| # taz.de -- Nach dem Brandanschlag gegen Tesla: Baumfreunde gegen Autoliebhaber | |
| > In Grünheide wird Elon Musk von jubelnden Mitarbeitenden empfangen. | |
| > Derweil wollen Umweltaktivisten weiter den Ausbau des Werks | |
| > verhindern. | |
| Bild: Protest gegen den Ausbau der Tesla Gigafactory am 10.03.2024 in Grünheide | |
| Grünheide taz | Aus einem Festzelt vor dem Tesla-Werk in Grünheide dröhnen | |
| am Mittwochvormittag Techno-Bässe hinüber. Hunderte Mitarbeitende in | |
| dunkler Kleidung sind aus der Entfernung in und außerhalb des Festzeltes zu | |
| sehen. Sie warten auf [1][Tesla-Chef Elon Musk.] Dieser kommt Minuten | |
| später mit einer Kolonne aus drei Tesla-SUVs vorgefahren. „Welcome Elon!“, | |
| hallt es wenig später zu den zahlreichen Pressevertretern herüber, die das | |
| Spektakel nur vom Werkszaun beobachten dürfen. Gut eine Woche stand die | |
| Produktion nach einem Brandanschlag der linksradikalen „Vulkangruppe Tesla | |
| abschalten“ still. | |
| Diese bekannte sich zu [2][der gezielten Sabotage] eines Strommastes am 5. | |
| März, der die etwa 10 Kilometer entfernte Gigafactory sowie einen Teil der | |
| umliegenden Haushalte in Grünheide versorgte. Der Werksleiter André Thierig | |
| ging zunächst von einem finanziellen Schaden im „hohen neunstelligen | |
| Bereich“ aus. Nun ist Elon Musk höchstpersönlich angereist, um die | |
| Wiederaufnahme der Produktion zu feiern. Als ein Journalist ihn fragte, ob | |
| das Werk weiterhin ausgebaut werden soll, antwortete er nur: „Ja, absolut!“ | |
| Szenenwechsel drei Tage zuvor nach Grünheide: Hunderte Menschen gehen nach | |
| dem Anschlag auf die Straße, um „für“ oder „gegen“ Tesla zu demonstri… | |
| Als sich die „Tesla stoppen“-Demonstration langsam dem Ortskern von | |
| Grünheide nähert, positioniert sich die Sprecherin der lokalen Grünen, | |
| Lucia Maack, lieber ein paar Meter vom Wegrand entfernt. Mit vielen der | |
| Gruppen, die an diesem Sonntag gegen Tesla demonstrieren, stand Maack schon | |
| auf der Straße: Nabu, Grüne Liga, Berlin autofrei: Es sind die | |
| traditionellen Verbündeten der Grünen. | |
| Doch heute steht Lucia Maack im dunkelblauen, rot-weiß karierten | |
| Wintermantel mit ihren zwei kleinen Söhnen, ihrem Mann und den Fahrrädern | |
| der Familie auf der anderen Seite. Auf der Seite jener, die mit Tesla | |
| arbeiten und Kompromisse finden wollen, statt „Tesla den Hahn abzudrehen“, | |
| wie es das Anti-Tesla-Bündnis fordert. Erst gerade hat sie auf der | |
| Kundgebung der Tesla-Sympathisanten im Bürgerpark Grünheide gesprochen, hat | |
| ein Ende der „Spirale der Ablehnung“ beschworen. | |
| Doch die Spirale ist heute bereits in vollem Gange. Als der | |
| Demonstrationszug die Tesla-Sympathisanten erreicht, wird es hässlich. | |
| „Tesla – den Hahn abdrehen“, skandiert der Protestmarsch.„Geht mal zu V… | |
| geht mal zu Leag, die verbrauchen 100-mal mehr Wasser“, antwortet ein | |
| Tesla-Befürworter. „One struggle, one fight, water is a human right“, | |
| schallt es zurück. „Haut ab, ihr Schweine! Ihr Affen! Ihr | |
| Kohlefetischisten! Wer seid ihr? Was wollt ihr hier?“, ruft ein Demonstrant | |
| am Straßenrand.„What do we want? Climate Justice! When do we want it? | |
| Now!“, schallt es von der Straße zurück. | |
| Auf den Straßen von Grünheide wird in diesen Wochen ein Konflikt sichtbar, | |
| der die gesellschaftliche Linke noch lange beschäftigen wird. Hier streiten | |
| sich reformorientierte Grüne und Sozialdemokraten mit | |
