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# taz.de -- Opfer der NS-Militärjustiz: Leerstelle im NS-Gedenken
> In Torgau soll eine Ausstellung an die Opfer der NS-Militärjustiz
> erinnern. Für sie gibt es noch immer zu wenig Aufmerksamkeit und
> Anerkennung.
Bild: Eine Tafel vor der JVA Torgau informiert über die Geschichte des Gefäng…
Es war der verzweifelte Versuch, den drohenden Zusammenbruch mit Terror zu
verhindern. Vor allem in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs, als die
Niederlage schon absehbar war, verurteilte die NS-Militärjustiz
Zehntausende Soldaten als Deserteure oder Kriegsdienstverweigerer zum Tod,
mindestens 23.000 von ihnen wurden auch tatsächlich hingerichtet. Viele
andere wurden in Strafkompanien an der Front verheizt oder jahrelang
inhaftiert. Zuletzt bekamen die Beschuldigten keine Verteidiger mehr
gestellt, Urteile fällten die Richter der fliegenden Standgerichte teils in
wenigen Minuten.
Dass es im sächsischen Torgau, wo der Terror der Militärjustiz ab 1943 sein
Zentrum hatte, bisher keinen angemessenen Dokumentationsort gab, ist
erbärmlich. Immerhin: Die neue Ausstellung, die im August eröffnet werden
soll, verspricht Besserung. Dass die Bundesvereinigung trotz dieser
positiven Entwicklung [1][ihre Zusammenarbeit mit der Stiftung Sächsische
Gedenkstätten] aufgibt, ist aber dennoch verständlich.
Zu lange hatte die [2][sächsische Stiftung] klargemacht, dass das Schicksal
der NS-Militärjustizopfer für sie keine große Relevanz hat. Wichtiger
schien lange das Erinnern an DDR-Unrecht, das immer wieder mit den
epochalen Verbrechen der Nazis und ihrer Helfer [3][gleichgesetzt wurde].
Aber auch außerhalb Sachsens wurde das Schicksal der Militärjustizopfer
lange nicht beachtet. Jahrzehntelang mussten sich die Verurteilten gegen
den Vorwurf wehren, sie hätten ihr Land verraten. Von den verantwortlichen
Militärrichtern wurde später kein einziger verurteilt. Und der Bundestag
rehabilitierte die Deserteure erst 2002, die sogenannten Kriegsverräter
sogar erst 2009. Bis dahin galten die Betroffenen als vorbestraft.
Dabei hätte schon immer klar sein müssen: Es hat Anerkennung verdient, wer
damals versuchte, aus der mörderischen NS-Maschinerie auszusteigen – und
sei es nur, um nicht in den letzten Kriegsmonaten noch sinnlos an der Front
verheizt zu werden.
4 Apr 2024
## LINKS
[1] /Vereinigung-der-NS-Militaerjustiz-Opfer/!6002427
[2] /Gedenken-an-NS-Opfer-in-Sachsen/!5395707
[3] /Gedenkpolitik-in-Sachsen/!5367117
## AUTOREN
Frederik Eikmanns
## TAGS
Schwerpunkt Nationalsozialismus
NS-Justiz
NS-Gedenken
DDR
Buchenwald
Schwerpunkt Demos gegen rechts
IG
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