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# taz.de -- Filmpremiere im Aquarium: Rechte sind Privilegien
> Der gemeinsame Kampf für einen Zugang zur deutschen Staatsangehörigkeit
> verbindet die Protagonist:innen des Films „Das Recht, Rechte zu
> haben“.
Bild: Miman Jasarovski, Bahar Sanli und Jennifer Kamau bei der Filmpremiere im …
Im Rahmen des Romnja* Power Months hatten RomaniPhen e.V. und With Wings
and Roots e.V. am Donnerstag ins Aquarium am Südblock geladen, um über die
Bedeutung von Staatsangehörigkeit nachzudenken. Und während die
Besucher:innen der Filmpremiere von „Das Recht, Rechte zu haben –
Kämpfe von Migrant*innen, PoC, Sint*izze & Rom*nja für gleiche Rechte“
mit ihren Stühlen zusammenrückten, stand als Frage des Abends im Raum, ob
die jüngste Reform des Staatsangehörigkeitsrechts zum gesellschaftlichen
Zusammenrücken in Deutschland beitragen wird.
Doch bevor das Filmprogramm startete, gedachte einer der Protagonisten des
Films, Miman Jasarovski, an die [1][jüngsten Opfer des Brandanschlags in
Solingen]. Eine Familie mit bulgarischen Wurzeln, die 29 und 28 Jahre alten
Eltern, ein knapp dreijähriges Kleinkind und ein fünf Monate alter
Säugling. Er sei empört, dass deutschlandweit so spät darüber berichtet
wurde und endete das Gedenken mit der offenen Frage, wer in Deutschland
überhaupt das Recht habe, einen Nachrichtenwert zu haben.
Staatsangehörigkeit heißt Zugehörigkeit
Rechte, oder besser gesagt: das Recht auf Rechte, ist auch das zentrale
Thema des Films. Schnell wurde die Komplexität und Vielfalt, die mit dem
Thema der Staatsangehörigkeit einhergeht, deutlich. In Deutschland leben
aktuell über 12 Millionen Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit.
Darunter 1,5 Millionen Menschen, die keinen deutschen Pass besitzen, obwohl
sie hier geboren sind. Nur wenn mindestens ein Elternteil ein unbefristetes
Aufenthaltsrecht hat, können Kinder bei Geburt die deutsche
Staatsangehörigkeit erhalten. Dadurch, dass tausende Kinder Eltern(teile)
mit einer Duldung haben oder [2][staatenlos] sind, bleibt ihnen über
Generationen hinweg die deutsche Staatsangehörigkeit verwehrt.
Schnell wird die zentrale Stellschraube im Film deutlich:
Staatsangehörigkeit steht in direkter Verbindung zur Zugehörigkeit. Der
Nichtbesitz einer Staatsangehörigkeit bedeutet also eine verwehrte Teilhabe
am gesellschaftlichen Geschehen und eine ständige Angst. Angst vor
Perspektivlosigkeit, Ungerechtigkeiten, Abschiebungen. „Rechte dürfen keine
Privilegien sein“, sagt Bahar Sanli, eine weitere Protagonistin des Films.
Der gemeinsame Kampf für das Recht auf Rechte verbindet die neun
Protagonist:innen. Und es verbindet sie auch der Frust und die Wut über den
mangelnden politischen Willen für einen Zugang zum Recht auf eine
Staatsangehörigkeit. Sanaz Azimipour schließt den Film damit ab, dass für
sie Solidarität das Mittel zur Veränderung sei.
Kein Stopp nach der Staatsbürgerschaftsreform
Im Anschluss an den Film versammelten sich sechs der Protagonist:innen
des Films auf der Bühne für ein Gespräch. Dabei wurde deutlich: sie geben
sich mit der [3][Staatsbürgerschaftsreform] nicht zufrieden. Es sei schön,
dass viele nun zwei Staatsbürgerschaften besitzen können, doch stehe auch
weiterhin die Wirtschaftlichkeit des Menschen als Voraussetzung für eine
Staatsbürgerschaft im Vordergrund. Koray Yilmaz-Gunay ist überzeugt: auch
diejenigen, die keine Steuern zahlen, haben das Recht, wie Menschen
behandelt zu werden.
„Tierschutz hat in Deutschland ein höheres Recht als Menschenrechte“, sagt
Jasarovski bewusst überspitzt. Sanli bringt es auf den Punkt: das Stück
Papier, der deutsche Pass, bringe einem nur institutionell was. Rassismus
könne man nicht durch eine Staatsbürgerschaft abwenden. Jennifer Kamau
schließt sich dem an und appelliert, dass die Wurzeln des Rassismus in
unserer Gesellschaft adressiert werden müssen, da man sonst nur beim
Feuerlöschen verbleibe.
Der Abend endet mit einer musikalischen Einlage von Mal Élevé, der in
seinem Song „Solidaridad“ ausspricht, was wahrscheinlich die meisten an
diesem Abend verbindet: „Ich träume von einer Welt voller Freude, voller
Liebe und voller Hoffnung, in der jeder die gleichen Rechte hat. Für diese
Welt kämpfe ich.“
29 Mar 2024
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## AUTOREN
Maria Disman
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
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