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# taz.de -- Schuldspruch wegen „Aufwiegelung“: Hongkong ohne Pressefreiheit
> In Hongkong wurden ein pro-demokratisches Webmedium und zwei
> Ex-Chefredakteure schuldig gesprochen. Sie saßen schon monatelang im
> Gefängnis.
Bild: Chung Pui Kuen nach der Urteilsverkündung
Hongkong/Berlin afp/taz/ap | Rückschlag für die Pressefreiheit in Hongkong:
Ein Gericht hat den Betreiber der pro-demokratischen Nachrichtenplattform
Stand News und deren beiden Ex-Chefredakteure wegen „Aufwiegelung“
verurteilt.
„Ich erkläre die drei Angeklagten für schuldig“, sagte Richter Kwok Wai-k…
am Donnerstag im Gericht des zentralen Verwaltungsbezirks Wan Chai.
Die Journalisten Chung Pui Kuen (54) und Patrick Lam (36) sowie die
Betreiber der 2021 geschlossenen Website waren wegen „Verschwörung zur
Veröffentlichung und Vervielfältigung aufrührerischer Publikationen“
angeklagt. Das Strafmaß wurde noch nicht verkündet.
Die beiden früheren Chefredakteure des chinesischsprachigen Portals saßen
jeweils bereits fast ein Jahr in Haft, berichtete das letzte noch
verbliebene halbwegs regierungskritische englischsprachie Webportral
[1][Hong Kong Free Press] am Donnerstag.
## Vorwurf der Unterstützung von „Hongkongs Autonomie“
In der schriftlichen Begründung des Urteils erklärte Richter Kwok, Stand
News habe die „Autonomie Hongkongs unterstützt und vorangetrieben“. Zudem
sei die Plattform zu einem Werkzeug geworden, um die Behörden der
Zentralregierung in Peking und die Hongkonger Regierung zu „verleumden und
zu diffamieren“.
Die Ironie an dem Urteil ist, dass die Regierung in Peking bei der Rückgabe
der britischen Kronkolonie Hongkong 1997 an China der neuen
Sonderverwaltungszone für 50 Jahre Autonomie und Selbstverwaltung
versprochen hatte nach der Formel „ein Land, zwei Systeme“. Doch hat sich
China immer stärker in Hongkong eingemischt und wollte von der ebenfalls
versprochenen Demokratie ebenso wenig wissen wie von echter Autonomie.
Auch das Mutterunternehmen von Stand News, Best Pencil Limited, wurde jetzt
für schuldig befunden. Das Vergehen kann mit bis zu zwei Jahren Haft
bestraft werden.
Es ist die erste Verurteilung dieser Art seit der Rückgabe an China. Das
Urteil ist ein weiterer herber Rückschlag für die Pressefreiheit in der
Metropole. Die letzten Urteile gegen Journalisten und kritische Medien wie
den früheren [2][Verleger von Apple Daily, Jimmy Lai], erfolgten
überwiegend auf der Basis des am 30. Juni 2020 erlasenen nationalen
Sicherheitsgesetzes, mit dem die damalige Protestbewegung erfolgreich
unterdrückt wurden. Lai sitzt derzeit eine Gefängnisstrafe in
Isolationshaft ab.
## Hongkongs Absturz bei Pressefreiheit von Rang 18 auf 135
Auf der Liste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen ist
die Sonderverwaltungszone Hongkong in den vergangenen zwei Jahrzehnten von
Platz 18 auf Platz 135 abgerutscht.
Stand News wurde 2014 als nicht-kommerzielles Medium gegründet und in zwei
Umfragen der Chinesischen Universität Hongkong in 2016 und 2019 zum
glaubwürdigsten Online-Newsportal der Stadt gekürt.
Strand News erreichte während der pro-demokratischen Proteste in Hongkong
2019 eine große Leserschaft, seine Facebook-Seite zählte bei der nach einer
Razzia erfolgten Schließung von StandNews Ende Dezember 2021 mehr als 1,7
Millionen Likes.
Die Staatsanwaltschaft hatte in dem Prozess zahlreiche Artikel des Mediums
als Beweismittel angeführt, in denen die Beschneidung von Freiheiten in der
früheren britischen Kolonie seit der gewaltsamen Niederschlagen massiver
pro-demokratischer Proteste durch die Zentralregierung in Peking kritisiert
wurde.
## Vorwurf der „Förderung illegaler Ideologien“
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft haben einige der Artikel „illegale
Ideologien“ gefördert sowie das Sicherheitsgesetz und die
Strafverfolgungsbehörden diffamiert. Stand News sei sowohl eine politische
Plattform als auch ein Online-Nachrichtenportal gewesen, erklärten die
Anklagevertreter.
Chung bestritt, dass es sich bei Stand News um eine politische Plattform
gehandelt habe. Lams Anwältin Audrey Eu erklärte, die Reporter von Stand
News hätten die Aufgabe gehabt, nach unabhängigen redaktionellen Standards
zu berichten. „Der Weg für Journalisten, die Pressefreiheit zu verteidigen,
ist das Berichten“, sagte Eu im Namen ihres Mandanten.
Stand News war eines der letzten Nachrichtenangebote in Hongkong, das die
Regierung der Sonderverwaltungszone offen kritisierte. Im Dezember 2021
stellte das Portal den Betrieb ein, nachdem mehr als 200 Polizisten Büros
durchsucht und sieben Journalisten und frühere Vorstandsmitglieder unter
dem Vorwurf festgenommen hatten, diese hätten aufrührerisches Material
veröffentlichen wollen.
Am Donnerstag hatten sich mehr als 100 Menschen zur Urteilsverkündung vor
dem Gerichtsgebäude versammelt. Vertreter mehrere Konsulate, darunter die
USA, Großbritannien und die Europäische Union, wohnten der
Urteilsverkündung bei.
In einem weiteren Prozess wurde am Donnerstag ein Angeklagter wegen eines
angeblich geplanten Bombenanschlags auf die Polizei in Hongkong während der
Proteste im Jahr 2019 verurteilt. Sechs weitere Angeklagte wurden
Medienberichten zufolge von der Jury freigesprochen. Dem Verurteilten Lai
Chun-pong droht nun eine Strafe von bis zu 20 Jahren Gefängnis.
29 Aug 2024
## LINKS
[1] https://hongkongfp.com/2024/08/29/breaking-2-hong-kong-journalists-from-def…
[2] /Demokratieaktivist-in-Hongkong/!6026813
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
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