# taz.de -- Bremen will AfD-Verbot: Wenn nicht jetzt, wann dann | |
> Bremens rot-grün-rote Landesregierung will im Bundesrat für ein | |
> AfD-Verbotsverfahren werben. Erster Schritt: ein Prüfauftrag an den | |
> Verfassungsschutz. | |
Bild: Für die Bremer Koalition ein „Auftrag an die Politik“: Anti-AfD-Demo… | |
BREMEN taz | Bremen prescht vor, zumindest ein paar Schritte: Das kleinste | |
Bundesland unter rot-grün-roter Landesregierung möchte ein | |
AfD-Verbotsverfahren forcieren. Kommende Woche soll die Bürgerschaft über | |
einen entsprechenden Antrag abstimmen. | |
Die AfD sei völkisch-national, vertrete einen Volksbegriff, der gegen den | |
des Grundgesetzes verstoße, und habe mit Äußerungen zahlreicher | |
Mandatsträger immer wieder bestätigt, dass sie nicht auf dem Boden der | |
freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehe, erklärten am Mittwoch die | |
Vorsitzenden der drei Regierungsfraktionen im Haus der Bremer Bürgerschaft. | |
Konkreter Anlass für den Vorstoß seien die Demos, die seit Bekanntwerden | |
der Vertreibungspläne der AfD [1][Hunderttausende auf die Straße] gebracht | |
haben. | |
Diese begreife man „als Auftrag an die Politik, jetzt endlich tätig zu | |
werden“, so Sofia Leonidakis, Fraktionsvorsitzende der Linken. Wer weiter | |
warte, verliere das Momentum, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Mustafa | |
Güngör: „Die Aufmerksamkeit für das Thema war nach den Correctiv-Recherchen | |
groß. Schon jetzt im März spüre ich weniger davon.“ | |
Einen Verbotsantrag vor dem Bundesverfassungsgericht können nur | |
Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat stellen. Vorgeschaltet wird dem | |
eigentlichen Verbotsantrag erst ein Prüfauftrag: Bremen will sich im | |
Bundesrat zunächst dafür einsetzen, dass die Landesämter und das Bundesamt | |
für Verfassungsschutz eine Materialsammlung über die AfD zusammentragen. | |
Damit solle eine „solide Prüfung“ der Verfassungsfeindlichkeit möglich | |
sein. | |
## Erfolgsaussichten für ein Verbot absichern | |
Der Zwischenschritt ist als wesentliche Entscheidungsgrundlage und | |
Begründung für einen Parteiverbotsantrag unabdingbar und soll helfen, die | |
Erfolgsaussichten eines Verfahrens noch sicherer einzuschätzen. Wie hoch | |
diese sind, da scheint es selbst innerhalb der Bremer Koalition Uneinigkeit | |
zu geben. „Ich bin nicht überzeugt, dass es für ein Verbotsverfahren auf | |
Bundesebene reicht“, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Henrike Müller. | |
Ein gescheitertes Verfahren könnte laut Kritiker*innen die Partei | |
legitimieren und so letztlich mehr schaden als nützen. Sogar einzelne | |
Vertreter der AfD hatten sich [2][deswegen für ein Verbotsverfahren | |
ausgesprochen]. | |
Die vorgeschaltete Prüfung wäre zugleich aber eine Möglichkeit, zögernde | |
Landesregierungen mit an Bord zu holen. Sowohl der Antrag auf Prüfung als | |
auch ein späterer Verbotsantrag müssen vom Rat mit absoluter Mehrheit | |
getragen werden. Beim NPD-Verbotsverfahren gab es 2017 sogar ein | |
einstimmiges Votum der Länder bei der Innenministerkonferenz. | |
## Keine Einigkeit unter den Ländern | |
Bei der AfD hingegen gibt es unter den Ländern noch keine Einigkeit. | |
Nachfragen zur Unterstützung im Bundesrat wichen die Bremer | |
Fraktionsvorsitzenden am Mittwoch aus. „Wir hoffen auf einen | |
Schulterschluss auf Bundesebene über Parteigrenzen hinweg“, sagte die Linke | |
Leonidakis. Dafür müsse man mit den A- wie auch den B-Ländern sprechen, | |
also sowohl solchen, deren Koalition von der SPD, als auch solchen, die von | |
der CDU angeführt würden. | |
„Es haben sich bereits Ministerpräsidenten offen für die Prüfung eines | |
AfD-Verbots gezeigt, darauf kann man aufbauen.“ Der SPDler Güngör hofft, | |
dass zumindest die Prüfung die notwendige Mehrheit bekommt. „Welches | |
Landesamt sollte etwas dagegen haben, dass jetzt nach Material für ein | |
Verfahren gesucht wird?“ | |
Sollte der Verbotsantrag kommen, wird es Jahre dauern bis zu einer | |
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Der richtige Zeitpunkt für ein | |
Verbotsverfahren ist ein kritischer Faktor. So war etwa das | |
Parteiverbotsverfahren gegen die NPD von 2017 gescheitert, weil das | |
Verfassungsgericht der Partei mit ihren 5.000 Mitgliedern keine | |
ausreichenden Erfolgschancen für ihre demokratiegefährdenden Pläne | |
bescheinigte. | |
Das dürfte [3][bei der AfD mit ihren aktuellen Wahlumfragen,] die sie in | |
mehreren Bundesländern als stärkste Kraft sehen, anders aussehen. „Mit | |
Fortschreiten der Zeit wird die Gefahr durch die AfD nicht kleiner, sondern | |
größer“, so Leonidakis. Wenn die Partei erst einmal an Landesregierungen | |
beteiligt sei, schreite „die Aushöhlung der Institutionen voran“, warnte | |
auch Güngör. Der Schutz der Demokratie müsse jetzt beginnen. „Worauf warten | |
wir also?“ | |
6 Mar 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Anti-AfD-Demo-in-Berlin/!5986847 | |
[2] https://www.noz.de/deutschland-welt/niedersachsen/artikel/afd-fraktionsspit… | |
[3] /Demokraten-gegen-AfD/!vn5990723 | |
## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
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