# taz.de -- DFL-Vereine stimmen für Investor: Mehrheit für mehr Geld | |
> Mit der denkbar knappsten Stimmenzahl entscheiden sich die Vereine der | |
> Deutschen Fußball Liga für den höchst umstrittenen Einstieg eines | |
> Investors. | |
Bild: Fanprotest gegen den Investorendeal bei Borussia Dortmund am Wochenende | |
Die Ungewissheit vor der Abstimmung war immens groß. Viele Vereine wollten | |
nicht Farbe bekennen. So sprachen sich im Vorfeld nur 15 der 36 Vereine der | |
Deutschen Fußball Liga für den geplanten Deal mit einem Investor aus. | |
Etliche Klubvertretungen hielten sich bedeckt, wie sie sich am Montag auf | |
der DFL-Versammlung in Frankfurt entscheiden würden. | |
Neun Stimmen fehlten also noch zur nötigen Zweidrittelmehrheit. Und genau | |
diese neun Stimmen, nicht eine mehr, kamen noch hinzu. 24 Vereine votierten | |
letztlich für die Zusammenarbeit mit einem Investor, zehn stimmten dagegen, | |
zwei enthielten sich. Es war eine denkbar knappe Angelegenheit. Die Wahl | |
wurde in geheimer Abstimmung abgehalten. | |
Mit etwa einer Milliarde Euro kann die DFL nun planen. Mit dem | |
Investorengeld soll die Digitalisierung und Vermarktung der Bundesliga und | |
der Zweiten Liga vorangetrieben werden und dadurch wiederum die Einnahmen | |
erhöht werden. Vom Aufbau einer eigenen Streamingplattform war | |
beispielsweise die Rede. Im Gegenzug soll der Investor rund acht Prozent | |
der Einnahmen aus den Erlösen der Vermarktungsrechte erhalten. Die Laufzeit | |
der Zusammenarbeit wird maximal 20 Jahre betragen. Zum Beginn der Saison | |
2024/25 soll der Deal unterzeichnet sein. | |
In den letzten Wochen hat die anstehende Entscheidung vor allem [1][die | |
organisierte Fanszene emotionalisiert.] Auch am zurückliegenden Wochenende | |
brachten sie in vielen Stadien auf Spruchbändern ihren Protest zum | |
Ausdruck. Sie kritisieren die mangelhafte Transparenz der DFL in der | |
Vorbereitung auf die Abstimmung und die fehlende Teilhabe der | |
Vereinsmitglieder. | |
## Protest vor dem Hotel | |
Das Fanbündnis „Unsere Kurve“ bemängelte in einem Statement am Montag | |
„Zeitmangel und Kurzfristigkeit“, die den „Druck auf die Abstimmenden | |
künstlich massiv erhöht“ habe. Protest gab es am Montag auch von der | |
Bewegung „Finanzwende“ vor dem Sitzungshotel Sheraton am Frankfurter | |
Flughafen. „Unsere Grundkritik sind die Private-Equity-Unternehmen“, | |
betonte Jorim Gerrard, Finanzwende-Experte für Private Equity, beim SID. | |
Bei so einer Partnerschaft geht es um Wachstum um jeden Preis. | |
Der Druck auf die Entscheider hätte kaum größer sein können. Kurz vor knapp | |
hatte noch Leverkusens Geschäftsführer Fernando Carro im Fall eines | |
Scheiterns dem Lager der Opponenten, das vor allem in der Zweiten Liga | |
vermutet wurde, gedroht, Grundsätzliches stünde auf dem Spiel. Dann müsse | |
die Frage gestellt werden: „Kann das in dieser Form gemeinsam weitergehen?“ | |
Die Vertreter der Zweitliagklubs hatten am Montag offenkundig nur die Wahl, | |
zwischen zwei Übeln entscheiden zu können. Entweder sie riskierten, dass | |
die erfolgreichen Vereine ihnen ihre Solidarität komplett aufkündigten, | |
oder sie stimmten einem Deal zu, der die Kluft zwischen reichen und armen | |
Vereinen vermutlich eher ein Stück weiter vergrößern wird. | |
[2][Bereits im Mai gab es einen ersten Versuch,] mit einer | |
Zweidrittelmehrheit der Vereine einen Investorendeal einzufädeln. Damals | |
ging es gar um ein Finanzvolumen von zwei Milliarden Euro und um 12,5 | |
Prozent der Anteile für den Investor. Das Vorhaben scheiterte allerdings, | |
weil sich nur 20 DFL-Klubs dafür aussprachen. | |
Nun soll es vier bis sechs interessierte Private-Equity-Unternehmen, also | |
Kapitalbeteiligungsgesellschaften, geben, die an einer Zusammenarbeit mit | |
der DFL interessiert sind. | |
Die DFL-Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel haben jetzt den | |
Auftrag, mit diesen in Verhandlungen zu treten. Vor der Entscheidung am | |
Montag haben die beiden die Skeptiker des Finanzierungsmodells zu beruhigen | |
versucht. Man habe rote Linien für die Zusammenarbeit gezogen. Der künftige | |
Partner werde beispielsweise in Bezug auf Anstoßzeiten, den | |
Wettbewerbsmodus, Spielverlegungen ins Ausland oder in anderen sportlichen | |
Fragen kein Mitspracherecht haben. | |
Das Fanbündnis „Unsere Kurve“ [3][hat den beschlossenen Investoreneinstieg | |
bei der Deutschen Fußball Liga kritisiert]. „Die wohlfeilen Worte der DFL | |
in der Coronapause haben sich endgültig in Luft aufgelöst. Geld steht über | |
allem“, heißt es in einer Erklärung der Organisation. „Die Einzigartigkeit | |
des deutschen Fußballs wird für ein aussichtsloses Rattenrennen mit der | |
Premier League über Bord geworfen.“ (mit dpa) | |
11 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] /DFL-Debatte-ueber-Investor/!5927443 | |
[2] /Investoren-der-Deutschen-Fussball-Liga/!5936846 | |
[3] https://www.unserekurve.de/blog/stellungnahme-zur-erneuten-abstimmung-ueber… | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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