| [3][antikapitalistischen Degrowthern]. Es geht um den Umgang mit dem | |
| Megakonzern Tesla, mit seinen Verstößen beim Arbeits- und Umweltschutz, | |
| dem mangelnden Respekt vor demokratischen Prozessen, zum Beispiel wenn es | |
| um die Genehmigungsverfahren für das E-Auto-Werk in Grünheide geht. | |
| Es geht um giftige Industrieabwässer und die Tatsache, dass eine Fabrik wie | |
| die von Tesla zwar Arbeitsplätze bringt, aber auch steigende Mieten in der | |
| Region. Und es geht auch um die viel grundsätzlichere Frage, ob die in | |
| Grünheide produzierten, zwei Tonnen schweren Elektro-SUVs des rechten | |
| Milliardärs Elon Musk wirklich eine Lösung für die Klimakrise sein können. | |
| Drei Stunden vor der „Tesla stoppen“-Demo am Sonntag läuft Manual Hoyer, | |
| die Frau, die den Protest nach Grünheide geholt hat, durch einen | |
| moosbewachsenen Wald, keine zwei Kilometer vom Ortskern von Grünheide | |
| entfernt. Der Wald war mal eine künstlich angelegte und dürreanfällige | |
| Kiefernmonokultur. Mittlerweile jedoch stehen neben den hohen Kiefern auch | |
| viele Laubbäume. Schon in zehn oder fünfzehn Jahren könnten sie mit den | |
| Kiefern auf Augenhöhe sein. | |
| Knapp 50 Meter von der Landstraße entfernt haben hier rund 80 | |
| Aktivist:innen ihr Camp aufgeschlagen. Mit Ästen gesäumte Pfade führen | |
| in den Wald hinein zu Baumhäusern, Zelten und einem Materiallager. Bei | |
| einer Sitzgruppe aus Baumstämmen steht ein Klavier. Die Besetzer:innen | |
| wollen Tesla daran hindern, den Wald zu roden, um sein Werk um weitere | |
| circa 100 Hektar zu vergrößern. So will der Konzern künftig eine Million | |
| Autos pro Jahr produzieren. | |
| Manuela Hoyer trägt einen blauen Anorak und leicht verdunkelte | |
| Brillengläser. Sie ist Vorsitzende der [4][Bürgerinitiative Grünheide]. | |
| Seit 2019 klar wurde, dass die Landesregierung Brandenburg eine | |
| Elektroautofabrik direkt an einem Trinkwasserschutzgebiet bauen lassen | |
| will, engagiert sie sich gegen Tesla. | |
| Hoyer, 63 Jahre alt, ist ein gern gesehener Gast hier im Wald. Für die | |
| Besetzer:innen, von denen fast niemand aus Grünheide selbst kommt, ist sie | |
| das lokale Gesicht des Widerstands. Sie gibt Interviews und korrigiert auch | |
| mal eine Pressesprecherin der Besetzung, wenn die sich bei den Details der | |
| Kommunalpolitik in Grünheide als nicht 100 Prozent faktenfest erweist. „Die | |
| Bürgerbefragung hat die Gemeinde initiiert, nicht die Bürgerinitiative“, | |
| gibt sie ihr mit auf den Weg. 62 Prozent der Grünheider:innen hatten im | |
| Februar bei einer Befragung durch die Gemeinde gegen die | |
| Werkserweiterungspläne von Tesla gestimmt. Das Votum ist für die | |
| Gemeindevertretung nicht bindend. | |
| Hoyer hat der Brandanschlag der Vulkangruppe mitgenommen. „Das ist ein | |
| friedliches, kreatives Camp hier, und dann machen die so eine Scheiße“, | |
| sagt sie. Der Anschlag schade ihrer Arbeit. „Wir protestieren hier seit | |
| 2019 friedlich, aber jetzt werden wir von Politik und Medien alle in einen | |
| Topf geworfen.“ Bei der „Vulkangruppe Tesla stoppen“ hat Hoyer sich mit | |
| ihrer Distanzierung keine Freunde gemacht. | |
| Drei Tage nach deren Brandanschlag landet eine E-Mail in Hoyers Postfach. | |
| Betreff: Nachschlag zum Brandanschlag auf Tesla. Absender: Die | |
| Vulkangruppe. „Wir glauben nicht der Sache geschadet zu haben“, schreiben | |
| sie. „Wir empfehlen den Bürger:innen, den Gruppen vor Ort und in den | |
