| # taz.de -- Unsicherheit in der DR Kongo: „Patrioten“ werden zum Problem | |
| > In der belagerten Metropole Goma nimmt die Gewalt zu. Jetzt weist die | |
| > kongolesische Armee ihre paramilitärischen Hilfstruppen in die Schranken. | |
| Bild: Demonstration der „patriotischen“ Wazalendo-Milizen in Goma, Februar | |
| Kampala taz | Jede Nacht, berichten Einwohner, hört man Schüsse in Goma. | |
| Täglich erhöht sich in der Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu im Osten der | |
| Demokratischen Republik Kongo die Zahl der Zivilisten, die von Soldaten der | |
| Armee oder von Milizionären, den sogenannten [1][Wazalendo (Patrioten)], | |
| gefoltert, ausgeraubt, vergewaltigt, erstochen oder erschossen werden. | |
| Unter den Toten sind auch Soldaten und Milizionäre selbst, die sich | |
| offenbar im Streit gegenseitig erschießen. | |
| Die Millionenmetropole Goma direkt an der Grenze zu Ruanda ist seit Beginn | |
| des Jahres [2][fast vollständig eingekesselt]. Die Rebellen der M23 | |
| (Bewegung des 23. März) haben [3][das ganze Gebiet rundherum eingenommen]. | |
| Die Folgen: Hunderttausende Vertriebene haben sich in Lagern am Stadtrand | |
| niedergelassen. Die Lebensmittelpreise sind ins Unermessliche gestiegen. | |
| Jetzt ist es neben Hunger und Starkregen die Unsicherheit, die die Menschen | |
| jede Nacht terrorisiert. Denn die kongolesische Armee hat alle verfügbaren | |
| Truppen in den Außenbezirken von Goma stationiert. Mittlerweile ist Goma | |
| die am meisten militarisierte Stadt in der ganzen Region, doch die Soldaten | |
| und Milizionäre sind – wie üblich im Kongo – seit Monaten nicht bezahlt | |
| worden und haben kaum Lebensmittelrationen. Vergangenen Donnerstag | |
| demonstrierten Soldaten-Ehefrauen vor dem Armeehauptquartier in Goma, weil | |
| seit vier Monaten kein Sold auf dem Konto eingetroffen sei. | |
| Die M23-Rebellen, die sich mittlerweile mit anderen zum Bündnis „Allianz | |
| des Kongo-Flusses“ (AFC) zusammengeschlossen haben, nutzen die Lage aus. In | |
| einer [4][Pressemitteilung] nannten sie die Unsicherheit in Goma vor | |
| wenigen Tagen „unakzeptabel“ und forderten die dortige Bevölkerung auf, | |
| „gemeinsam gegen die kriminellen Taten von Tshisekedis Soldaten“ | |
| aufzustehen. Indirekt ist damit gemeint, dass die Kongolesen sich den | |
| Rebellen anschließen sollen: „Eine Bevölkerung, die nicht den Mut hat, sich | |
| gegen die Unterdrückung aufzulehnen, hat kein Recht, sich zu beklagen.“ | |
| ## Milizionäre sollen Bevölkerung in Ruhe lassen | |
| Um der grassierenden Gewalt in Goma Herr zu werden, beschloss am Donnerstag | |
| die Militärverwaltung der Provinz, die seit 2021 unter Kriegsrecht steht, | |
| dass die Wazalendo-Milizionäre nicht mehr mit Waffen in die Stadt kommen | |
| dürfen, auch nicht in die Vertriebenenlager. | |
| „Wir haben Maßnahmen ergriffen, um die Sicherheit mithilfe der Polizei in | |
| den Lagern zu stärken“, versicherte Militärgouverneur General Peter | |
| Cirimwami. „Als zweite Maßnahme haben wir die Milizionäre angewiesen, die | |
| Lager zu verlassen und die Bevölkerung in Ruhe zu lassen.“ | |
| ## Schwerbewaffnete Milizionäre | |
| Aber die kongolesische Polizei ist noch schlechter bezahlt und ausgestattet | |
| als die Armee. Ob sie es mit schwerbewaffneten Milizionären aufnehmen kann, | |
| bleibt fraglich. Militärgouvereur Cirimwami bezichtigt unterdessen das | |
| Nachbarland Ruanda, die Unsicherheit in Goma mittels „Infiltranten“ | |
| angestiftet zu haben: „Es ist eine Strategie des Feindes, die darauf | |
| abzielt, Psychosen, Angst und Zwietracht in der Bevölkerung zu erzeugen“, | |
| sagte er. | |
| Dieser Meinung sind auch die Wazalendo selbst: „Agenten aus Kigali und | |
| Kampala“ würden die Bevölkerung in Goma nun „terrorisieren“, erklärten… | |
| Marion Kambale hingegen, Vorsitzender der organisierten Zivilgesellschaft | |
| in Goma, erklärt, die Unsicherheit habe ihre Ursachen in „Krieg“, | |
| „Arbeitslosigkeit“, „Anstieg der Lebenshaltungskosten“ sowie der | |
| umfassenden „Vertreibung der Bevölkerung“. | |
| Immerhin führte ein Militärgericht jetzt einen Prozess gegen die | |
| mutmaßlichen Mörder von drei Zivilisten, die vergangenen Dienstag im | |
| Stadtviertel Majengo erschossen wurden. Am Samstag wurde der Beschuldigte | |
| Endondo Engulu, ein Soldat der kongolesischen Präsidialgarde, [5][zum Tode | |
| verurteilt]. | |
| 15 Apr 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Milizen-in-der-DR-Kongo/!5977887 | |
| [2] /Belagerte-Stadt-Goma-in-Kongo/!5992143 | |
| [3] /Krieg-im-Osten-der-DR-Kongo/!5994817 | |
| [4] https://twitter.com/AfcCongo/status/1778309316786713013 | |
| [5] https://www.radiookapi.net/2024/04/15/actualite/justice/goma-un-soldat-de-l… | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
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