# taz.de -- Mutmaßliche NSU-Helferin: Anklage gegen Zschäpe-Vertraute | |
> Susann Eminger war die engste Vertraute der NSU-Terroristin Zschäpe. Nun | |
> klagt die Bundesanwaltschaft sie doch noch wegen Terrorhilfe an. | |
Bild: Tatverdacht hat sich offenbar erhärtet: Bundesanwaltschaft erhebt Klage … | |
BERLIN taz | Lange sah es aus, als könnte [1][Susann Eminger] straffrei | |
davonkommen. Dabei war die Sächsin die engste Vertraute von Beate Zschäpe. | |
Sie half ihr noch bei der Flucht, als der „Nationalsozialistische | |
Untergrund“ (NSU) im November 2011 aufflog. Nun erhob die | |
Bundesanwaltschaft doch noch Anklage gegen sie. | |
Susann Eminger und ihr Mann [2][André Eminger] begleiteten das 1998 | |
abgetauchte NSU-Trio Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt über Jahre, als | |
dieses in Zwickau lebte. Immer wieder gab es wechselseitige Besuche, beide | |
Frauen besuchten Stadtfeste oder Cocktailabende. Das Trio schenkte der | |
Familie Eminger auch einen Besuch ins Disneyland Paris. Zugleich nutzte | |
Zschäpe Susann Eminger als einen ihrer Alias-Namen. Als der NSU im November | |
2011 aufflog, fuhr André Eminger Zschäpe nach Chemnitz zum Bahnhof, von wo | |
aus diese flüchtete. Susann Eminger gab ihr Wechselkleidung. | |
Die Bundesanwaltschaft wirft Susann Eminger nun vor, Zschäpe mehrmals auch | |
ihre Krankenkassenkarte überlassen zu haben, damit die Rechtsextremistin | |
Arzttermine wahrnehmen konnte. Auch für Bahncards habe sie ihre Personalien | |
zur Verfügung gestellt. Zudem sei Susann Eminger mit ihrem Mann André und | |
Uwe Böhnhardt Ende Oktober 2011 zu einer Ausleihstation gefahren, um ein | |
Wohnmobil anzumieten, mit dem der NSU seinen letzten Raubüberfall verübte. | |
Die Bundesanwaltschaft wirft der Mittvierzigerin die Unterstützung einer | |
terroristischen Vereinigung sowie Beihilfe zu einer schweren räuberischen | |
Erpressung mit Waffen vor. Verhandelt werden soll ihr Prozess vor dem | |
Oberlandesgericht Dresden. Gegen Susann Eminger war bereits seit Auffliegen | |
des NSU ermittelt worden. Lange Zeit sah es so aus, als würde das Verfahren | |
eingestellt. So waren im September 2022 bereits Ermittlungen gegen [3][fünf | |
weitere mutmaßliche NSU-Helfer eingestellt worden]. Gegen Susann E. und | |
drei weitere mögliche Helfer wurde damals aber weiter ermittelt. | |
## Offenbar neue Erkenntnisse zu Susann Eminger | |
Gegen Susann Eminger habe sich der Tatverdacht nun „nach neueren | |
Erkenntnissen weiter erhärtet“, teilte die Bundesanwaltschaft am Mittwoch | |
mit. Welche das sind, wollte eine Sprecherin auf Nachfrage nicht sagen. | |
Offenbar wurden die bisherigen Erkenntnisse nochmal zusammengeführt und so | |
bewertet, dass ein hinreichender Tatverdacht gegen Susann Eminger | |
angenommen wird. Festgenommen wurde sie bisher nicht. | |
Der Grünen Rechtspolitiker Konstantin von Notz sagte der taz am Mittwoch | |
zur Anklage: „Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Terrorserie des NSU | |
nicht vollständig aufgeklärt ist, insofern begrüßen wir, dass der | |
Generalbundesanwalt sich zu der Anklage entschlossen hat.“ Er hoffe, dass | |