| Baumhäusern sich weniger (…) von dem Distanzierungsdruck beeinflussen zu | |
| lassen.“ Und in Bezug auf Elon Musk, der die Täter in einem Tweet als die | |
| „dümmsten Öko-Terroristen der Welt“ bezeichnete, schreibt die Gruppe zum | |
| Abschied: „Gruß und Kuss, eure dümmsten Ökoterrorist:innen der Welt“. | |
| Hoyer ficht das nicht an. Sie ist überzeugt von ihrem friedlichen Ansatz, | |
| ihren Methoden. Seit 20 Jahren wohnt die ehemalige Verwaltungsangestellte | |
| in der Region, von ihrer Zweizimmerwohnung im Ortsteil Mönchwinkel sieht | |
| sie die Spree. Sie weiß, wie knapp das Wasser bei ihr in der Region ist, | |
| sieht selbst, [5][wie Dürresommer nach Dürresommer] dem Fluss zugesetzt | |
| hat. „Ich konnte mir das in meinen übelsten Träumen nicht vorstellen“, sa… | |
| Hoyer. „Dass die Landesregierung quasi eine Chemiefabrik hier ins | |
| Trinkwasserschutzgebiet stellt.“ | |
| Hoyers Sorge um die Wasserqualität in Grünheide scheint berechtigt. Zuletzt | |
| sorgte ein Bericht des regionalen [6][Wasserverbands Strausberg-Erkner | |
| (WSE)] für Schlagzeilen. Laut dem Verband überschreite Tesla „ständig und | |
| in erheblicher Weise“ die Schadstoffgrenzwerte für Phosphor und | |
| Gesamtstickstoff. Teilweise seien die Grenzwerte um das bis zu Sechsfache | |
| überschritten worden. Selbst ein Entsorgungsstopp für das Abwasser der | |
| Tesla-Fabrik war im Gespräch. | |
| Einer, der lange Zeit für die Entsorgung genau jenes Abwassers zuständig | |
| war, ist Henryk Pilz. Der Bürgermeister von Erkner war bis vor einer Woche | |
| noch Vorsitzender der Verbandsversammlung des WSE. Unter seiner Leitung war | |
| eine Sondersitzung zum Tesla-Bericht anberaumt worden. Doch als sich das | |
| Gremium nicht zu einer Entscheidung durchringen konnte, trat Pilz zurück. | |
| In der Versammlung sei es um die Interessen verschiedenster Akteur*innen | |
| gegangen, aber nicht um die Interessen der Bürger*innen. Er sagt: „Es hat | |
| hier jemanden gebraucht, der auf den Tisch haut und ein Zeichen setzt.“ Bei | |
| seiner Entscheidung sei es jedoch um mehr als nur um Tesla gegangen. Dem | |
| Verband bleibt Pilz als einfaches Mitglied erhalten. | |
| Für die Anwohner:innen geht es in Grünheide um ihr Zuhause, um die | |
| Zukunft der Region. Doch der Kampf um die Tesla-Fabrik ist längst auch ein | |
| Symbol für den globalen Kampf ums Wasser geworden, der sich durch die | |
| Klimakrise noch verschärfen dürfte. Das zeigt sich auch bei den Menschen, | |
| die Manuela Hoyers Aufruf zu der „Tesla stoppen“-Demo an diesem Sonntag | |
| gefolgt sind. | |
| Da ist Alex Wernke, 35, der gerade mit Aktivist:innen der Bewegung | |
| „Aufstände der Erde“ aus Frankreich durch Deutschland tourt. Ob die | |
| geplanten Mega-Pipelines zur Flutung der Tagebaue im Rheinland, ein | |
| Amazon-Logistikzentrum am Trinkwasserschutzgebiet bei Nürnberg oder den | |
| Kampf für eine nachhaltige Landwirtschaft bei Kassel – gemeinsam wollen sie | |
| die sich an vielen Orten zuspitzenden Verteilungskämpfe ums Wasser in | |
| Deutschland verbinden. Nach Grünheide geht es weiter zu lokalen | |
| Wasserschützer:innen in der Lausitz. | |
| ## Wasserdeckelungen ab 2025 | |
| Da ist Elster, 28, aus einem Dorf in Süddeutschland, studierte*r | |
| Umweltingenieur*in und Ausbildung zum/zur Baumpfleger*in. Seit dem | |
| Aufbau der Besetzung lebt Elster in einem der Baumhäuser und will nicht | |
| länger hinnehmen, in einer Welt zu leben, in der Profitinteressen von | |
