristersson musste für das neue Geschlechtszugehörigkeitsgesetz, für dass
er sich öffentlich stark gemacht hatte, mit der Opposition
zusammenarbeiten. So kam es, dass bei der abschließenden Parlamentsdebatte
eigentliche Partner wie Feinde voreinander standen, mit erkennbar wenig
Verständnis für die Position des jeweils anderen.
Parlamentarierin Karin Rågsjö von der linken „Vänsterpartiet“ freute das:
„Für die Schwedendemokraten war das die schwerste Niederlage seit zwei
Jahren“, sagte sie nach der Abstimmung dem schwedischen Fernsehen. „Und ich
muss sagen, das fühlt sich gut an.“
18 Apr 2024
## LINKS
[1] /Schweden/!t5243814
[2] /Bundestag-beschliesst-Gesetz/!6004179
[3] /Ministerpraesident-in-Schweden-gewaehlt/!5888405
## AUTOREN
Anne Diekhoff
## TAGS
Schweden
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