| # taz.de -- Repressionswelle in Aserbaidschan: Letzte unabhängige Stimme verlo… | |
| > Aserbaidschan verfolgt zunehmend Journalisten und macht Medien mundtot. | |
| > Zuletzt traft es „Turan“, das letzte freie Medium des Landes. | |
| Bild: Staatspräsident Ilham Alijew am Flughafen in Baku | |
| Das älteste und letzte unabhängige Medium [1][Turan], das in Aserbaidschan | |
| gearbeitet hat, schließt seine Türen. In einem Brief von vergangenem | |
| Donnerstag an die Leser*innen begründete Direktor Mehman Alijew den | |
| Schritt mit finanziellen Schwierigkeiten. Man werde sich nicht mehr dem | |
| Nachrichtengeschäft widmen, sondern künftig analytische Beiträge | |
| veröffentlichen, schrieb Alijew, der nicht mit Staatspräsident Ilham Alijew | |
| verwandt ist. | |
| Seit seiner Gründung 1990 habe Turan den Herausforderungen des Übergangs, | |
| des Krieges und der Reformen getrotzt und sich einem Journalismus | |
| verschrieben, der dem öffentlichen Interesse diene. „Dies ist nicht das | |
| Ende unserer Mission, sondern eine Weiterentwicklung. | |
| In der Zukunft des Journalismus wird es nicht nur darum gehen, Nachrichten | |
| zu verbreiten, sondern auch darum, Verständnis zu fördern. Die Geschichte | |
| von Turan ist noch lange nicht zu Ende. Bleiben Sie bei uns“, lautet der | |
| letzte Satz des Briefes. | |
| Tags zuvor hatte Alijew gegenüber Time TV Azerbaijan gesagt, man habe nie | |
| Gelder von USAID oder anderen Stiftungen erhalten sowie keine Beziehungen | |
| zu anderen oppositionellen aserbaidschanischen Medien unterhalten. Die | |
| Arbeit in ihrer jetzigen Form einzustellen, habe niemand verlangt, mit | |
| Inhaftierung sei den Mitarbeiter*innen nicht gedroht worden. | |
| Letztere Äußerung [2][kann bezweifelt werden.] So schrieb der | |
| Oppositionspolitiker Jamil Hasanli in den sozialen Medien über Turan, dass | |
| „der Grund zweifellos nicht nur finanzielle Schwierigkeiten sind, sondern | |
| auch die Politik, die diese Schwierigkeiten verursacht, das Umfeld, die | |
| Verfolgung der Presse und der Meinungsfreiheit.“ | |
| ## Beispiellose Repressionswelle | |
| Vor einer Woche hatte Turan eine Nachricht veröffentlicht, wonach die | |
| Maschine des aserbaidschanischen Präsidenten Baku-1 auf ihrem Flug nach St. | |
| Petersburg am 25. Dezember 2024 anlässlich des GUS-Gipfels „externen | |
| Störungen“ ausgesetzt gewesen sei. Am selben Tag war ein Flugzeug auf dem | |
| Weg von Baku ins tschetschenische Grozny [3][über Kasachstan abgestürzt], | |
| 38 Personen kamen dabei zu Tode. | |
| Baku geht davon aus, dass die Maschine von der russischen Luftabwehr | |
| getroffen wurde. Am 7. Februar zog Turan die Nachricht zurück – und | |
| entschuldigte sich bei seinen Leser*innen, der Artikel sei voreingenommen | |
| und falsch gewesen. | |
| Ob dieser Rückzieher ausreicht, ist fraglich. Bereits seit über einem Jahr | |
| sind Medien in der Südkaukasusrepublik, die Alijew seit 2003 regiert, einer | |
| beispiellosen Repressionswelle ausgesetzt. Die Liste festgenommener | |
| Journalist*innen mit anschließenden Prozessen sowie Schließungen von | |
| Medien wird stetig länger. | |
| Zunächst traf es das Investigativmedium Abzas Media. Sechs | |
| Mitarbeiter*innen werden Devisenschmuggel und weitere | |
| Wirtschaftsdelikte vorgeworfen. Am 25. Januar 2025 fand die dritte Anhörung | |
| statt. | |
| Im Falle einer Verurteilung drohen den Beteiligten bis zu zwölf Jahre Haft. | |
| Vor wenigen Tagen zog die Regierung bei Sputnik Azerbaijan sowie BBC News | |
| Azerbaijan den Stecker. Sputnik gehört zum internationalen Kreml-Sprachrohr | |
| Rossija Segdnja. Zur Begründung hieß es, es müsse eine Parität zwischen | |
| ausländischen Medienvertreter*innen in Aserbaidschan sowie | |
| aserbaidschanien Journalist*innen im Ausland hergestellt werden. | |
| Reporter ohne Grenzen führt Aserbaidschan auf Rang 164 von 180 Plätzen. Das | |
| dürfte 2025 kaum besser werden. | |
| 17 Feb 2025 | |
| ## LINKS | |
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| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
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