| Konzernen über den Interessen der Menschen stehen. „Mich treibt ein | |
| Gerechtigkeitsempfinden an – auch in Bezug auf die Ungerechtigkeiten des | |
| Neokolonialismus“, sagt Elster. | |
| Da ist Stephen Musaruwa aus Botswana, der die Besetzung in Grünheide für | |
| [7][Fridays for Future Afrika] besucht. „Ihr wisst alle, was gerade im | |
| Kongo passiert, oder?“, fragt er. „Die Einnahmen aus den Kobalt-Minen | |
| finanzieren dort den Bürgerkrieg.“ Kobalt ist ein essenzieller Bestandteil | |
| moderner Lithium-Ionen-Batterien. Laut der Bundesanstalt für | |
| Geowissenschaften und Rohstoffe ist der Kongo einer der zehn wichtigsten | |
| Rohstofflieferanten Deutschlands. | |
| Es sind Argumente, die auch der Sprecherin der Grünheider Grünen Lucia | |
| Maack nicht fremd sind. Wie groß der Teil von ihr sei, der gerne bei der | |
| Anti-Tesla-Demo mitlaufen würde? „Zehn Prozent“, sagt die 36-jährige und | |
| lacht. Aber wegen dieser Grundsatzargumente „Tesla den Hahn abzudrehen“, | |
| das sei ihr zu radikal. Schließlich habe der Wassermangel in der Region | |
| auch schon vor Tesla bestanden. Allerdings werden ab dem nächsten Jahr alle | |
| etwa 170.000 Menschen, die zum WSE gehören, von Wasserdeckelungen betroffen | |
| sein und dürfen dann gerade einmal 105 Liter Wasser pro Person pro Tag | |
| verbrauchen. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 128 Litern pro Tag. In | |
| Grünheide betrifft das nicht alle. Etwa die Hälfte der Haushalte gehört zu | |
| einem anderen Wasserverband und hat mit den Problemen, die die Gigafactory | |
| dem WSE bereitet, deutlich weniger zu tun. | |
| Tatsächlich gehört Brandenburg zu den trockensten Regionen Deutschlands. | |
| Seit Jahren ist sie von Dürre betroffen. Auch wenn die extreme Dürre laut | |
| Expert*innen des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung bundesweit | |
| vorerst vorbei ist, erholen sich Brandenburgs Böden langsamer von den | |
| Dürrejahren als andere Bundesländer. | |
| Maack sieht sich allen voran als Vertreterin der Grünheider:innen. Sie will | |
| mit ihnen ins Gespräch kommen. Auch deshalb hat sie sich entschieden, auf | |
| der Kundgebung im Bürgerpark Grünheide zu sprechen. Auch wenn sie nicht | |
| alle Argumente ihrer Co-Redner von der Industrie- und Handelskammer, der IG | |
| Metall und der SPD teilt, hofft sie hier mit den Menschen vor Ort ins | |
| Gespräch zu kommen. „Wir brauchen mehr offene Gesprächsorte“, sagt sie. D… | |
| basale Kapitalismuskritik der Demonstrierenden aus aller Welt mache die | |
| Lage vor Ort nicht einfacher. | |
| Um 13.51 Uhr strömen genau jene aus dem RE1 auf den Parkplatz des Bahnhofs | |
| Fangschleuse in Grünheide. Gruppen wie Attac, Extinction Rebellion oder | |
| Robin Wood. Sie alle haben zu der Demo in Grünheide mobilisiert. Nur 20 | |
| Minuten dauert die Fahrt vom Berliner Ostkreuz bis hierher. Manuela Hoyer | |
| steigt auf die Ladefläche eines umgebauten Lkws und nimmt ein Mikro in die | |
| Hand. „Die Gemeinde hat die Grünheider:innen befragt. Ich hätte es | |
| selber nie gedacht, aber wir haben zu 62 Prozent mit Nein gestimmt. Wir | |
| Grünheider:innen wollen die Tesla-Fabrik nicht!“ | |
| Manchmal verliert Hoyer mitten im Satz kurz die Orientierung, muss neu | |
| ansetzen. Der Menge ist das egal. Immer wieder brandet Applaus auf. „Bisher | |
| wurde alles über unsere Köpfe hinweg entschieden“, sagt Hoyer. In der | |
| Öffentlichkeit tue Tesla so, als bräuchten sie zusätzliche Waldflächen für | |
