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# taz.de -- Anklage wegen Israel-Unterstützung: Staatsräson um welchen Preis?
> Nicaraguas Klage gegen Deutschland wegen Israel-Unterstützung ist
> haltlos. Aber die Bundesregierung muss sich zwischen zwei Dingen
> entscheiden.
Bild: Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock bei ihrer Ankunft in Isra…
Ja, Deutschland misst mit zweierlei Maß. Israel wird anders bewertet als
andere Staaten. Das ist auch in Ordnung, ja sogar eine politische und
moralische Verpflichtung für die Täternation des Holocausts. Die damalige
Bundeskanzlerin Angela Merkel führte dafür 2008 die Formulierung ein,
Israels Sicherheit sei Teil der deutschen Staatsräson. Das klang irgendwie
gut, schien einfach Deutschlands besondere Verantwortung herauszustellen
und ansonsten vor allem: nichts Konkretes zu bedeuten.
Aber Staatsräson, ein zum Glück aus der Mode gekommener Begriff, bezeichnet
ja übergeordnete Gründe, aus denen ein Staat geltendes Recht brechen kann.
Das klingt dann nicht mehr so gut. Und es bedeutet etwas.
Um die Besonderheit des deutschen Verhältnisses zu Israel weiß alle Welt,
und kaum jemand nimmt es Deutschland übel, an das Handeln der israelischen
Regierung besondere Maßstäbe anzulegen. Nur dass Deutschland trotz
„Staatsräson“ immer so tut, als sei das überhaupt nicht der Fall, als gel…
das Völkerrecht selbstverständlich für alle gleichermaßen und als
unterlägen [1][deutsche Waffenlieferungen] an Israel den gleichen
Kriterien, kostet in seiner intellektuellen Unredlichkeit massiv
Glaubwürdigkeit.
Die [2][Klage gegen Deutschland], die Nicaragua jetzt in Den Haag vor dem
Internationalen Gerichtshof vorgebracht hat, ist zwar vollkommen haltlos.
Es geht erkennbar nicht um die Zivilist*innen in Gaza, sondern um den
Versuch der Ortega-Murillo-Diktatur, sich als „mutiger“
Palästinenser-Fürsprecher im Globalen Süden ein Standing zu verschaffen.
Trotzdem ist die Klage ein Symptom dafür, wie isoliert Deutschland und die
USA inzwischen sind. Gerade weil sie Israels stärkste Verbündete und
wichtigste Waffenlieferanten sind, schaut die Welt genau hin, ob sie ihren
Einfluss auf die Regierung in Jerusalem auch tatsächlich nutzen. Und
bislang sieht die Welt da – nichts.
## Glaubwürdigkeit oder Staatsräson?
Deutschland muss sich entscheiden: Ist es möglich, einen Weg der
bedingungslosen Solidarität mit Israel zu finden, der trotzdem nicht
automatisch die Hinnahme [3][jedweden Vorgehens] einer in Teilen
rechtsextremen und zutiefst rassistischen israelischen Regierung bedeutet?
Das hieße, [4][die Hilfe zu konditionieren].
Oder will Deutschland tatsächlich die „Staatsräson“ als einen aus
übergeordneten Gründen vertretbaren Rechtsbruch definieren? Das hieße, die
Glaubwürdigkeit beim internationalen Eintreten für eine „regelbasierte
Weltordnung“ restlos zu verspielen.
Die USA stehen im Übrigen vor dem gleichen Dilemma – bloß dass es dort nur
um eine Präsidentschaftswahl geht, während in Deutschland die richtige
Lehre aus der Vergangenheit verhandelt wird.
8 Apr 2024
## LINKS
[1] /Podcast-Bundestalk/!6002501
[2] /Nicaragua-klagt-gegen-Deutschland/!6000481
[3] /Israel-nutzt-KI-System-Lavender-in-Gaza/!6002476
[4] /Israels-Militaer-in-Gaza/!6000096
## AUTOREN
Bernd Pickert
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