# taz.de -- Investor für die Deutsche Fußball Liga: Die 2-Milliarden-Euro-Fra… | |
> Die 36 Fußballklubs der 1. und 2. Bundesliga müssen eine wegweisende | |
> Entscheidung treffen. Soll die DFL für viel Geld Macht an einen Investor | |
> abgeben? | |
Bild: Klares Meinungsbild: Die Fans des FC Bayern fürchten den Verkauf deutsch… | |
Der Zug hat sich bereits in Bewegung gesetzt, aber es ist ein interner | |
Streit unter den Reisenden ausgebrochen, wohin es denn überhaupt gehen | |
soll. Und wie viel bei dieser Frage der zugestiegene reiche, unbekannte | |
Passagier, der diese spezielle Schnellfahrt erst ermöglicht hat, überhaupt | |
mitzureden hat. Manche wissen mehr, manche weniger. Der vorgesehene | |
ungleich verteilte Reisekomfort sorgt ebenfalls für Unmut. | |
Vielleicht lässt sich mit diesem Bild etwas plastischer beschreiben, in | |
welch unübersichtlicher Lage sich der deutsche Profifußball befindet. Die | |
Interimsführung der Deutschen Fußball Liga hat in den vergangenen Monaten | |
[1][den Boden für einen Einstieg eines Investors geebnet], der etwa 2 | |
Milliarden Euro einbringen soll. Drei Bewerber sind noch im Rennen. Mit dem | |
Geld des Private-Equity-Unternehmens soll die Liga im internationalen | |
Wettstreit konkurrenzfähiger werden. Ausgeweitete digitale Angebote und | |
eine bessere Auslandsvermarktung sollen die Erlöse steigern. Im Gegenzug | |
profitiert der Investor in den nächsten 20 Jahren an der Medienvermarktung | |
der DFL. 12,5 Prozent der Gewinne kann er abschöpfen. | |
Am Mittwoch wird darüber auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung | |
der Deutschen Fußball Liga entschieden. Zwei Drittel der 36 Profivereine | |
aus den beiden obersten Ligen müssten dafür stimmen. | |
Die organisierte Fanszene setzt seit Wochen in den Stadien choreografische | |
Zeichen gegen diesen Deal. Befürchtet wird unter anderem, dass ein | |
profitorientierter Investor Einfluss nehmen könne auf Anstoßzeiten und | |
Spielortverlegungen ins Ausland. Verständnis für die Fanproteste, sagte | |
Oliver Leki (SC Freiburg), der mit Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt) | |
Interimsgeschäftsführer der DFL ist, habe er zu hundert Prozent. „Vieles | |
ist noch nicht bekannt. Das kann man auch keinem verübeln, wenn man Dinge | |
vielleicht nicht richtig durchdringt und versteht, dass man sie auch erst | |
mal per se ablehnt.“ | |
## Ausbleibende Antworten | |
Unwissenheit herrscht aber offensichtlich nicht nur bei den Fans vor. | |
[2][Oke Göttlich,] Präsident vom FC St. Pauli und gar | |
DFL-Präsidiumsmitglied, bemängelte kürzlich, er habe auf viele grundlegende | |
Fragen noch immer keine Antwort erhalten. Er möchte einen Antrag stellen, | |
die Abstimmung zu verschieben. | |
Noch schärfer fällt die Kritik vom 1. FC Köln aus. In einem offenen Brief | |
an seine Mitglieder sprach sich der Vorstand, wie am Montag bekannt wurde, | |
gegen den Einstieg eines Investors aus. „Unser aller Ziel muss sein, das | |
DFL-Geschäftsmodell selbstbestimmt aus eigener Kraft weiterzuentwickeln.“ | |
Außerdem sieht der Verein die geplante Verteilung der Mehreinnahmen, die | |
sich ähnlich wie bei den TV-Erlösen an den Tabellenplätzen der Vereine | |
orientieren soll, kritisch. Die Schere zwischen den Klubs würde dadurch | |
noch weiter auseinandergehen. Und die Frage des Timings wurde vom 1. FC | |
Köln gestellt. „Das größte „Restrukturierungsprojekt“ im deutschen | |
Profifußball unter einer Interimsführung zu starten wirke „geradezu | |
absurd“. | |
## Dem Investor steht Vetorecht zu | |
Dass Kölns Geschäftsführer Christian Keller, einer der lautstärksten | |
Kritiker der Investorenpläne, im März noch mit 18 von 36 Stimmen in den | |
DFL-Aufsichtsrat gewählt wurde, wirft Zweifel auf, ob am Mittwoch die | |
nötige Zweidrittelmehrheit für den Deal erreicht werden kann. | |
Die ARD zitierte am Montag aus einem geheimen DFL-Papier, nach dem bei | |
„besonders wichtigen Geschäften“ dem Investor ein Vetorecht zustehe. | |
Möglicherweise ist dies eine der Passagen, die nicht nur beim FC St. Pauli | |
und dem 1. FC Köln Fragen aufwerfen. | |
Die noch nicht fixierte Geldverteilungsfrage könnte für die DFL-Führung | |
[3][am Mittwoch ein entscheidender Schlüssel sein], um im Lager der | |
Skeptiker noch einmal auf Stimmenfang zu gehen. Allerdings ist auch hier | |
der Spielraum begrenzt. Die nicht berücksichtigten Profivereine aus der | |
Dritten Liga fürchten, nun abgehängt zu werden. Sie warnen in einem Brief | |
an die DFL vor einer „geschlossenen Gesellschaft“. | |
Es dürfe keine weitere Barriere zwischen Zweiter und Dritter Liga | |
geschaffen werden. Indirekt warnen sie mit Blick auf eine mögliche | |
„kartellrechtswidrige“ Verteilung des Investorengelds mit juristischen | |
Konsequenzen. Der Deal ist noch längst nicht in trockenen Tüchern, egal | |
welche Entscheidung am Mittwoch getroffen wird. | |
24 May 2023 | |
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## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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