| # taz.de -- Medien und Bürgerkrieg im Sudan: Ein von vielen vergessener Konfli… | |
| > Selbst afrikanische Nachrichtenagenturen vernachlässigen den Bürgerkrieg | |
| > im Sudan. Konfliktparteien kämpfen um die sozialen Medien. | |
| Bild: Ein Soldat der sudanesischen Streitkräfte im März dieses Jahres | |
| Kairo taz | Ende April 2023, kurz nach dem Ausbruch der Kämpfe zwischen | |
| Sudans Streitkräften (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF), warnte ein | |
| Bericht von Reuters vor einem Engpass bei der Versorgung mit natürlichem | |
| Gummi aufgrund des neuen Bürgerkriegs. Dieser wirtschaftliche Blickwinkel | |
| auf die Geschehnisse im Sudan ist nicht unüblich. Er spiegelt die begrenzte | |
| Sicht wider, mit der ein Großteil der Welt den sudanesischen Konflikt | |
| betrachtet. Dabei wird der Ernst der Lage immer wieder unterschätzt und auf | |
| wirtschaftliche Folgen reduziert. Die Tragödie des Sudans wird so zu einer | |
| Geschichte, die [1][nur zur Hälfte erzählt] wird. | |
| Diese Verkürzung ist nicht auf westliche Medien beschränkt. Zu Beginn des | |
| Konflikts verließen sich die Sudaner:innen stark auf regionale | |
| Nachrichtensender wie [2][Al Jazeera]. Dessen Berichterstattung rund um die | |
| Uhr und mit lokalen Journalist:innen vor Ort war von unschätzbarem | |
| Wert. Doch nach dem 7. Oktober 2023, als der Gazastreifen in den Fokus der | |
| Medien rückte, wurde sie abrupt unterbrochen. | |
| Sogar bei den afrikanischen Nachrichtenagenturen bleibt der Sudan auf der | |
| Strecke. Ein mit Open-Source-Intelligence-Daten (OSINT) gefüttertes Tool | |
| namens [3][CivicSignal] zeigt, dass auch afrikanische | |
| Nachrichtenredaktionen seit Mitte März fast dreimal weniger über den | |
| sudanesischen Bürgerkrieg berichtet haben als jeweils über die viel stärker | |
| beachteten Konflikte in der Ukraine und im Gazastreifen. | |
| ## Vernächlassigung durch die Medien im eigenen Land | |
| Dem sudanesischen Publikum bleiben nur wenige Möglichkeiten zur | |
| Information: über lokale Medien, deren Arbeit von der Regierung häufig | |
| eingeschränkt wird, oder wenn überregionale und internationale Medien doch | |
| einmal über humanitäre Krisen oder Friedensgespräche berichten. | |
| Auch wenn die bloße Anzahl von Berichten nicht der einzige Gradmesser für | |
| das Engagement eines Mediums für ein bestimmtes Land ist, so illustriert es | |
| die Lage im Falle Sudans doch recht gut. Die Kombination aus seltenen | |
| Meldungen und der oberflächlichen Art der Berichterstattung zeichnet | |
| zusammen ein deutliches Bild von der Vernachlässigung durch die Medien. | |
| Dabei hat sich die Medienlandschaft im Sudan nach der Revolution im Jahr | |
| 2019 verändert: Eine Handvoll unabhängiger Zeitungen versucht seither, sich | |
| von der Kontrolle der Regierung zu lösen. Staatliche Giganten wie der | |
| TV-Sender Sudan National Television beherrschen jedoch nach wie vor den | |
| Äther. | |
| Diese Dominanz führt zu einer einseitigen Sichtweise im Sinne der | |
| Regierung, welche im aktuellen Konflikt die SAF bevorzugt und selbst | |
| Desinformation betreibt. Gerade der Mangel an lokalen Medien stellt ein | |
| erhebliches Hindernis für ein umfassendes Verständnis der Situation im | |
| Sudan dar. | |
| ## Pressefreiheit wird eingeschränkt | |
| Zudem mussten [4][Sky News Arabia] und zwischendurch auch [5][Al Arabiya], | |
| beides prominente regionale TV-Sender, ihre Arbeit aussetzen – wegen | |
| angeblicher „Unprofessionalität und mangelnder Transparenz“. Zwar gibt es | |
| tatsächlich Bedenken bezüglich ihrer Verbindungen zu Ländern, die der | |
| Einmischung in den sudanesischen Konflikt beschuldigt werden. Doch hätten | |
| diese Probleme angegangen werden können, ohne gleich die Pressefreiheit | |
| einzuschränken. | |
| Es ist nicht das erste Mal, dass Konflikte im Sudan von den Medien | |
| übersehen wurden. Vom langanhaltenden Krieg in Darfur bis zur blutigen | |
| Abspaltung des Südsudans hat das Land eine düstere Geschichte von | |
| bewaffneten Auseinandersetzungen, über die nicht ausreichend berichtet | |
| wurde. | |
| Und selbst die Recherchen über die Gewalt bei der Niederschlagung | |
| friedlicher Proteste in den Jahren 2019 und 2021 stützten sich in hohem | |
| Maße auf die Arbeit von Bürgerjournalist:innen in sozialen Medien, | |
| die auf im Internet verfügbare Inhalte zurückgriffen. | |
| Doch während sich die Überprüfung von Online-Quellen während der Proteste | |
| als relativ einfach erwies, ist das im aktuellen Konflikt deutlich | |
| schwieriger. Beide Seiten verbreiten im Internet Propaganda und | |
| Desinformationen, die den Konflikt weiter anheizen. Die SAF und die RSF | |
| kämpfen nicht nur um territoriale Hoheit, sondern auch um die Kontrolle der | |
| Darstellung des Geschehens in den sozialen Medien. Im Kreuzfeuer stehen die | |
| einfachen sudanesischen Bürger:innen. Sie suchen verzweifelt nach | |
| zuverlässigen Nachrichten – und sind dem Informationskrieg hilflos | |
| ausgeliefert. | |
| Die Autorin ist Datenanalystin und Journalistin aus Khartum. Im Mai 2022 | |
| beschrieb sie ihre Flucht aus der umkämpften Stadt. [6][2022 nahm sie an | |
| einem Workshop] der [7][taz Panter Stiftung] in Berlin teil | |
| Sudan: Rangliste der Pressefreiheit: Platz 149 | |
| Dieser Artikel ist am 3. Mai 2024 als Teil einer gemeinsamen Sonderbeilage | |
| der taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen zum Tag der | |
| Pressefreiheit erschienen. Weitere Infos [8][hier]. | |
| 3 May 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Ein-Jahr-Krieg-in-Sudan/!6001608 | |
| [2] https://www.aljazeera.com/ | |
| [3] https://civicsignal.africa | |
| [4] https://www.skynewsarabia.com/ | |
| [5] https://english.alarabiya.net/ | |
| [6] https://www.youtube.com/watch?v=9HGUHGdELf4 | |
| [7] /Panter-Stiftung/!v=e4eb8635-98d1-4a5d-b035-a82efb835967/ | |
| [8] /Krieg-gegen-die-Medienfreiheit/!vn6008357/ | |
| ## AUTOREN | |
| Lujain Alsedeg | |
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