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# taz.de -- Digitale Hongkonger Journalisten im Exil: Zwischen Diaspora und Ide…
> Hongkonger Journalisten in Übersee reagieren auf die pekinghörige
> Politik. 2020 ging sie mit einem repressiven Sicherheitsgesetz gegen
> unabhängige Medien vor.
Bild: Eine Spezial-Ausgabe des Apple Daily, die im Londoner Exil produziert wur…
Vancouver taz | Hongkongs demokratische Massenbewegung von 2019 gegen das
Auslieferungsgesetz hat sich zu einem Kampf mit den pekinghörigen Behörden
entwickelt – auf der Straße, in der Legislative, an den Wahlurnen und in
den Medien. Online-Medien wie [1][Hong Kong Inmedia], [2][TMHK],
[3][StandNews], [4][CitizenNews] waren wichtig für die Bewegung und ihre
soziale Mobilisierung etwa durch Live-Übertragung von Protesten. Sie
durchbrachen den von der Regierung und den pekingnahen Medien vorgegebenen
Rahmen.
Die Behörden sahen im wachsenden Einfluss der Online-Medien eine Bedrohung
und gingen gegen sie vor. StandNews und etablierte prodemokratische Medien
wie [5][Apple Daily] gerieten in den Fokus des [6][Nationalen
Sicherheitsgesetzes] und noch aus der Kolonialzeit stammender Restriktionen
und wurden zur Schließung gezwungen.
Die wachsenden Unsicherheiten, Drohungen, Einschüchterungen und
Verhaftungsrisiken führten dazu, dass sich viele Hongkonger Journalisten
ins Ausland absetzten. Nur dort sahen sie Möglichkeiten, ohne Zensur und
ohne Selbstzensur über die Entwicklungen in Hongkong zu berichten. Laut der
in London ansässigen, im Jahr 2023 gegründeten Association of Overseas
[7][Hong Kong Media Professionals (AOHKMP)] verließen seit 2019 Hunderte
Journalisten die südchinesische Sonderverwaltungsregion.
Demnach wechselten 60 Prozent der ins Ausland gezogenen Journalisten
seitdem den Beruf. Doch manche, die früher etwa für Apple Daily oder
StandNews arbeiteten, haben neue Onlinemedien gegründet. Jetzt berichten
sie in alternativer Form aus dem Ausland über Hongkong-Themen.
## Prodemokratische Berichterstattung aus der Diaspora
Ziel ist die Fortsetzung einer prodemokratischen liberalen
Berichterstattung aus der Diaspora über die Heimat. Sie wollen die mediale
Lücke füllen, die mit dem NSL entstanden ist, und über die zensierten
politischen Nachrichten aus Hongkong offen berichten. Ein weiteres Ziel
sei, Hongkongs besondere Kultur, Sprache und Identität zu bewahren,
erklärten die AOHKMP-Vorsitzenden Steve Vines und Jane Poon gegenüber der
Deutschen Welle.
Neben den drei großen textbasierten, rein digitalen Überseemedien [8][The
Chaser News], The Points, [9][Photon Media] gibt es auch Hongkonger
Überseemedien im (Online-)Radiobereich wie [10][Green Bean Media] oder
Commons. Alle haben gegenüber den in der Stadt verbliebenen Medien sogar
einen Vorteil bei der Berichterstattung über Hongkonger Aktivismus im
Ausland.
Zugleich wurde deutlich, dass Hongkongs kantonesische Kultur inzwischen
eine eigene, subethnische Identität hervorgebracht hat, die sich von
anderen chinesischen Kulturen wie aus der Volksrepublik oder aus Taiwan
abgrenzt. Entsprechend versuchen auch die genannten Hongkonger
Online-Überseemedien, sich von chinesischen Medien im Ausland, die von
Peking kontrolliert werden, abzuheben und zugleich mit ihren Berichten über
Hongkong in die Metropole zurückzustrahlen.
## Hongkonger Exilmedien vs Chinesische Medien im Ausland
The Chaser News behandelt Themen, die für Hongkonger in Übersee interessant
sind, und bringt investigative Berichte in einem professionellen Umfeld.
Ziel ist es nach eigenen Angaben, das interessierte Publikum mit „den
Werten und dem Geschmack der Hongkonger“ zu unterhalten und eine
„wahrheitsgetreue“ und „ungefilterte Tiefenberichterstattung“ zu liefer…
die „keiner offiziellen Zensur“ unterliegt.
