| # taz.de -- Israels Militär in Gaza: Der überzogene Krieg | |
| > Israels Ministerpräsident Netanjahu zeigt sich im Gazakrieg starrsinnig. | |
| > Deutschland ist bei aller Solidarität nicht verpflichtet, eigene Werte | |
| > aufzugeben. | |
| Bild: Szenen der Zerstörung in Gaza inmitten des anhaltenden Konflikts zwische… | |
| Die israelische Regierung hat die Unterstützung, die sie in Europa und | |
| Nordamerika genoss, weitgehend verspielt. Auch in Deutschland läuft kaum | |
| noch jemand herum, der sich hinter Israels Ministerpräsidenten Benjamin | |
| Netanjahu stellen und sagen mag: Lass weiterbomben, Gaza hat es nicht | |
| anders verdient. | |
| Netanjahu findet erkennbar nicht, dass er denen, die stets für die | |
| Interessen seines Landes eingestanden sind, irgendetwas schuldet. Vielmehr | |
| vertraut er darauf, dass seine Impertinenz und Starrköpfigkeit gegenüber | |
| Verbündeten ihm innenpolitisch sogar nützt, ihm daheim weiterhin als Stärke | |
| zugerechnet wird: Zeig’s ihnen, Bibi, hau ihnen ihr weichgespültes | |
| Wohlmeinen um die Ohren! Lass Deutschland, lass die USA ihre diplomatischen | |
| Lieder singen, kämpfen müssen wir hier ohnehin allein für uns. | |
| Das Existenzrecht Israels steht für die Bundesrepublik nicht infrage. Das | |
| muss so bleiben, die Gründe sind alle bekannt. Bisher hieß das, dass auch | |
| die Unterstützung der Bundesrepublik für die Sicherheit Israels nicht | |
| infrage zu stehen habe, was Rüstungslieferungen aller Art mit einschloss. | |
| Das muss nicht so bleiben. Netanjahu fährt im Gazakrieg einen Kurs ins | |
| Nichts. Nichts soll von Gaza übrig bleiben, nichts ist ihm das Leben der | |
| Menschen dort wert, nichts zeigt er an Kompromissbereitschaft für eine | |
| gemeinsame Zukunft mit den PalästinenserInnen. Diese Sicherheitspolitik ist | |
| keine Unterstützung wert – nicht mehr. | |
| Immerhin öffnet das israelische Kriegskabinett nun doch einige | |
| Grenzübergänge für Nahrungslieferungen, ob und wie diese dann verteilt | |
| werden können, muss sich noch herausstellen. Für diesen ersten Schritt aber | |
| bedurfte es der verschärften Drohung der USA, militärische Hilfe zu stoppen | |
| – [1][ausgelöst vom Tod der sieben MitarbeiterInnen der internationalen | |
| Hilfsorganisation World Central Kitchen]. | |
| Das heißt nicht, dass genau jetzt der Punkt erreicht ist, an dem die | |
| Abwägung, ob Israels Krieg Unterstützung verdient, kippen muss. Es gab | |
| schon vorher genug Gründe, zum selben Schluss zu kommen. Es geht nicht | |
| darum, dass das Leben der HelferInnen aus Europa oder Australien irgendwie | |
| wertvoller wäre als die von Kindern, die noch keine Chance hatten, sich | |
| gegen die Hamas zu entscheiden. Der Vorfall – und derzeit ist durchaus | |
| unklar, ob da nicht doch Absicht im Spiel war – illustriert aber, dass die | |
| Kriegsführung Israels sogar noch die Belieferung der hungernden Bevölkerung | |
| in Nordgaza mit Nahrungsmitteln bedroht. Das darf schlicht nicht sein. | |
| Israel hatte das volle Recht, [2][nach den unerträglichen, bis heute kaum | |
| beschreibbaren Attacken der Hamas vor einem halben Jahr] zurückzuschlagen. | |
| Der Krieg gegen die Hamas schließt notwendig zivile Opfer mit ein, solange | |
| diese Terrortruppe ehrlos genug ist, ZivilistInnen als Schutzschilde zu | |
| missbrauchen. Es wäre wünschenswert, dass die Hamas zerschlagen würde, und | |
| der Gazastreifen hätte, wenn, dann nur ohne die Hamas so etwas wie eine | |
| Zukunft. | |
| ## Zu viele Unschuldige sterben | |
| Doch inzwischen stellt sich heraus, dass die Art Krieg, die Israel führt, | |
| zwar viele Hamas-Kader das Leben kostet – aber nur um den Preis, dass zu | |
| viele Menschen sterben, die mit der Hamas nichts am Hut haben, dass zu | |
| viele Regeln, die im Krieg zu gelten haben, gebrochen werden, dass aus der | |
| Gemengelage deutlich wird: Hier wachsen garantiert neue Terrortruppen-Kader | |
| heran. | |
| Natürlich wäre ein Stopp der Rüstungsausfuhren nach Israel zunächst eher | |
| symbolischer Natur. Das Land ist auf Waffen aus Deutschland nicht | |
| angewiesen – wobei sich die Ausfuhrgenehmigungen nach Israel ab dem 7. | |
| Oktober 2023 vervielfacht haben. In jedem Fall würde Netanjahu einen | |
| solchen Exportstopp vermutlich mit Hohn quittieren. | |
| ## Deutschland verliert Glaubwürdigkeit | |
| Doch gibt es sehr berechtigte Zweifel, [3][ob Waffenlieferungen an Israel | |
| überhaupt noch völkerrechtlich zulässig sind.] Deutschland verliert in den | |
| Augen der Welt Glaubwürdigkeit, wenn es an Israel so grundsätzlich andere | |
| Standards anlegt als an andere Länder. Wie will die Bundesregierung noch | |
| auf Basis des Völkerrechts internationale Solidarität mit der Ukraine | |
| einfordern, wenn sie für Israel solche Ausnahmen vom Völkerrecht zulässt? | |
| Es muss der großartigen Demokratie Israel – ja, genau: der einzigen | |
| Demokratie in Nahost – gelingen, ihre aktuelle Regierung abzuschütteln. Mag | |
| sein, die internationale Isolation der Regierung Netanjahu bestärkt ihn und | |
| seine Fans sogar noch in ihrem falschen Stolz. Doch auch die Bundesrepublik | |
| ist nicht verpflichtet, zugunsten einer israelischen Innenpolitik, die nur | |
| auf blinden, verhärteten Trotz setzt, ihre eigenen Werte aufzugeben. | |
| 5 Apr 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ulrike Winkelmann | |
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