dies „ein weiterer Schritt“ sei zu mehr Klarheit für die Opfer und | |
Angehörigen. | |
Seine Parteikollegin Irene Mihalic nannte es „bemerkenswert“, dass sich der | |
GBA solange Zeit für die Anklage ließ. Der andauernde Schwebezustand in dem | |
sich die Ermittlungen zum NSU-Umfeld befunden hätten, habe auch die | |
parlamentarische Aufarbeitung ausgebremst weil die Akten unter Verschluss | |
blieben. Mihalic forderte am Mittwoch: „Wir müssen die Hintergründe | |
vollständig aufarbeiten, nicht nur juristisch sondern auch | |
parlamentarisch.“ | |
Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt hatten nach ihrem Abtauchen 1998 in | |
Thüringen versteckt in Chemnitz und Zwickau gelebt. Von 2000 bis 2006 | |
erschoss der NSU neun Menschen mit Migrationsgeschichte, 2007 dann eine | |
Polizistin in Heilbronn. Zudem verübte die Gruppe drei Sprengstoffanschläge | |
in Nürnberg und Köln und 15 Raubüberfälle. | |
Am 4. November 2011 hatten sich Böhnhardt und Mundlos nach einem | |
gescheiterten Bankraub in Eisenach in einem Wohnmobil erschossen. Zschäpe | |
zündete anschließend die Wohnung des Trios in Zwickau an und verschickte | |
eine Bekenner-DVD des NSU. Nach vier Tagen Flucht stellte sie sich der | |
Polizei. 2018 wurde Zschäpe vor dem Oberlandesgericht München zu einer | |
lebenslangen Haftstrafe mit besonderer Schwere der Schuld verurteilt. Sie | |
sitzt ihre Strafe derzeit in der JVA Chemnitz ab. | |
Mitverurteilt wurden in München drei Helfer des NSU – einer davon André | |
Eminger. Er erhielt eine zweieinhalbjährige Haftstrafe, weil auch er für | |
das Trio Bahncards besorgt und Wohnmobile angemietet hatte. Die | |
Bundesanwaltschaft hatte damals jedoch 12 Jahre Haft gefordert und | |
nahegelegt, dass Eminger auch der vierte Mann des NSU gewesen sein könnte. | |
Dessen eigener Verteidiger nannte Eminger einen „Nationalsozialist mit Haut | |
und Haar“. | |
## Zweifel an Ausstiegswillen von André Eminger | |
Auch Susann Eminger war in der rechtsextremen Szene aktiv und soll an | |
Treffen der [4][inzwischen verbotenen „Artgemeinschaft“] teilgenommen | |
haben. Im NSU-Prozess in München wurde sie als Zeugin geladen und | |
verweigerte die Auskunft. Ein Opfer eines NSU-Bombenanschlags 1999 in | |
Nürnberg, wollte Susann Eminger auch auf einem Polizeifoto wiedererkannt | |
haben. Dieser Punkt ist aber nicht Teil der aktuellen Anklage der | |
Bundesanwaltschaft. | |
André Eminger befindet sich seit anderthalb Jahren in einem sächsischen | |
Aussteigerprogramm. Er will dem Rechtsextremismus angeblich abgeschworen | |
haben. Nicht nur die Angehörigen der NSU-Opfer [5][haben daran Zweifel]. | |
Zum NSU-Helfernetzwerk wird nach der Anklage gegen Susann Eminger nur noch | |
gegen zwei weitere Männer ermittelt, [6][Pierre J. und Herrmann S.] Sie | |
sollen in Zwickau dem Trio eine Pumpgun verschafft haben. Die Ermittlungen | |
gegen den zuletzt noch Beschuldigten André K., der Spenden für das Trio | |
sammelte, waren im Frühjahr 2023 eingestellt worden. | |
Aktualisiert und ergänzt am 28.02.2024 um 13: 45 Uhr. d. R. | |
28 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
Sabine am Orde | |
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