Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Bombardierung Dresdens: Umstrittenes Gedenken
> Wie der Opfer der Bombardierung Dresdens vor 79 Jahren gedenken? Gar
> nicht, fordern Kritiker:innen – auch weil das für Neonazis
> anschlussfähig sei.
Bild: Luftaufnahme der zerstörten Altstadt von Dresden nach dem Zweiten Weltkr…
Dresden taz | Geplant sind eine Menschenkette, die sich symbolisch um die
Dresdner Altstadt legen soll, Musik in der berühmten Frauenkirche und ein
Rundgang. Diesen Dienstag gedenkt die Stadt Dresden jener 25.000 Menschen,
die starben, als die Alliierten die Stadt vom 13. bis zum 15. Februar
bombardierten. Wie damals fällt das Datum in diesem Jahr auf den
Faschingsdienstag. Die Veranstalter rechnen mit mindestens 20.000 Menschen.
Das diesjährige Motto lautet: „Gemeinsam wachsam“. Neben der Zerstörung d…
[1][Stadt 1945 soll auch an die NS-Diktatur] erinnert werden. Doch so
einfach ist das nicht, kritisiert die Initiative „Dresden Wi(e)dersetzen“,
zu der auch Anne Herpertz (Piraten) gehört. „Uns geht es darum, die Debatte
ins Rollen zu bringen: Warum gedenken wir und wessen?“, sagt sie.
Das öffentliche Gedenken der Stadt konzentriere sich auf das deutsche Leid
und [2][erzähle eine Opfergeschichte von Dresden], findet Herpertz. Doch
Dresden sei „strukturell Täterstadt“ gewesen, erklärt sie der taz. Ihrer
Zerstörung trauernd zu gedenken und zugleich der direkten Opfer des
Nationalsozialismus, das gehe nicht. Deshalb sollte das Gedenken
abgeschafft werden. Die Kritik ist nicht neu, auch andere politische
Gruppen, wie etwa die Grüne Jugend, sprachen sich dafür aus.
Doch Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) hält das „nicht für den
richtigen Weg.“ Bei der Bombardierung starben laut historischer Forschung
rund 25.000 Menschen. „Den Angehörigen sollte, oder muss, Raum gegeben
werden“, entgegnet Hilbert der Kritik. „Ein solches Gedenken hält auch
wach, welches Leid von solchen Extremisten ausgeht.“
## Aufruf der Neonazis
Bisher instrumentalisieren ebenjene Extremist:innen das Gedenken an die
Opfer der Zerstörung Dresdens für sich. Seit mehr als 25 Jahren
mobilisieren Neonazis um den 13. Februar herum nach Dresden –[3][auch am
vergangenen Sonntag] war es wieder so weit. Zu Spitzenzeiten folgten rund
7.000 extreme Rechte dem Aufruf, in diesem Jahr waren es schätzungsweise
bis zu 1.000. Ihnen stellten sich etwa 5.000 Menschen entgegen.
Noch bevor der Gegenprotest am Dresdener Hauptbahnhof loszog, war die
Kritik am offiziellen Gedenken Thema. Etwas mehr als tausend Menschen
warteten dort kurz vor 13 Uhr im kalten Regen, um mit bunten Flaggen,
Plakaten und Schirmen an den Neonazis vorbeizuziehen. Bis dahin lauschten
sie basslastigem Techno und einigen Reden. Eine davon kritisierte das
offizielle Gedenken der Stadt. Es sei anschlussfähig für extreme Rechte und
gehöre deshalb abgeschafft.
Einem Mann mit grauem Schnauzer und dunkelblauem Regenschirm, der den
Protest vom Rande beobachtete, gefiel das gar nicht. „Dass man der Toten
nicht einfach gedenken kann“, sagte er laut, aber vor allem zu sich selbst.
Auf Nachfrage, wie er das meine, reagierte er wütend, sprach erst von
Dresden 1945, dann vom [4][aktuellen Krieg in Gaza] und der Verantwortung
von Jüdinnen und Juden. Etwa zwei Stunden später trottete er, seinen
dunkelblauen Schirm aufgespannt und auf die linke Schulter gelehnt, beim
sogenannten Gedenkmarsch der Neonazis mit.
Schon vorab hatten die Teilnehmer:innen die Anweisung bekommen, nicht
mit der Presse zu reden. Doch auf den Bannern, die über den Marsch verteilt
waren, wurde mehrfach eine verzerrte Opferzahl von 350.000 angegeben. Auf
einem anderen Banner stand: „Gestern Dresden, heute Gaza“.
Letzteres kritisiert Matthias Lüth, ebenfalls Teil von „Dresden
Wi(e)dersetzen“ und Vorsitzender der Jusos in Dresden: „Das
geschichtsrevisionistische und zutiefst antisemitische Banner der Neonazis
durfte ungestört durch die Stadt getragen werden“, sagt er. Währenddessen
versuchte die Polizei erneut, das Banner des Gegenprotests „[5][Nazis
töten]“, zu beschlagnahmen.
Lüth teilt die Bündnismeinung, dass das aktuelle Gedenken abgeschafft
gehöre. Stattdessen wäre es besser, das Gedenken an die Opfer des
Nationalsozialismus am 27. Januar auszubauen. Oder an dem Mahngang auf den
Spuren der NS-Täter:innen in Dresden am 18. Februar teilzunehmen.
13 Feb 2024
## LINKS
[1] /Fachleute-ueber-Erinnerungskultur/!5985835
[2] /Gedenken-an-Bombenangriffe-auf-Dresden/!5988573
[3] /Jahrestag-des-Bombenangriffs-auf-Dresden/!5991529
[4] /Schwerpunkt-Nahost-Konflikt/!t5007999
[5] /Nazimorde-in-Deutschland/!5709442
## AUTOREN
David Muschenich
## TAGS
Schwerpunkt Demos gegen rechts
Schwerpunkt Neonazis
Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg
Rechtsextremismus
Dresden
Erinnerungskultur
Schwerpunkt Nationalsozialismus
NS-Straftäter
Schwerpunkt Rechter Anschlag in Hanau
Dresden
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Opfer der NS-Militärjustiz: Leerstelle im NS-Gedenken
In Torgau soll eine Ausstellung an die Opfer der NS-Militärjustiz erinnern.
Für sie gibt es noch immer zu wenig Aufmerksamkeit und Anerkennung.
Archiv über NS-Akten im Netz: Online lesen, was Nazis raubten
Daten über Berliner Jüdinnen und Juden gehen online. Jeder kann sehen, wen
die Deutschen damals enteignet, deportiert und ermordet haben.
Dokutheater zum Anschlag in Hanau: Hanau, eine Rekonstruktion
„And Now Hanau“ ist eine minutiöse Rekonstruktion des rassistischen
Anschlags. Die Berliner Premiere fand im Rathaus Schöneberg statt.
Jahrestag des Bombenangriffs auf Dresden: Neonazis stehen im Regen
Mehrere hundert Neonazis demonstrieren in Dresden. Der Gegenprotest ist
deutlich größer. Dessen Organisator:innen kritisieren die
Polizeitaktik.
Rassismusvorwürfe in Mölln: Polizist aus dem Dienst entfernt
Offenbar gab es in einer schleswig-holsteinischen Polizeiwache jahrelang
rassistische Äußerungen, toleriert von den Führungskräften.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.