| # taz.de -- Belagerte Stadt Goma in Kongo: Eingekesselt und genervt | |
| > Seit Monaten ist die Provinzhauptstadt Goma durch den Krieg mit den | |
| > M23-Rebellen vom Rest des Landes abgeschnitten. Spannungen und Elend | |
| > nehmen zu. | |
| Bild: Sympathisanten und Angehörige „patriotischer“ Milizen weisen in Goma… | |
| Goma taz | Eine Spirale von Gewalt und Verzweiflung hat Goma im Griff. Die | |
| seit Monaten andauernden Kämpfe zwischen der Armee der Demokratischen | |
| Republik Kongo und der von Ruanda unterstützten Rebellenbewegung M23 | |
| (Bewegung des 23. März) haben die ostkongolesische Millionenstadt direkt | |
| an der ruandischen Grenze in einen Zustand der Quasi-Erstickung versetzt, | |
| in dem das Alltagsleben immer schwieriger wird und soziale Spannungen | |
| zunehmen. | |
| Gomas Lebensmittelversorgung aus dem fruchtbaren und dicht besiedelten | |
| Umland ist schwer eingeschränkt, da alle wichtigen Zufahrtsstraßen | |
| [1][entweder unter M23-Kontrolle stehen oder ins Kriegsgebiet führen] und | |
| für den zivilen Verkehr gesperrt sind. Waren kommen nicht mehr durch, die | |
| Preise auf den städtischen Märkten gehen durch die Decke. „Seit die Straßen | |
| nach Masisi und Rutshuru blockiert sind, gibt es kaum noch Gemüse auf dem | |
| Markt und wenn, dann doppelt so teuer wie früher“, sagt Gorette Byanze, die | |
| eine neunköpfige Familie zu versorgen hat. | |
| Die Straße aus Goma nach Norden in den Agrardistrikt Rutshuru in Richtung | |
| der ugandischen Grenze steht seit fast zwei Jahren unter M23-Kontrolle und | |
| die Straße ist nur noch für Motorräder passierbar, die nur wenig Waren | |
| transportieren können. | |
| Nach Westen in die Masisi-Berge, sehr fruchtbar und sehr mineralienreich | |
| zugleich, ist ebenfalls kein sicheres Durchkommen mehr, seit die Rebellen | |
| strategische Positionen auf den Hügeln rings um den Verkehrsknotenpunkt | |
| Sake 27 Kilometer westlich von Goma besetzt halten, von wo aus es entweder | |
| in die Berge oder nach Süden Richtung Bukavu geht; auf dem Weg dorthin | |
| kontrollieren die Rebellen die Hügel um Shasha. In östlicher Richtung | |
| grenzt Goma direkt an Ruanda. Freien kongolesischen Verkehr nach Goma gibt | |
| es nur noch auf dem Kivu-See, wo die Bootskapazität allerdings nicht | |
| ausreicht und der Verkehr zu hoch besteuert wird. | |
| ## Eine beispiellose humanitäre Krise | |
| In Goma selbst wird es auch immer schwieriger, sich zu bewegen. Motorräder, | |
| das wichtigste Verkehrsmittel der Bevölkerung und auf den meisten | |
| unbefestigten Wohnstraßen das einzige, dürfen seit über einem Monat nicht | |
| mehr nach 18 Uhr fahren. Damit soll die zuletzt stark angestiegene Zahl von | |
| Morden eingedämmt werden, die in dieser Krisenzeit schon fast Normalität | |
| geworden sind. Es mindert aber die täglichen Einnahmen der | |
| Motorradtaxifahrer und beeinträchtigt den Alltag der Menschen extrem, da | |
| sie nun alle viel früher aus der Stadt nach Hause fahren müssen. | |
| In diesem Kontext fordern die Menschen vor allem eines: Steuersenkungen auf | |
| Güter des täglichen Bedarfs, damit zumindest Grundnahrungsmittel | |
| erschwinglich bleiben. „Die Bevölkerung kann nicht mehr“, erklärte der | |
| zivilgesellschaftliche Aktivist Rodriguez Katsuva in einer Videobotschaft | |
| an Kongos Präsidenten Félix Tshisekedi: „Sie erstickt in Steuern und | |
| Übergriffen im Rahmen des geltenden Kriegsrechts“. | |
| Das [2][Leid in Goma ist nicht nur ökonomisch]. Auch militärische Angriffe | |
| zielen seit Januar immer wieder auf die Stadt. Rund ein Dutzend Bomben- | |
| oder Granateneinschläge haben viele zivile Verletzte gefordert und darüber | |
| hinaus die ohnehin von zwei Jahren Krieg gezeichneten Menschen | |
| terrorisiert. Die unbewaffnete Zivilbevölkerung sollte im Namen des | |
| humanitären Völkerrechts von Angriffen verschont bleiben, appelliert | |
| Christian Kalamo, Leiter der organisierten Zivilgesellschaft im Stadtteil | |
| Karisimbi, an die Kriegsparteien. | |
| Die Armee, die an der Kriegsfront unter Druck steht, wirft der M23 vor, | |
| angesichts ihrer eigenen Schwierigkeiten an der Front auf die brutale | |
| Kriegstaktik der Angriffe auf Zivilisten zurückzugreifen. Doch für die | |
| Menschen in Goma reicht diese Erklärung nicht aus. Sie wünschen sich auch | |
| konkrete Maßnahmen zu ihrem Schutz und auch zum Schutz der | |
| Kriegsvertriebenenlager, die gefüllt sind mit Geflohenen aus Rutshuru und | |
| Masisi. | |
| Über [3][eine Million Vertriebene haben sich im Umland von Goma] | |
| niedergelassen, und das sorgt für eine beispiellose humanitäre Krise. In | |
| ihrem täglichen Überlebenskampf in einem zunehmend schwierigen Umfeld | |
| wünschen sich diese Menschen auch ein verstärktes internationales | |
| Eingreifen zum Schutz der Bevölkerung gegen die Gewaltspirale und zugunsten | |
| eines dauerhaften Friedens: diplomatische, humanitäre und | |
| sicherheitspolitische Maßnahmen. | |
| Ein Punkt dabei, der immer wieder zur Sprache kommt, ist Ruandas Rolle auf | |
| der Seite der M23. Ruanda unter Präsident Paul Kagame macht geltend, es sei | |
| nötig, die Tutsi in der Demokratischen Republik Kongo zu schützen. Doch | |
| Emmanuel Kamanzi, ein Würdenträger der Tutsi, erklärte am vergangenen | |
| Freitag in Goma nach einem Treffen mit der Militärverwaltung der Provinz, | |
| er habe keinen Schutz durch Kagame bestellt. „Wir haben ihn nicht gebeten, | |
| für uns zu sprechen“, sagte er. „Er hat seine Sicht auf die Dinge. Wir | |
| wollen, dass unser eigenes Land uns schützt und verteidigt.“ | |
| 28 Feb 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jacques Vagheni | |
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