| # taz.de -- Performance von Henrike Iglesias: Tanzend Richtung Mars fliegen | |
| > Das Performance-Kollektiv Henrike Iglesias erobert mit „Space Dudes“ den | |
| > Weltraum. In den Sophiensälen ging es auf queer-feministische Mission. | |
| Bild: Die Performerinnen von Henrike Iglesias tragen Raumanzüge von Kostümbil… | |
| Elon Musk verliert die Kontrolle über den von ihm finanzierten ersten | |
| befrauten Flug auf den Mars! Da hatte er sich doch tatsächlich mit dem | |
| Berliner Performance-Kollektiv Henrike Iglesias eingelassen. Die haben den | |
| Elektriker Frank mit dabei, bauen sich mit seiner Hilfe auf dem Mars | |
| einfach ihre eigenen Satelliten und schießen die ins All. Frank klaut Herrn | |
| Musk auch noch die Stimme. Hilfslos schreit der: „Das ist illegal!“ Anna, | |
| Sophia, Frank und Hyusin tanzen da längst in die Weiten des Mars' hinein. | |
| Kampfbreite Aufbruchstimmung durchzieht die [1][Sophiensäle]. 80 Minuten | |
| lang wird eine der letzten von weißen cis-Männern besetzte Domäne | |
| demontiert und queer-feministisch besetzt: die Raumfahrt. Lang ein Monopol | |
| von einigen wenigen Nationalstaaten, [2][wird sie zunehmend zum Spielplatz | |
| hyperreicher, abgedrehter weißer Männer wie Elon Musk], die verstanden | |
| haben, dass hier Macht generiert werden kann. Jetzt aber springen Anna | |
| Fierz und Sophia Schroth von Henrike Iglesias, Frank Häusermann vom Zürcher | |
| Theater Hora und die Performerin Olivia Hyusin Kim auf den Zug auf. | |
| Die „Space Dudes“ nehmen sich aber auch historische Ereignisse der | |
| Raumfahrt vor. So machen sie sich ziemlich genial lustig über die | |
| Inszenierung der ersten [3][Mondlandung], indem Sophia Schroth die zur | |
| Ikone gewordene Flaggenszene imaginär nachspielt. Nachdem die Truppe | |
| mithilfe eines Trampolins, zwei runder Leuchtstoffröhren und viel | |
| Bühnennebel trashig-theatral auf dem Mars gelandet ist und sich von Elon | |
| Musks Einfluss befreit hat, zieht frau die imaginäre Flagge wieder aus dem | |
| Boden raus. | |
| Davor sammelt man noch interessante Erfahrungen mit der fehlenden | |
| Schwerkraft, indem man Fitnessgeräte fantasievoll zweckentfremdet und das | |
| Ganze für fiktive Follower mit der Handkamera aufnimmt. Und da im Saal das | |
| Reale und der Kameraausschnitt gleichzeitig zu sehen ist, ist der | |
| humorvoll-ironischen Zugriff offensichtlich. So hängt Anna Fierz kopfüber | |
| auf der Fitnessbank, im Video stehen ihr die Haare zu Berge, sie scheint zu | |
| fliegen und frisst eine Banane. Die luftigen Raumanzüge, die einige | |
| Raumfahrten in den Sophiensälen überstehen müssen, hat Kostümbildnerin | |
| Nadine Bakota aus einem Strandzelt, einem Fallschirm und einigen BHs | |
| gefertigt. | |
| Zu wenig Raumklamotte | |
| Erkenntniswert gewinnt mensch auch über queer-feministische Quizeinlagen. | |
| So waren laut „Space Dudes“ bisher 645 Menschen im Weltall, davon 570 endo | |
| cis Männer und 75 endo cis Frauen. Und: Vor fünf Jahren scheiterte der | |
| erste All Women Spacewalk, weil zu wenig Raumklamotte in Größe M an Bord da | |
| war, nämlich nur ein einziger Raumanzug. Die Performerinnen sprechen auch | |
| über ihre persönliche Begeisterung für Weltall und Raumfahrt. Das wird in | |
| einem Videoeinspieler inszeniert und kommt sehr authentisch rüber. So | |
| interessiert sich Marielle Schavan, die leider kurz vor der Premiere | |
| erkrankt war, für die Thematik, weil sie sich durch [4][Sally Ride, die | |
| erste queere Astronautin im All], repräsentiert fühlt. | |
| „Space Dudes“ ist eine „relaxed Performance“. Mensch kann in einem Sitz… | |
| sitzen, darf trinken, wird sogar ermuntert, rauszugehen und wieder | |
| reinzukommen. Hut ab vor der hohen Toleranzbereitschaft der Performerinnen, | |
| die den Kreis der BesucherInnen so weit wie möglich öffnen wollen. Und die | |
| eine ebenso unterhaltsame wie tiefschürfende Empowerment-Performance | |
| hinlegen, dass einem die Ohren wackeln. | |
| 25 Feb 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Katja Kollmann | |
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