# taz.de -- Fake News und soziale Medien in Ghana: Pressefreiheit als Fassade | |
> Ghana hat fortschrittliche Mediengesetze, aber die Lage der | |
> Journalist:innen hat sich verschlechtert. Fake News in sozialen | |
> Medien verbreiten sich. | |
Bild: Der Investigativjounalist Anas Aremeyaw Anas bleibt besser unerkannt | |
TAMALE taz | Im von autoritären Regimen geprägten Westafrika gilt Ghana als | |
Leuchtturm der Demokratie. In der Verfassung von 1992 werden die Freiheit | |
und Unabhängigkeit der Medien garantiert, Zensur verboten und Lizenzen als | |
Voraussetzung für den Betrieb von Massenmedien abgeschafft. Seither hat | |
Ghana eine Liberalisierung der Medien erlebt. | |
Es gibt heute mehr als 500 kommerzielle Radio- und über 100 TV-Sender. Im | |
Jahr 2001 wurde unter Präsident John Agyekum Kufuor ein Gesetz abgeschafft, | |
durch das Verleumdungen strafrechtlich verfolgt wurden, was der | |
Pressefreiheit einen weiteren Schub gab. Darauf stufte Reporter ohne | |
Grenzen (RSF) das Land 2018 in der Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 1 | |
in Afrika ein und weltweit auf Platz 23, noch vor den USA und | |
Großbritannien. | |
Doch seitdem hat sich die Lage kontinuierlich verschlechtert. | |
Journalist:innen fürchten laut Ghana Journalists Association (GJA) | |
mittlerweile um ihre Sicherheit und Freiheit. Verantwortlich dafür machen | |
zivilgesellschaftliche Organisationen auch Präsident Akufo Addo, in dessen | |
Amtszeit [1][Ghana auf Platz 50 der RSF-Rangliste abgerutscht] ist. | |
Die Liste der Probleme der Journalisten ist heute lang: Manche werden | |
körperlich attackiert, andere von der Polizei behindert und inhaftiert. | |
Oder sie erhalten ominöse Warnungen per WhatsApp und Facebook, nur weil sie | |
ihren Beruf ausüben. Laut Emmanuel Dogbevi vom digitalen | |
Investigativ-Medium [2][Ghana Business News] ist die Pressefreiheit in | |
Ghana „nur noch eine Fassade“. Denn die ghanaischen Politiker seien | |
„zunehmend korrupt und korrupte Politiker mögen keinen kritischen | |
Journalismus“. | |
Neben körperlichen Übergriffen, Drohungen, Einschüchterungen und | |
Inhaftierungen sind die Medien in Ghana mit wachsender Desinformation | |
konfrontiert. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass rund 70 Prozent der | |
Ghanaer:innen Zugang zu den sozialen Medien haben. Diese haben die | |
Bürger:innen zwar in die Lage versetzt, sich zu wichtigen Themen selbst | |
öffentlich zu äußern. Doch zeigen Studien, dass die sozialen Medien in | |
Ghana auch Plattformen zur Verbreitung von Fehl- und Desinformationen sind. | |
So ist eine Zunahme von Fake News und bösartigen Gerüchten zu beobachten. | |
## Soziale Medien als Herausforderung für den Journalismus | |
Die sozialen Medien beschleunigen die Verbreitung von Desinformationen, was | |
eine Herausforderung für den Journalismus ist. Laut dem | |
Medienwissenschaftler [3][Eliasu Mumuni] von der University for Development | |
Studies in Tamale „untergraben Desinformationskampagnen das öffentliche | |
Vertrauen in den Journalismus, was zur Erosion der Glaubwürdigkeit der | |
Presse führt und ihre Fähigkeit schwächt, die Mächtigen zur Rechenschaft zu | |
ziehen“. | |
Besonders in konfliktträchtigen Gebieten im Norden Ghanas werden Fake News | |
zur Eskalation von Konflikten genutzt. [4][In Nachbarländern wie Mali, | |
Niger, Burkina Faso und Guinea-Bissau waren sie der Schlüssel zum Sturz von | |
Regierungen.] Das stärkt Befürchtungen, dass Desinformation bei Ghanas | |
Parlamentswahlen im Dezember entscheidend Einfluss nehmen könnte. | |
Westafrikanische Regierungen haben mit repressiven Gesetzen reagiert, die | |
nach Ansicht von NGOs wie der [5][Media Foundation for West Africa (MFWA)] | |
und Berufsverbänden wie der GJA und der Private Newspapers and Online News | |
Publishers Association of Ghana (Prinpag) dazu Kritiker:innen mundtot | |
machen sollen. Laut dem MFWA-Factchecker Kwaku Krobea Asante sind derzeit | |
in Westafrika mehrere Journalist:innen aufgrund von Cybergesetzen und | |
solchen zur Bekämpfung von Desinformation inhaftiert. Diese Gesetze seien | |
zu den „wichtigsten Instrumenten von Regierungen“ geworden, „um kritische | |
Journalisten zum Schweigen zu bringen“. Das verhindere einen | |
„verantwortungsvollen Journalismus“. Die Ausbreitung von Fake News belaste | |
Medienhäuser auch finanziell, da sie zu deren Bekämpfung Ressorts fürs | |
Fact-Checking einrichten müssen, wofür auch Schulungen nötig seien. | |
Soziale Medien haben auch zur Gründung neuer Medien geführt, in Ghana etwa | |
zum YouTube-Kanal [6][TV Zionfelix] oder einer Vlogger-Figur wie [7][Wode | |
Maya], der bei YouTube über 1,5 Millionen Follower hat. Jetzt richten auch | |
etablierte Medien eigene Social-Media-Auftritte ein und suchen Werbekunden | |
für den Cyberspace. | |
Um ihre Reichweite zu erhöhen, setzen auch zivilgesellschaftliche | |
Organisationen zunehmend auf soziale Medien. Laut Stephen Agbenyo, | |
Geschäftsführer von Savannah Signatures, hat seine NGO in der | |
Öffentlichkeitsarbeit bisher auf traditionelle Medien gesetzt. Jetzt ändere | |
sich das. „Wir haben das meiste in die sozialen Medien verlagert, weil wir | |
dort eine viel größere Wirkung erzielen können.“ | |
Der Autor ist Korrespondent der Ghana Broadcasting Corporation (GBC) für | |
Nordghana und [8][Teilnehmer des Afrika-Workshops 2023/24] der [9][taz | |
Panter Stiftung] | |
Ghana: Rangliste der Pressefreiheit: Platz 50 | |
Dieser Artikel ist am 3. Mai 2024 als Teil einer gemeinsamen Sonderbeilage | |
der taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen zum Tag der | |
Pressefreiheit erschienen. Weitere Infos [10][hier]. | |
5 May 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://rsf.org/en/country/ghana | |
[2] https://www.ghanabusinessnews.com | |
[3] https://uds.edu.gh/staff/emumuni-53680 | |
[4] /Islamistischer-Terrorismus-in-Ghana/!5975165 | |
[5] https://www.mfwa.org/ | |
[6] https://www.youtube.com/channel/UCC7Zg7mHkWgmwGQJuk30QKQ | |
[7] https://www.youtube.com/@WODEMAYA | |
[8] https://www.youtube.com/watch?v=7XcskhWtwwc | |
[9] /Panter-Stiftung/!v=e4eb8635-98d1-4a5d-b035-a82efb835967/ | |
[10] /Krieg-gegen-die-Medienfreiheit/!vn6008357/ | |
## AUTOREN | |
Murtala Issah | |
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