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# taz.de -- USA-Reise von Robert Habeck: Der Trumpelefant im Raum
> Der Wirtschaftsminister ist in den USA, um die Beziehungen zur
> Biden-Regierung zu pflegen. Nebenbei bereitet sich Deutschland auf den
> Worst Case vor.
Bild: Wirtschaftsminister Habeck am Donnerstag auf dem Lafayette Square vor dem…
Washington taz | Zum dritten Mal seit seinem Amtsantritt als
Wirtschaftsminister und Vizekanzler besucht Habeck in dieser Woche die USA.
Mit Joe [1][Bidens Rede zur Lage der Nation] fand am Donnerstag eines der
jährlichen Großereignisse der US-Politik statt. Dennoch stehen Habeck in
Washington viele Türen offen, der Grüne ist dann auch voll des Lobes: Seit
seinem [2][ersten Besuch] habe sich viel getan, schwärmt er. Besonders bei
den Themen Energie und Klimaschutz seien die transatlantischen
Arbeitsbeziehungen „nie besser“ gewesen, behauptet er.
Weil er auf seiner USA-Reise auch über die transatlantische
Raumfahrt-Zusammenarbeit sprechen will, hat der Vizekanzler zwei deutsche
Astronauten dabei. Zusammen mit Alexander Gerst und Matthias Maurer
besuchte der Grünen-Politiker am Donnerstag das Hauptquartier der
US-Raumfahrtbehörde und die für Raumfahrt zuständige Abteilung der
US-Regierung, um dafür zu werben, bei der nächsten Nasa-Mondlandung auch
deutsche Astronauten mitzunehmen.
Doch die Zukunft der deutsch-amerikanischen Zusammenarbeit steht in den
Sternen. Denn wenn der Wirtschaftsminister im kommenden Jahr erneut nach
Washington reisen sollte, könnte dort wieder ein alter Bekannter regieren.
Donald Trump hat sich gerade die republikanische Präsidentschaftskandidatur
gesichert und steht in den Umfragen erschreckend gut da. Er ist der Elefant
im Raum, über den keiner gerne sprechen möchte. Man solle aufpassen, daraus
keine selbsterfüllende Prophezeiung zu machen, warnt Habeck die deutschen
Journalisten bei einem Empfang beim deutschen Botschafter in Washington.
Der Wahlkampf habe noch nicht begonnen. „Deswegen: Es gibt da jetzt keinen
Automatismus.“
## Appell an die wirtschaftliche Vernunft
Trotzdem trifft Deutschland bereits Vorkehrungen für den Fall, dass Trump
erneut gewählt werden sollte. In seiner letzten Amtszeit habe Trump alle
bestehenden Kooperationsformate mit Deutschland „kaputt gehauen“, klagte
Habeck. „Das kann nicht im Interesse der Amerikaner sein“, appelliert er an
deren wirtschaftliche Vernunft. Doch genau das könnte wieder passieren,
sollte Trump es ein zweites Mal schaffen. Trump hat gedroht, die Ukraine
und die NATO ihrem Schicksal zu überlassen und ausländische Produkte mit
hohen Einfuhrzöllen zu belegen. Der Präsident des Bundesverbands der
Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, sieht das nüchtern. „Wer
hier die Mehrheit bekommt, der hat grosso modo die Mehrheit der Wählerinnen
und Wähler hinter sich. Das heißt, wir müssen damit umgehen.“
Russwurm ist in dieser Woche mit deutschen Wirtschaftsvertretern ebenfalls
in Washington, um für den transatlantischen Handel zu werben. Beim Empfang
in der deutschen Botschaft steht der Ingenieur aus Oberfranken neben
Habeck. Nicht jeder Kongressabgeordnete wisse, „dass es fast eine Million
Arbeitsplätze gibt, die deutsche Unternehmen inzwischen hier in den USA
investiert haben“, sagt Russwurm, und „dass es eine ganze Reihe von
Unternehmen gibt, die zwar historisch ein deutsches Headquarter haben, aber
inzwischen mehr Arbeitsplätze in den USA als in Deutschland.“ Das wollen
die Spitzenvertreter des deutschen Industrieverbands deutlich machen.
