Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gedenkfeier in Buchenwald: Gedenken nicht instrumentalisieren
> Die Absage an Boehm hat die Gedenkfeier davor gerettet, politisch
> instrumentalisiert zu werden und Überlebende zur Staffage werden zu
> lassen.
Bild: Menschen betreten das ehemalige KZ Buchenwald, um des 80. Jahrestages der…
Gedenken an die Opfer der NS-Terrorherrschaft in einem ehemaligen KZ eignet
sich nicht für tagespolitische Auseinandersetzungen. [1][In Buchenwald geht
es darum, das Erinnern an die 56.000 Ermordeten wachzuhalten] und vor
Neonazis heute zu warnen. Zum 80. Jahrestag der Befreiung haben es sich
einige Menschen, die das KZ-System überlebt hatten, nicht nehmen lassen,
den Ort noch einmal zu besuchen.
Es fehlte am Sonntag in Buchenwald nicht an mahnenden Worten. Dennoch war
dieser Tag gestört. Ursprünglich sollte der [2][israelisch-deutsche
Philosoph Omri Boehm] hier eine Rede halten. Doch er blieb der
Veranstaltung fern – auf Bitten des Gedenkstättenleiters [3][Jens-Christian
Wagner], der ihn zuvor selbst eingeladen hatte. Eine Rede Boehms sei „eine
eklatante Beleidigung des Gedenkens an die Opfer“, hatte die israelische
Botschaft in Berlin zuvor erklärt.
Wagner hat mit seiner Absage an Boehm das einzig Richtige getan. Er hat
damit das Gedenken davor gerettet, politisch instrumentalisiert zu werden
und Überlebende zur bloßen Staffage werden zu lassen. Wagner hat zugleich
deutlich gemacht, was er von der israelischen Intervention hält: „Einem
Enkel einer Holocaustüberlebenden das Wort zu versagen, das ist wirklich
das Schlimmste, was ich in 25 Jahren Gedenkstättenarbeit erlebt habe“,
sagte er.
Boehm sprach also nicht. Der israelische Botschafter Ron Prosor mag ob
seines Sieges triumphieren. In Wahrheit ist er der Verlierer, ebenso wie
der Staat Israel. Denn seine Forderung, einem Kritiker der israelischen
Regierung das Wort abzudrehen, wirft ein Licht auf den Zustand der
Vorstellungen von Demokratie unter der Regierung von Benjamin Netanjahu.
Wer diesen Vorstellungen widerspricht, hat sich zu beugen. Aus
oppositionellen jüdischen Stimmen werden Staatsfeinde kreiert. Kritische
Geheimdienstchefs werden entlassen, die Justiz soll enthauptet werden.
## Gedankenfreiheit zulassen
Kritiker werden an den Pranger gestellt. So geschieht es auch mit Boehm:
Der versuche, „unter dem Deckmantel der Wissenschaft“ das Gedenken zu
verwässern. Tatsächlich ist Boehm einer der schärfsten Kritiker der
Regierenden ebenso wie der Linken in Jerusalem. Er spricht sich für die
Universalität der Menschenrechte aus, jenseits von Nation oder Identität.
Er lehnt eine Zweistaatenlösung ab und plädiert für ein gemeinsames Land
von Juden und Palästinensern.
Diese Idee ist in beiden Völkern chancenlos. Sie hat absolut nichts mit dem
eliminatorischen Antisemitismus der Hamas gemein. Man muss diese Idee von
einer Überwindung des Zionismus nicht teilen. Aber doch Gedankenfreiheit
zulassen.
6 Apr 2025
## LINKS
[1] /Geschichte-einer-KZ-Gedenkstaette/!5635806
[2] /Streit-um-Omri-Boehm-in-Buchenwald/!6077339
[3] /Gedenkstaettenleiter-Wagner-zu-Ost-Wahlen/!6015153
## AUTOREN
Klaus Hillenbrand
## TAGS
Buchenwald
Israel
NS-Gedenken
GNS
Zeitzeugen
Buchenwald
Ungarn
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nationalsozialismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Nachruf auf Walter Frankenstein: Mein Freund Walter
Mit 100 Jahren ist der Holocaustüberlebende Walter Frankenstein gestorben.
Unser Autor hat ihn und seine Erinnerungsarbeit begleitet.
Buchenwald-Gedenken: „Das Böse darf niemals wieder siegen“
In Weimar ist an die Befreiung der KZ Buchenwald und Mittelbau-Dora vor 80
Jahren erinnert worden. Ex-Präsident Wulff warnt vor Einbindung der AfD.
Besuch in Budapest: Orbáns roter Teppich für Netanjahu
Ungarn kündigt während des Besuchs den Austritt aus dem Internationalen
Strafgerichtshof an. Netanjahu wird mit militärischen Ehren empfangen.
Staatsumbau in Israel: Netanjahus Machtprobe
Das israelische Kabinett stimmt einem Misstrauensantrag gegen die unbequeme
Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara zu. Die Justiz wehrt sich.
Opfer der NS-Militärjustiz: Leerstelle im NS-Gedenken
In Torgau soll eine Ausstellung an die Opfer der NS-Militärjustiz erinnern.
Für sie gibt es noch immer zu wenig Aufmerksamkeit und Anerkennung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.