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# taz.de -- Film über Grafikdesigner von Pink Floyd: Als Pop noch Kunst war
> In„Squaring the Circle“ feiert Anton Corbijn die Plattencover der
> Grafikdesigner Hipgnosis. Die zeigen noch den Exzess der Rockmusik in den
> 70ern.
Bild: Designer von Hipgnosis mit grafischem Überzug: Peter Christopherson, Aub…
Sieht nach Drogentrip aus: Eine kolorierte Cartoon-Collage samt Weltraum
und Dr. Strange, samt Mandala und Landschaft. Und irgendwo mittendrin
hocken langhaarige, junge Typen mit Schnäuzern und Hüten. Das Cover des
zweiten, 1968 erschienenen Albums der Band Pink Floyd war deren erste
Zusammenarbeit mit dem [1][britischen Designstudio Hipgnosis] – und setzte
bildlich Maßstäbe für Generationen westlicher Rockmusik.
In Anton Corbijns Dokumentarfilm „Squaring the Circle“ wird die Geschichte
der Londoner Grafikagentur erzählt. Vieles ist bekannt, jedenfalls bei den
Fans von Pink Floyd, 10cc, den Wings oder Led Zeppelin. Damals, das wissen
jene Fans nur zu gut, war die „Cover Art“, die kunstvoll gestaltete
Plattenhülle, ein hundertprozentiger Teil der Rezeption von Musik. Im Fall
von Hipgnosis, gegründet Ende der 60er Jahre vom Kunststudenten und
Roger-Waters-Intimus Storm Thorgerson und dem Fotografen Aubrey „Po“
Powell, fügen die enigmatisch-surrealen Cover der musikalischen Ebene eine
eigene dazu – die nicht unbedingt etwas mit der Musik zu tun haben muss.
Denn dass der 2013 verstorbene Thorgerson ein so sturköpfiges wie
kompromissloses Genie gewesen sein muss, darüber sind sich die Zeitgenossen
und Freund:innen, allen voran Powell, einig. Auch die, die ihn erst spät
kannten: Corbijn hat als „jüngere“ Stimme den Oasis-Gründer Noel Gallagher
eingeladen, der die 70er nostalgisch-eingeschnappt als „Golden Age des
Musikbusiness“ bezeichnet – damals habe man Musik noch als Kunst begriffen,
heute sehe man sie als Konsumware.
Corbijn hat seine Interviewpartner:innen per Kunstgriff im gleichen
Schwarz-Weiß aufgenommen, in dem auch die Originalinterviews mit den jungen
Hipgnosis-Mitgliedern gestaltet sind. Visuell bekommt der mündliche Kanon
damit eine eindeutige Linie, aus der sich die bunten, kunstvollen Cover
eindrucksvoll abheben. Zudem konnte Corbijn sich die Rechte für die
dazugehörige Musik sichern und setzt sie großzügig ein.
## Sammelsurium aus affirmativen Erinnerungen
Dennoch kann auch das psychedelischste Pink-Floyd-Stück nicht darüber
hinwegtäuschen, dass der Film eigentlich doch nur ein Sammelsurium aus
affirmativen Erinnerungen ist: Ruhelos türmt Corbijn Anekdote auf Anekdote,
lässt Zeitzeugen streiten, wer das Wort „Hipgnosis“ („hip“ für angesa…
„gnosis“ für weise) wirklich erfunden hat, und trotzt ihnen Dönekens ab
über die ersten Studiolampen (klaute Storm von Roman Polanskis Filmset für
„Ekel“!), Syd Barretts Abstieg und Paul McCartneys Extrawürste („wollte
immer nur seine eigenen Ideen umsetzen!“).
Das sind hübsche Geschichten – mehr aber auch nicht, und neue schon gar
nicht. Am spannendsten wird der Film, wo er versucht, die
Rezeptionsunterschiede zwischen analogem und digitalem Arbeiten
herauszustellen: Wenn auf einem Cover von The Nice scheinbar 60 rote
Fußbälle in der Sahara liegen, dann lagen sie wirklich da – und das
aufwendige, sündhaft teure Fotoshooting, bei dem die Bälle auch noch
unaufgeblasen aus England eingeflogen wurden, kündet von der fatalen
Mischung aus „success and excess“, aus der Rockmusik in den 70ern bestand.
Und die mit der geheimnisvollsten aller Hipgnosis-Ideen, dem
Spektrumspyramiden-Cover zu Pink Floyds „The Dark Side of the Moon“ auch
immer das Gegenteil der Megalomanie mitdachte. Für das ikonische Bild und
das ebensolche Album hatten zwei Künstlergruppen (musikalische und
visuelle) sich kräftig aus dem Unbewussten bedient.
Aber das war bei Hipgnosis eh Programm: Die Geschichte des aufblasbaren
Schweins vom „Animals“-Cover wird (bis auf [2][die jüngsten Vorwürfe gegen
Waters]) nacherzählt, und auch das phallusartige Objekt von der
Led-Zeppelin-„Presence“-Platte, das (vermutlich nicht nur) vom Monolithen
in „2001 – Odyssee im Weltraum“ beeinflusst war, schaukeln Gesprächspart…
in der Hand.
„Vinyl ist die Kunstsammlung der armen Leute“, zitiert sich Gallagher gen
Ende selbst. Da hat er recht – insofern kann man Corbijns Film als
unterhaltsame Museumstour betrachten.
14 Mar 2024
## LINKS
[1] /Ausstellung-zu-Plattencover-in-Berlin/!5537939
[2] /Bertelsmann-Music-Group-und-Roger-Waters/!5989737
## AUTOREN
Jenni Zylka
## TAGS
Film
Cover
Popmusik
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