| die Werkserweiterung, um einen Güterbahnhof zu bauen. Dabei hätten sie in | |
| einem früheren Bebauungsplan dazu längst die Genehmigung gehabt. | |
| Stattdessen habe man sich entschieden, andere Gebäude zu bauen. | |
| „Das ist eine Verarschung der Bevölkerung hier, jetzt so zu tun, als ob sie | |
| klimafreundlich sind und den Verkehr von der Straße auf die Schiene bringen | |
| wollen. Das hätten sie schon längst tun können. Sie haben es nicht getan.“ | |
| Um sich von der Gegenkundgebung abzugrenzen, hat Hoyer blaue Bänder für die | |
| Seite des Protestzugs organisiert, die am Bürgerpark Grünheide vorbeilaufen | |
| wird. Das Blau steht für das Wasser, das sie schützen wollen. | |
| Die Gegendemonstrant:innen stehen zwei Kilometer weiter im Bürgerpark | |
| Grünheide. Es ist eine Kundgebung unter dem Motto #Grünheidegestalten, | |
| organisiert von einem lokalen SPD-Mitglied. Rund 200 Menschen aus Grünheide | |
| und Mitarbeiter:innen von Tesla stehen hier zusammen. Es gibt | |
| Brötchen, Bratwurst und Buletten. | |
| Lucia Maack betritt die Bühne. Lange habe sie darüber nachgedacht, ob sie | |
| heute hier sprechen wolle. Demo und Gegendemo – Maack findet das nicht | |
| hilfreich. Die 62 Prozent Nein der Grünheider:innen sieht Maack nicht | |
| als das klare Mandat gegen Tesla, wie Hoyer das versteht. Das Ergebnis | |
| zeige für sie vielmehr, „dass die Menschen in Grünheide bisher nicht | |
| ausreichend beteiligt wurden“. Veränderung bringe oft Unsicherheit mit | |
| sich. „Eine einfache Abstimmung mit Ja oder Nein wird dem Diskussionsbedarf | |
| nicht gerecht!“ | |
| Nach der Kundgebung sagt Maack: Sie sei kein großer Fan von motorisiertem | |
| Individualverkehr. Aber wenn, dann elektrisch. Und irgendwo müssten sie | |
| gebaut werden. Im ländlichen Raum sei man schließlich aufs Auto angewiesen. | |
| Ein älterer Ex-Politiker, der neben ihr steht, sagt: „Wir müssen den | |
| Menschen sagen, dass sie was von Tesla haben.“ Der Bahnhof zum Beispiel, | |
| von dem der Regionalexpress jetzt häufiger nach Berlin fährt. Und der | |
| Radschnellweg nach Erkner. | |
| Maack ist vor vier Jahren aus Berlin nach Grünheide gezogen, wohnt hier in | |
| einem Einfamilienhaus im Ortsteil Altbuchhorst. Sie weiß, dass sie manch | |
| einem städtischen Grünen vielleicht nicht radikal genug sei. Aber die Lage | |
| auf dem Land sei nun mal eine andere als in der Stadt. „Die AfD könnte hier | |
| über 40 Prozent bekommen“, sagt sie. „Wir sind hier viel mehr auf Bündnis… | |
| mit anderen demokratischen Parteien angewiesen als in Berlin.“ Etwas | |
| entfernt von der Kundgebung steht ein Tesla-Mitarbeiter in Lederjacke, sein | |
| Kind im pinken Strampler vor sich auf dem Bauch. Eigentlich dürfe er nicht | |
| mit der Presse sprechen. Aber er sei heute hier, weil er für seinen | |
| Arbeitgeber einstehe. | |
| Die Vorwürfe, bei Tesla häuften sich die Arbeitsunfälle, hält er für | |
| überzogen. „Vorher habe ich als Tischler auf dem Bau in Berlin gearbeitet“, | |
| sagt er. Einmal sei er mit einer Bohrmaschine abgerutscht, habe sich durch | |
| die Hand gebohrt. Jetzt fahre er Gabelstapler in der Logistik, habe Zugang | |
| zum Tesla-eigenen Fitnessstudio, verdiene besser und müsse nicht mehr den | |
| ganzen Tag schwer schleppen. „Ich glaube, der Ausbau mit Ausbildungswerk | |
| und Kita wäre eine große Chance für Grünheide“, sagt er. „Gerade wenn i… | |
| an die Zukunft denke.“ | |
| Dann nähert sich die Anti-Tesla-Demo, mit lauten Trillerpfeifen und | |
