# taz.de -- Bund-Länder-Gipfel zu Flüchtlingspolitik: Plötzlich Harmonie bei… | |
> Beim Bund-Länder-Gipfel zur Migrationspolitik zeigen sich Kanzler und | |
> Länder überraschend einig. NGO und die Linke aber üben deutliche Kritik. | |
Bild: Erstaunliche Harmonie: Boris Rhein und Olaf SCholz bei der Abschluss-Pres… | |
BERLIN taz | Erstaunliche Harmonie, wenig Konkretes: Das | |
Bund-Länder-Treffen zur [1][Asylpolitik] ist am Mittwochnachmittag ohne | |
große Beschlüsse geblieben. Die Länderchef*innen sprachen mit Kanzler | |
Olaf Scholz insbesondere über die schon beschlossene Bezahlkartenlösung für | |
Geflüchtete und deren Arbeitsmarktintegration. | |
Bei der Abschlusspressekonferenz gab sich Scholz zufrieden mit den | |
asylpolitischen Richtungsentscheidungen seiner Bundesregierung: Man habe | |
viele „grundlegende Veränderungen auf den Weg gebracht“. Der Kanzler zeigte | |
sich dabei demonstrativ einig mit dem Vorsitzenden der | |
Ministerpräsidentenkonferenz, Hessens Boris Rhein (CDU). Der wiederum gab | |
sich auffallend zahm und lobte: „Ich hätte mir nicht vorstellen können, | |
dass wir jemals so viel zusammen hinbekommen. Dass wir so viel | |
Geschwindigkeit in das Thema gebracht haben.“ | |
Tatsächlich war die Bundesregierung auf eine der wichtigsten Forderungen | |
der Länder schon vergangene Woche eingegangen. Am Freitag gaben die Grünen | |
ihren Widerstand gegen eine Gesetzesänderung auf, welche die von den | |
Ländern angestrebte Bezahlkartenlösung für Geflüchtete vereinheitlichen | |
soll. Die Karte soll Geldleistungen an Asylbewerber*innen ersetzen und | |
Überweisungen an die Familie im Herkunftsland verhindern. Implizit soll sie | |
wohl auch abschreckend wirken und Menschen davon abhalten, nach Deutschland | |
zu kommen. | |
Im November hatte der Bund den Ländern außerdem zugesagt, Asylverfahren | |
außerhalb Deutschlands in Drittstaaten zu prüfen. Zwar bestätigte | |
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gegenüber dem Spiegel, die Prüfung | |
werde man „intensiv fortsetzen“. Dies reichte den Ländern aber offenbar | |
nicht. Sie forderten von Scholz am Mittwoch, bis zum 20. Juni die Prüfungen | |
abzuschließen. Dann wollen sich die Länderchef*innen erneut mit dem | |
Kanzler treffen, um über die Migrationspolitik zu beraten. | |
## Rhein will wieder über Obergrenze reden | |
Ein weiteres wichtiges Thema war am Mittwoch eine mögliche Arbeitspflicht | |
für Flüchtlinge. Für gemeinnützige Tätigkeiten können die Kommunen [2][ei… | |
solche Pflicht bereits jetzt verhängen]. Eine Arbeitspflicht für | |
sozialversicherungspflichtige Jobs ist nach aktueller Gesetzeslage aber | |
nicht möglich. Genau die fordern seit einigen Tagen nun verschiedene | |
Unionspolitiker*innen. Eine Entscheidung zu diesem Thema gab es am Mittwoch | |
nicht, auf der Abschlusspressekonferenz äußerte sich weder Scholz noch | |
Rhein dazu. | |
Sehr wohl sprach Rhein indes eine weitere Forderung an, die zuletzt aus | |
Reihen der CDU und CSU zu hören war und die eine weitere Verschärfung der | |
Asylpolitik bedeuten würde. Er nannte es „legitim“, über eine Obergrenze | |
für Geflüchtete nachzudenken. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder | |
(CSU) hatte eine solche Obergrenze zuletzt wieder ins Gespräch gebracht. | |
Menschenrechtsorganisationen sind über das, was Scholz und Rhein am | |
Mittwoch mit so lobenden Worten besprachen, freilich entsetzt. Tareq Alaows | |
von Pro Asyl fasst die Folgen der Bezahlkarte etwa so zusammen: „Die | |
Kommunen erhalten große Freiheiten, Menschen zu diskriminieren.“ Die | |
Arbeiterwohlfahrt und der Paritätische Gesamtverband warnen in einem | |
offenen Brief, die Einführung werde „Armut vergrößern und Teilhabe | |
verhindern“. Auch die Diakonie sprach sich gegen die Pläne aus. Die | |
flüchtlingspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Clara Bünger, | |
nannte die Überlegung zu Asylverfahren in Drittstaaten einen „unerhörten | |
Tabubruch, der massiv gegen Menschenrechte verstößt“. | |
6 Mar 2024 | |
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## AUTOREN | |
Frederik Eikmanns | |
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