# taz.de -- Islamismus-Vorwurf im Fußball: Rechte Fingerzeige | |
> Antonio Rüdiger hat zum Ramadan ein Gebetsfoto veröffentlicht. Jetzt wird | |
> gegen den Nationalspieler gehetzt, er sei ein Anhänger islamistischen | |
> Terrors. | |
Bild: Hamburg 2021: Antonio Rüdiger betet vor einem Länderspiel gegen Rumäni… | |
Antonio [1][Rüdiger] ist eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens. Nun | |
wurde der deutsche Fußballnationalspieler in die Nähe der | |
Terrororganisation „[2][Islamischer Staat]“ gerückt, und er wehrt sich | |
juristisch. Bei der Staatsanwaltschaft Berlin erstattete der 31-jährige | |
Berliner, der bei Real Madrid spielt, Anzeige: „Wegen Beleidigung bzw. | |
Verleumdung, verhetzender Beleidigung sowie Volksverhetzung“. Auch der | |
Deutsche Fußball-Bund (DFB) wurde aktiv und meldete den Vorfall bei der | |
Zentralstelle für Bekämpfung der Internetkriminalität. | |
Darum geht es: Der frühere Chefredakteur der Bild-Zeitung, Julian Reichelt, | |
und das von ihm betriebene äußerst rechte Newsportal Nius hatten am | |
vergangenen Samstag behauptet, Rüdiger zeige bei Instagram den | |
„Islamisten-Gruß, den spätestens seit dem Grauen der ISIS-Terroristen die | |
ganze Welt kennt“. Die Behauptung bezog sich auf ein zu diesem Zeitpunkt | |
bereits zwölf Tage altes Foto, das den bekennenden Muslim Rüdiger auf einem | |
Gebetsteppich zeigt, einen Zeigefinger nach oben gerichtet. | |
Reichelts X-Tweet und Nius’ Artikel erschienen nur kurz nach dem mutmaßlich | |
islamistischen Anschlag in Russland auf ein Rockkonzert. Der Bezug, den | |
Rüdiger jedoch gewählt hatte, war der Beginn des [3][Fastenmonats Ramadan]. | |
Der Fußballprofi hatte dort auf Englisch geschrieben: „Einen gesegneten | |
Ramadan allen Muslimen in der ganzen Welt. Möge der Allmächtige unser | |
Fasten und unsere Gebete annehmen.“ Entsprechend fielen beispielsweise auf | |
Facebook die über 25.000 Kommentare auf Rüdigers Post aus. Fast | |
ausschließlich wünschten die User sich „Ramadan Mubarak“, einen gesegneten | |
Fastenmonat. Irgendein extremistischer oder gar terroristischer Bezug lässt | |
sich nicht finden. | |
Auf die zwei Strafanzeigen reagierte Julian Reichelt nun auf X mit der | |
Behauptung, Rüdiger und der DFB bedienten sich „Einschüchterungsmethoden“. | |
Mit dem Gruß, den Rüdiger gezeigt habe, feierten „Terroristen auf der | |
ganzen Welt ihre Morde“. Er, Reichelt, werde sich „niemals verbieten | |
lassen, das zu sagen“. | |
Muslime und Islamexperten hingegen – auch solche, die gerne für Medien wie | |
Nius als Stichwortgeber für antimuslimische Berichterstattung zu Wort | |
kommen – führen aus, dass Rüdigers Geste nichts mit Terrorismus zu tun hat. | |
Der Psychologe Ahmad Mansour etwa schreibt auf Facebook: „Das Wichtigste | |
zuerst: Die Geste ist religiös, nicht extremistisch; sie symbolisiert den | |
Tauhid, also den Glauben an den einen Gott und damit den Monotheismus.“ | |
## „Solidarität mit Antonio Rüdiger“ | |
Der Publizist Hamed Abdel-Samad äußerte auf X gar: „Antonio Rüdiger hat | |
meine Solidarität.“ Abdel-Samad spricht von Hetze gegen den | |
Nationalspieler, „während man die wahren Islamisten im Lande in Ruhe lässt | |
und sogar politisch hofiert“. | |
Doch Reichelt und seine Plattform finden auch Unterstützer für ihren | |
Versuch, Rüdiger eine sympathisierende Nähe zu islamistischem Terror zu | |
unterstellen. Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch forderte: „Der Mann | |
hat in unserer Nationalmannschaft nichts verloren.“ | |
Nius fährt auch CDU- und CSU-Politiker auf, die sich gegen Rüdiger und das | |
öffentliche Zeigen eines muslimischen Zeichens positionieren. Der | |
CDU-Politiker Ali Ertan Toprak sagt dort, Rüdiger könne nicht „so | |
weltfremd“ sein, als dass er nicht wüsste, dass dies ein Zeichen für den | |
Machtanspruch des IS sei. | |
Und die Vizevorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Andrea Lindholz | |
(CSU), beklagte, Rüdiger solle lieber „das Thema Integration in unserem | |
Land“ nach vorne bringen. Rüdiger wurde 1993 in Berlin-Neukölln geboren, | |
seine Mutter stammt aus Sierra Leone, sein Vater aus Deutschland. | |
Nius behauptet auch: „Der Verfassungsschutz warnt vor dem ausgestreckten | |
Zeigefinger“, bringt als Belege jedoch nur Zitate aus älteren Broschüren | |
über Salafismus, in denen erwähnt wird, dass auch Islamisten diesen Gruß | |
verwenden und dass er „von den Medien als ‚IS-Finger‘ betitelt“ wird. | |
Das für den Verfassungsschutz zuständige Innenministerium teilte der | |
Bild-Zeitung mit, der sogenannte Tauhid-Finger sei „als Glaubensbekenntnis | |
zu verstehen und insofern mit Blick auf die öffentliche Sicherheit als | |
unproblematisch einzuordnen“. Dass der IS und andere islamistische Gruppen | |
das Symbol nutzten, ändere daran nichts. | |
26 Mar 2024 | |
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## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
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