| „Anti-Anticapitalista“-Rufen. Der Mitarbeiter flüchtet mit seinem Kind von | |
| der Straße in die Eingangshalle eines Seniorenheims.„Macht ihr super! Geht | |
| weiter, na komm, macht mal“, ruft ein Grünheider, der von der von der SPD | |
| mitorganisierten Kundgebung kommt, dem Protestzug zu. „Wer hat uns | |
| verraten, Sozialdemokraten!“, schallt es zurück. | |
| Ein paar Meter entfernt steht Lucia Maack. „Das ist nicht nur der schwarze | |
| Block hier, das sind auch Umweltaktivisten“, sagt sie zu einem Grünheider | |
| neben ihr. „Ich hab sehr gemischte Gefühle, wenn ich das sehe.“ Das | |
| Vorgehen von Tesla, den bereits in einem früheren Bebauungsplan genehmigten | |
| Güterbahnhof nicht zu bauen und stattdessen jetzt neue Flächen zu fordern, | |
| findet sie „schwierig“. Eine Salamitaktik, eine Umkehrung der | |
| Verantwortung, bei der es jetzt so wirke, als ob die Kommunalpolitik dafür | |
| sorgen müsste, dass Tesla mit dem Güterbahnhof mehr Verkehr von der Straße | |
| auf die Schiene bringen kann. | |
| Warum sie dann trotzdem hier auf Seiten derjenigen steht, die weiter mit | |
| Tesla arbeiten wollen? „Einfach Tesla den Hahn abdrehen, das ist mir zu | |
| absolut“, sagt Maack. Die Brandenburger Grünen versuchten Tesla kritisch zu | |
| begleiten. In den ersten Antragsunterlagen hatte Tesla noch ein Werk ohne | |
| geschlossenen Produktionswasserkreislauf geplant. Nach Einwendungen unter | |
| anderem der Grünen Liga Brandenburg habe Tesla dann seine Pläne angepasst: | |
| seitdem gebe es sowohl einen geschlossenen Produktionswasserkreislauf als | |
| auch eine dezentrale Regenwasserversickerung. | |
| Die Abwässer der Produktion reinigt Tesla mittlerweile selber und führt das | |
| gereinigte Wasser wieder in den Produktionskreislauf zurück. Aber Tesla hat | |
| noch einen zweiten Prozess, in dem nach wie vor Abwässer entstehen. Das mit | |
| Schadstoffen angereicherte Wasser aus Sanitäranlagen, Duschen und Küche ist | |
| noch immer ein Fall für den WSE. | |
| Trotz einer unterschwelligen Anspannung herrscht im Waldcamp am Mittwoch | |
| noch reges Treiben. Holzstücke werden durch die Gegend getragen, | |
| Neuankömmlinge lernen am Seil zu klettern. Die offizielle Duldung des | |
| Baumhausdorfes läuft am Freitag aus. Obwohl sie eine Verlängerung ihrer | |
| Duldung angefragt haben, bereiten die Besetzer*innen sich am Dienstag | |
| und Mittwoch schon mit „Räumungsworkshops“ darauf vor, dass ihr Dorf bald | |
| von der Polizei gestürmt wird. | |
| „Es ist wichtig, dass die Leute wissen, worauf sie sich einlassen“, erklärt | |
| Pressesprecher:in Leo. Trotzdem wollen die Aktivist:innen nicht | |
| aufgeben. „Wir bleiben so lange, bis klar ist, dass die Fabrik nicht gebaut | |
| wird!“, bekräftigt Leo. Ob der Besuch vom Tesla-Chef sie beunruhigt? | |
| Pressesprecher René Sander verneint: [8][„Elon Musk ist nicht ins Berghain | |
| gekommen], er wird auch nicht in den Wald reinkommen!“ | |
| 13 Mar 2024 | |
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| [1] /Der-Rechtslibertarismus-des-Elon-Musk/!5962309 | |
| [2] /Brandanschlag-auf-Tesla-Werk/!5994711 | |
| [3] /Wachstumskritisches-Denken/!5960802 | |
| [4] https://www.bi-gruenheide.de/ | |
| [5] /Landwirtschaft-in-Klimakrise/!5865074 | |
| [6] https://www.w-s-e.de/startseite | |
| [7] https://twitter.com/FFF_Africa | |
| [8] https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/04/elon-musk-party-berghain-berl… | |
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