# taz.de -- Nach Scholz-Besuch in China: Angst vor „Verzwergung“ | |
> Xi Jinping will laut Olaf Scholz eine Ukraine-Friedenskonferenz | |
> unterstützen. Chinaexperte Bütikofer warnt vor einer „Verzwergung“. | |
Bild: Bundeskanzler Olaf Scholz beim Empfang durch Chinas Machthaber Xi Jinping… | |
BERLIN/BRÜSSEL taz | Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat bei seinen | |
Gesprächen in Peking zum Abschluss seiner dreitägigen Chinareise nach | |
eigenen Worten Fortschritte im Hinblick auf dem russischen Angriffskrieg in | |
der Ukraine erreicht. Demnach unterstütze China eine für Juni in der | |
Schweiz geplante Friedenskonferenz, obwohl Russland eine Teilnahme daran | |
schon abgesagt hatte. | |
„China und Deutschland wollen Bemühungen um Frieden in der Ukraine | |
unterstützen und ermutigen“, sagte Scholz laut Reuters am Dienstag nach | |
einem mehr als dreistündigen Treffen mit Präsident Xi Jinping und einem | |
anschließenden Gespräch mit Ministerpräsident Li Qiang. | |
Beide Seiten seien bereit, sich über die mögliche Ausrichtung der Konferenz | |
wie auch künftiger internationaler Friedenskonferenzen „intensiv und | |
positiv abzustimmen“. Scholz sagte, er habe Xi gebeten, auf Russland | |
einzuwirken, damit Präsident Wladimir Putin „seinen irrsinnigen Feldzug | |
endlich abbricht, seine Truppen zurückzieht und diesen furchtbaren Krieg | |
beendet“. | |
Wieweit Xi bereit sei, dieser seit Kriegsausbruch bekannten Forderung | |
westlicher Regierungen nachzukommen, sagte Scholz nicht. China hatte selbst | |
schon einmal [1][einen vagen Friedensplan vorgelegt], den die Ukraine wie | |
westliche Regierungen als einseitig zugunsten Moskaus ablehnten. | |
## Betonung der Wahrung der Souveränität | |
Es sei gut, dass man sich auf einige Punkte verständigt habe, betonte der | |
Kanzler jetzt. So sei er sich mit Xi einig, dass die Wahrung der | |
Souveränität und der territorialen Unversehrtheit notwendige Grundlagen für | |
eine nachhaltige Friedensordnung seien. | |
Dieses Argument nutzt Peking selbst im Umgang mit Taiwan, das es als | |
abtrünnige Provinz China wertet und damit für Spannungen verantwortlich | |
macht. Von Scholz war erwartet worden, Peking aufzufordern, von seinen | |
Drohungen einer Eroberung der Insel abzusehen. Peking selbst hat den | |
russischen Angriff auf die Ukraine und damit die Verletzung von deren | |
Souveränität nie verurteilt. | |
Scholz hatte zuvor in Shanghai auch die Lieferung sogenannter | |
Dual-Use-Güter aus China kritisiert, die sowohl zivil als auch militärisch | |
und damit von Russland zum Krieg in der Ukraine genutzt werden können. Xi | |
selbst hatte laut einer Erklärung Pekings gesagt, China sei weder Partei | |
noch am Krieg beteiligt. Doch verstärkten China und Russland seit | |
Kriegsbeginn ihre Wirtschaftskooperation und vertieften ihre strategische | |
Partnerschaft. | |
Laut dpa legte Xi vier vage Grundsätze vor, um eine Eskalation des | |
Ukrainekriegs zu vermeiden. Demnach müssten Frieden und Stabilität mehr | |
Priorität bekommen, mehr Mühe zur Entspannung der Lage aufgewendet und | |
Bedingungen zur Wiederherststellung des Friedens geschaffen werden. Auch | |
müssten negative Folgen für die Weltwirtschaft reduziert werden. | |
## Bütikofer: „Scholz hat sich verzwergt“ | |
Scholz wurde bei seiner Chinareise, die ihn zunächst nach Chongqing und | |
Shanghai führte, teilweise von Bundesumweltministerin Steffi Lemke, | |
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (beide Grüne) und Verkehrsminister | |
Volker Wissing (FDP) sowie einer Wirtschaftsdelegation begleitet. | |
Beide Regierungen vereinbarten einen gemeinsamen Aktionsplan zur | |
Kooperation bei Recycling und Ressourceneffizienz. Der Plan sieht einmal | |
pro Jahr hochrangige Treffen der Regierungen zum strategischen Dialog zur | |
Kreislaufwirtschaft vor. Dabei geht es um Materialien wie Plastik und | |
Metalle sowie Produktgruppen wie etwa Verpackungen oder auch Batterien. | |
Unterzeichnet wurde auch eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit im | |
Bereich automatisiertes Fahren. | |
In Reaktion auf die Kanzlerreise warnte der Europaabgeordnete und | |
Chinaexperte Reinhard Bütikofer (Grüne) vor zu enger Anbindung Deutschlands | |
und Europas an China. „China verfolgt langfristig keine Strategie der | |
Partnerschaft, sondern eine hegemoniale Strategie“, sagte Bütikofer am | |
Montagabend in Brüssel gegenüber Journalisten. | |
Scholz hätte daher laut Bütikofer bei seinem Besuch vor allem das | |
Derisking, also die Verringerung von Abhängigkeiten, in den Vordergrund | |
stellen müssen. Stattdessen habe er zunächst Wirtschaftsmetropolen besucht | |
und schöne Bilder produziert. Außerdem habe er darauf verzichtet, | |
chinakritische Verbände und Thinktanks mitzunehmen. | |
„Scholz hätte die Chance gehabt, in China als Vertreter europäischer | |
Entschlossenheit aufzutreten. Diese Chance hat er nicht genutzt. Dadurch | |
verzwergt er sich“, so Bütikofer. | |
16 Apr 2024 | |
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[1] /Chinas-Friedensplan-fuer-die-Ukraine/!5917558 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
Anna Lehmann | |
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