Photon Media hat sich auf die Fahnen geschrieben, mit Professionalität und
Wahrheitsliebe, „Nachrichten für Hongkonger“ zu liefern, „die Stimmen der
Hongkonger Diaspora und Andersdenkender“ abzubilden, „Nachrichten aus
Hongkong sowie Hongkong in die Welt zu bringen“ und die Hongkonger „wieder
zu Wort kommen zu lassen“ – im zunehmend „tendenziösen Medienumfeld“ d…
Metropole.
Photon News ist ein Sonderfall unter den Medien im Gastland Taiwan, in dem
es nie über taiwanbezogene Nachrichten berichtet, sondern sich auf
Nachrichten aus Hongkong und dem Ausland konzentriert.
Eine Mischung aus professionellen Journalisten und Exil-Aktivist:innen
produzieren diese Medien in einer Form, die zwischen den traditionellen
Kategorien ethnische Medien, Diasporamedien und Exilmedien liegt. Als quasi
ethnische Medien betreuen und fördern sie die Migrantengemeinschaft; als
Diaspora-Medien müssen sie über Nachrichten aus dem Aufnahmeland wie über
Hongkong berichten und ein besonderes Interesse an dessen Freiheiten und
politischen Problemen haben.
## Hongkong fiel unter eine autoritäte Herrschaft
Dabei sind diese Medien auch wichtig für die Aufrechterhaltung einer
Hongkonger Überseezivilgesellschaft: Sie fungieren als wichtige Plattform
für soziale Bewegungen und Gruppen der Übersee-Hongkonger, indem sie diese
gegen die Unterdrückung der Pressefreiheit immunisieren und Nachrichten
zurück nach Hongkong ausstrahlen. Sie versuchen, die Unterdrückung der
Berichterstattung über „sensible“ Themen wie Proteste und Kritik an der
Regierung in Hongkongs Mainstream-Medien zu durchbrechen.
Hongkongs besondere Stellung war, dass es sich an der Grenze zwischen der
autoritären und der demokratischen Welt befand. Als Medienschaffende ins
Ausland zogen und versuchten, Hongkong-Medien in Übersee zu gründen,
passten sie nicht in die gängigen Muster und Strukturen. Die verstreuten
Hongkonger Überseemigranten definierten den Begriff „Diaspora“ neu. Denn
kein anderer Ort auf der Welt hat in jüngerer Zeit eine Rekolonisierung
erlebt, die quasi direkt nach der Kolonisierung ohne Dekolonisierung
stattfand und die Subethnizität in der Kluft zwischen autoritärer und
demokratischer Gesellschaft erweiterte.
Hongkong war ein Grenzraum, in dem Freiheit und eine freie Presse, die auf
der Basis einer demokratischen, professionellen Haltung agierte, in kurzer
Zeit Wurzeln schlugen, aber dann unter eine autoritäre Herrschaft fielen.
Viele Journalist:innen, die einige Jahre Pressefreiheit genossen hatten,
sahen nur noch die Möglichkeit, Hongkong zu verlassen und ihre Arbeit im
Ausland wieder aufzunehmen.
Der Autor war preisgekrönter Fotojournalist in Hongkong und ist jetzt
Medienwissenschaftler im kanadischen Vancouver
China: Rangliste der Pressefreiheit: Platz 135
Dieser Artikel ist am 3. Mai 2024 als Teil einer gemeinsamen Sonderbeilage
der taz Panter Stiftung und Reporter ohne Grenzen zum Tag der
Pressefreiheit erschienen. Weitere Infos [11][hier].
4 May 2024
## LINKS
[1] https://www.inmediahk.net/
[2] https://www.youtube.com/@truthmediahk
[3] https://en.wikipedia.org/wiki/Stand_News
[4] https://en.wikipedia.org/wiki/Citizen_News
[5] https://en.wikipedia.org/wiki/Apple_Daily
[6] /Meinungsfreiheit-in-Hongkong/!5996351
[7] https://www.aohkmp.org.uk/
[8] https://thechasernews.co.uk/
[9] https://photonmedia.net/
[10] https://www.youtube.com/channel/UCLYWo70xBDrPYJgJsxoX7Qg
[11] /Krieg-gegen-die-Medienfreiheit/!vn6008357/
## AUTOREN
Galileo Cheng
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