| # taz.de -- Abtrünnige Region Transnistrien: Russland soll helfen | |
| > Wegen einer Wirtschaftsblockade durch die Republik Moldau hat die Region | |
| > Transnistrien Russland um Schutz gebeten. | |
| Bild: Mitte Februar gab Außenminister Sergei Lawrow zu Protokoll, Russland sor… | |
| Russland, dein Freund und Helfer: „Abgeordnete“ der international nicht | |
| anerkannten [1][Region Transnistrien] (PMR) haben am Mittwoch bei der | |
| Sitzung eines „Sonderkongresses von Deputierten aller Ebenen“ Moskau um | |
| Unterstützung gebeten. Das berichteten russische Nachrichtenagenturen. In | |
| einer Erklärung heißt es, wegen einer Wirtschaftsblockade durch die | |
| Republik Moldau rufe man Russland dazu auf, Transnistrien zu schützen. | |
| Zudem verabschiedeten die Kongressteilnehmer*innen einen Appell an | |
| den UN-Generalsekretär, die Interparlamentarische Versammlung der | |
| Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS), die OSZE, das Europäische | |
| Parlament sowie das Internationale Rote Kreuz. In dem Appell werden „die | |
| Gewährleistung von sozialen und humanitären Rechten, der Interessen und | |
| Freiheiten aller Bewohner*innen des linken Dnjestr-Ufers sowie die | |
| Verhinderung einer Eskalation des Konflikts gefordert. Auch müsse man | |
| wieder zu dem „5+2“-Verhandlungsformat zurückkehren. | |
| Das oppositionelle russische Nachrichtenportal insider.ru zitiert einen | |
| Militärkorrespondenten namens Juri Kotenok, dem zufolge der Präsident | |
| Transnistriens Wadim Krasnoselski den politisch Verantwortlichen Moldaus | |
| „eine Politik des Völkermordes“ gegen die abtrünnige Region des Landes | |
| vorgeworfen habe. | |
| Die Mehrheit der rund 470.000 Bewohner*innen Transnistriens sind | |
| ethnische Russ*innen und Ukrainer*innen, 200.000 sollen mittlerweile | |
| auch russische Pässe besitzen. Anfang der 90er Jahre, nach dem | |
| Zusammenbruch der Sowjetunion, spaltete sich die Region im Zuge eines | |
| Bürgerkrieges mit rund 1.000 Toten von der Republik Moldau ab und rief | |
| einen eigenen Staat aus. | |
| Entgegen den Vereinbarungen eines Waffenstillstandes vom Juli 1992 sind in | |
| Transnistrien bis heute 1.500 bis 2.000 russische Soldaten – nominell als | |
| Friedenstruppen – stationiert. In dem Dorf Kolbasna befindet sich ein Depot | |
| mit rund 20.000 Tonnen Munition, die noch aus Sowjetzeiten stammt. | |
| Ebenfalls in den 90er Jahren begannen Verhandlungen – am Format „5+2“ war… | |
| Moldau, Transnistrien, die OSZE, Russland, die Ukraine, die USA und die EU | |
| beteiligt –, um den sogenannten eingefrorenen Konflikt zu lösen. Die | |
| Vermittlungsbemühungen blieben ergebnislos und liegen mittlerweile auf Eis. | |
| Jahrelang galt Transnistrien, das wirtschaftlich total von Russland | |
| abhängig ist, unter der Kontrolle der dubiosen Holding „Scheriff“ als | |
| idealer Umschlagplatz für Schmuggelgeschäfte aller Art. Diese entzogen sich | |
| ebenfalls jeglicher Kontrolle durch die moldauische Regierung in Chișinău. | |
| Im Jahr 2006 initiierte der Sonderkongress die Durchführung eines | |
| Referendums. Bei dieser Volksabstimmung sollen sich angeblich 97 Prozent | |
| der Wähler*innen für die Unabhängigkeit Transnistriens sowie eine | |
| Vereinigung mit Russland ausgesprochen haben. Doch die erwünschten Folgen | |
| blieben aus. Moskau blieb passiv, die vorhandenen Instrumente des Kreml, | |
| Einfluss zu nehmen, reichten offensichtlich aus. | |
| Mittlerweile und vor allem seit dem Beginn von Russlands Angriffskrieg | |
| gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 hat sich die Situation entscheidend | |
| geändert. Unter der Ägide von [2][Moldaus Präsidentin Maia Sandu], die seit | |
| 2020 im Amt ist, und ihrer Regierung ist die Republik stramm auf Westkurs. | |
| Im Juni 2022 erhielt das Land zusammen mit der Ukraine den Status eines | |
| Beitrittskandidaten der Europäischen Union. Auch aus seinen Ambitionen, der | |
| Nato beizutreten, macht Chișinău keinen Hehl. | |
| Reaktionen in Russland auf derartige Absetzbewegungen ließen nicht lange | |
| auf sich warten. Vor allem seit Dezember 2023 fielen mehrmals Äußerungen, | |
| wonach Moskau russische Bürger*innen im Ausland (in Transnistrien) | |
| schützen müsse. Mitte Februar gab Außenminister Sergei Lawrow zu Protokoll, | |
| Russland sorge sich um seine Bürger*innen in Transnistrien und werde | |
| nicht zulassen, dass diese 200.000 Personen zu Opfern gemacht würden. | |
| Zur Erinnerung: Die Begleitmusik zu Russlands groß angelegter Invasion in | |
| die Ukraine 2022 hatte ähnlich geklungen. Nur, dass „Russ*innen“ in den | |
| ostukrainischen Gebieten Luhansk und Donezk herhalten mussten, deren | |
| Menschenrechte angeblich massiv verletzt worden seien. Anfang 2024 holte | |
| die Regierung in Chișinău zu einem weiteren Schlag aus – es traten | |
| veränderte Steuergesetze in Kraft. Bislang waren transnistrische Betriebe | |
| bei Im- und Exporten von fällig werdenden Zöllen befreit gewesen. Jetzt | |
| müssen sie zahlen, sowohl an den transnistrischen Haushalt als auch an den | |
| moldauischen. Chișinău hat die Kontrolle, denn die Grenze zur Ukraine ist | |
| dicht. Übrigens gehen 70 Prozent der Exporte Transnistriens in die EU. | |
| Für den moldauischen Politikanalysten Oazu Nantoi, einen der besten Kenner | |
| Transnistriens schlechthin, hat der Ukrainekrieg den Status quo zerstört. | |
| Der jetzige skandalöse Sonderkongress sei auf Geheiß Moskaus einberufen | |
| worden, sagte Nantoi in einem Interview mit dem ukrainischen Webportal | |
| Ukrainska Pravda. Die Anerkennung der Unabhängigkeit Transnistriens durch | |
| Russland sei nicht auszuschließen, aber von einer Annexion der Region könne | |
| keine Rede sein. Putin sei an dem Landstreifen nicht interessiert, sondern | |
| an der ganzen Republik Moldau, auf die Russland über Transnistrien Einfluss | |
| genommen habe. | |
| Apropos Putin: Am Donnerstag dieser Woche und damit kurz [3][vor der | |
| sogenannten Präsidentenwahl in Russland] wird der Kremlchef seine Rede zur | |
| Lage der Nation halten. Ob darin auch Transnistrien Erwähnung finden wird? | |
| Das Moskauer Außenministerium nannte den „Schutz“ der Bewohner | |
| Transnistriens am Mittwoch „Priorität“. | |
| 28 Feb 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
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