„Man muss Trump immer wieder aufzeigen, wie aktiv deutsche Unternehmen in
den USA sind und wie viele Arbeitsplätze sie hier schaffen“, sagt die
Politikwissenschaftlerin Laura Daniels von der Denkfabrik Stiftung für
Wissenschaft und Politik (SWP). Die Bundesregierung und die EU müssten
versuchen, jetzt so viele Handelsabsprachen wie möglich zu treffen, etwa
zur gegenseitigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen oder bei wichtigen
Technologien wie Halbleitern, und regelmäßige Treffen auf Arbeitsebene
etablieren. „Danach kann man nur hoffen, dass eine mögliche Trump-Regierung
das nicht alles wieder kassiert.“
## Union lobt Baerbock-Reise
Anders als Annalena Baerbock vor einem halben Jahr sucht Habeck bei seiner
Reise aber keine Gespräche mit Trump-nahen Republikanern. Für ihre
[3][USA-Reise im September 2023] bekam die deutsche Außenministerin sogar
Lob von der Union. Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter bescheinigte
Baerbock, damit exzellente Vorkehrungen für eine mögliche zweite
Präsidentschaft von Donald Trump getroffen zu haben. „Sie reiste weg von
den demokratischen urbanen Küstenstädten, hin zu jenen Kräften, die eher
dem Isolationismus zugeneigt sind, also zu den Republikanern und ihren
Wählern in den ländlichen Gegenden Amerikas.“ Dass sie dem bei
Republikanern beliebten Sender Fox News ein Interview gab, sei ebenfalls
ein „klasse Schachzug“ gewesen, sagt Kiesewetter.
Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Michael Link (FDP), war
ebenfalls in verschiedenen US-Regionen unterwegs, um für den Worst Case
vorzusorgen. Dennoch habe Deutschland immer noch zu wenig getan, um die
eigene Verteidigungsfähigkeit zu stärken, kritisiert Kiesewetter. Sowohl
Demokraten wie Republikaner würden erwarten, dass sie mehr Verantwortung
für ihren eigenen Kontinent und die Nachbarregionen übernehmen – egal, wie
die US-Präsidentschaftswahl im November ausgehe.
Auch jetzt läuft zwischen Deutschland und den USA nicht alles reibungslos.
Zwar hat der russische Überfall auf die Ukraine die Zusammenarbeit beider
Länder beim Thema Energie befördert. Weil Russland als Gaslieferant
ausfiel, trieb Wirtschaftsminister Habeck etwa den [4][Bau von
Importterminals für Flüssigerdgas] (LNG) an den deutschen Nord- und
Ostseeküsten voran. Doch US-Präsident Joe Biden erließ im Januar aus
Klimaschutz-Gründen ein [5][Moratorium für neue LNG-Exportlizenzen].
Mehrere geplante neue Exportterminals an den US-Küsten, die auch
Deutschland beliefern sollten, sind damit gefährdet. Das habe aber keine
größeren Auswirkungen auf die Erdgasversorgung, wiegelt das
Wirtschaftsministerium ab.
## Altlasten aus der Trump-Ära
Andere Altlasten aus der Trump-Ära wirken bis heute fort. So belasten die
von Trump verhängten US-Strafzölle auf Stahl- und Aluminium sowie die
Brüsseler Gegenmaßnahmen weiterhin die Beziehungen. Die US-Seite blockiert
immer noch den Streitbeilegungsmechanismus der Welthandelsorganisation
(WTO), der hier schlichten könnte.
In anderen Bereichen setzt Biden die America-First-Agenda und den
Protektionismus seines Vorgängers fort – etwa mit dem „Inflation Reduction
Act“, einem mehrere hundert Milliarden schwerem Subventionsprogramm, um die
US-Wirtschaft klimafreundlich umzubauen. Zwischen Brüssel und Washington
werde daran gearbeitet, „dass auch Europa unter die Subventionsförderung
fällt“, sagt Habeck. Diese Verhandlungen kommen allerdings nicht so recht
voran – und im Fall eines Wahlsiegs von Trump wären es auch damit vorbei.
Am Freitag trifft sich Robert Habeck in New York mit UN-Generalsekretär
António Guterres. Er wolle sich dabei über die Rolle der Vereinten Nationen
bei den „Krisen der Welt“ austauschen – über den Ukraine-Krieg und „in
besonderem Maße um Israel beziehungsweise den Krieg im Gazastreifen“,
erklärte Habeck vorab. In New York wird sich Habeck auch mit Vertretern der
jüdischen Gemeinde in den USA treffen. (mit dpa und afp)
8 Mar 2024
## LINKS
[1] /Joe-Bidens-Rede-zur-Lage-der-Nation/!5997005
[2] /Robert-Habeck-in-den-USA/!5914606
[3] /US-Reise-von-Annalena-Baerbock/!5957061
[4] /Energiewende-und-Erdgas/!5984529
[5] /Klimaschaedliche-Energietraeger/!5985521
## AUTOREN
Daniel Bax
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