# taz.de -- Fanproteste gegen DFL-Investor: Öl und Sand im Getriebe | |
> Der Fanprotest in der Fußball-Bundesliga nährt sich von der Sehnsucht | |
> nach einem guten Leben im schlechten. | |
Bild: Fans des Investorenklubs Bayer Leverkusen beim Spiel gegen den FC Bayern … | |
Es hat schon reichlich karnevaleske Züge, wenn sich Fans eines lupenreinen | |
Investorenklubs namens Bayer Leverkusen im Kostüm der Investorengegner in | |
Stellung bringen und zum Zeichen ihres Protests Kamelle in rauen Mengen auf | |
den Rasen werfen. So geschehen ist das jüngst beim Spitzenspiel gegen | |
Bayern München. | |
Andernorts, [1][wo es auch Tennisbälle], Flummis oder Goldtaler auf die | |
Spielfelder hagelte, sind die Proteste ebenfalls nicht widerspruchsfrei. | |
Die Mehrzahl der Vereine sind seit Jahren auf Investoren angewiesen. Warum | |
soll gerade jetzt mit dem Einstieg eines Investors bei der Deutschen | |
Fußball Liga, [2][dem nur sehr limitierte Rechte zugestanden werden], eine | |
rote Linie überschritten sein? | |
Auf den ersten Blick mag das irrational wirken, aber der Widerspruch liegt | |
nicht bei den Fans allein. Die in den letzten 30 Jahren gewachsene | |
Popularität des deutschen Fußballs ist das Ergebnis eines einmaligen | |
schwierigen Kompromisses. Im Zuge der fortschreitenden Kommerzialisierung | |
erkämpfte sich die aktive Fanszene kleine Bereiche der Einflussnahme, | |
weshalb etwa Stehplätze erhalten und eine noch maßlosere Zersplitterung der | |
Spieltage verhindert werden konnte. | |
Dienlich dafür war die vehement verteidigte 50+1-Regel, die | |
Vereinsmitgliedern von wenigen Ausnahmen abgesehen eine Stimmenmehrheit | |
garantiert. Das begrenzte zwar die Möglichkeiten der Vereinsfunktionäre, | |
die sich am englischen Modell der schrankenlosen Kommerzialisierung | |
orientierten, doch sie bekamen auch etwas zurück. Die stimmungsvollen | |
deutschen Stadien, wo die Ultras das gute Leben im schlechten zelebrierten, | |
wurden auch zu einem exquisiten Verkaufsargument für die Ware Fußball. | |
## Sehnsucht nach dem alten guten Fußball | |
Das hat indes das Bewusstsein der Fans für ihre eigene Macht gesteigert. | |
Die lautstarken Anhänger in den Kurven sind mal Öl und mal Sand im | |
Getriebe. Sie stützen das System und wehren sich zugleich gegen die ihm | |
innewohnende Gewinnlogik. Sie werden von einer Sehnsucht nach dem alten | |
guten Fußball angetrieben, an dessen Wiederkehr sie aber selbst nicht | |
glauben. | |
Genaues weiß man nicht, aber vieles spricht dafür, dass der Rückzug des | |
DFL-Investorkandidaten Blackstone diese Woche auch mit den permanenten | |
Störenfrieden auf den Rängen zu tun hat. Sie sind ein Unsicherheitsfaktor | |
für jegliche Geschäftskalkulationen. Die derzeitigen Fanproteste sind | |
schließlich kein neues Phänomen. Tennisbälle flogen schon, als es darum | |
ging, die Deutsche Fußball Liga zur Streichung [3][der unbeliebten | |
Montagsspiel]e zu bewegen – mit Erfolg. | |
Wie nun bei der Investorenentscheidung glaubte auch damals die DFL die | |
Interessen der Fußballfans einfach ignorieren zu können. Gerne wird von den | |
Funktionären der Eindruck vermittelt, die Positionen der aktiven | |
Fußballfanszene seien nicht repräsentativ für das deutsche Fanvolk. Eine | |
Umfrage, über die der Spiegel dieser Tage berichtete, zeigt aber, dass | |
selbst unter den TV-Zuschauern der Protest überwiegend positiv bewertet | |
wird. Über 61 Prozent beklagten den „Verlust der Fußballseele“. | |
Als einer der letzten gesellschaftlichen Lagerfeuer wird der Fußball | |
mitunter gepriesen. Auch das könnte ein nicht zu unterschätzendes Motiv | |
sein, warum viele wollen, dass alles zumindest so bleibt, wie es jetzt ist | |
– trotz aller Widersprüche. | |
16 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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