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# taz.de -- Umstellung auf Wasserstofftechnologie: Bremer Stahl soll grüner we…
> Dank einer Millionenförderung kann das Bremer Stahlwerk in der Zukunft
> CO2-neutralen Stahl produzieren – wenn es denn genug grünen Wasserstoff
> gibt.
Bild: Im Bremer Stahlwerk soll der Stahl in Zukunft mithilfe von Wasserstoff st…
Bremen taz | Auch Bremens Stahlwerk kann grüner werden: Als letztes großes
deutsches Werk, das beim Bund eine Förderung für die Umstellung auf
Wasserstofftechnologie beantragt hatte, bekam es nun auch den Zuschuss
bewilligt. 840 Millionen Euro bekommt Arcelor Mittal von Bund und Land.
Eine fette Summe – aber kofinanziert werden soll damit auch ein kompletter
Umbau. Die Alternative wäre, entweder das Stahlwerk oder alle Klimaziele
aufzugeben.
Das [1][Stahlwerk allein ist für unglaubliche 50 Prozent] der gesamten
CO2-Emissionen im Land Bremen verantwortlich. Die Förderung jetzt soll
keine neuen Filter oder effizientere Verbrennung ermöglichen – solche
Verbesserungen des Bestehenden sind laut Expert*innen ausgereizt. Die
Entscheidung für Wasserstoff ist die für eine völlig andere Technologie.
Es geht dabei nicht einfach darum, den schmutzigen Energieträger Kohle
durch einen sauberen zu ersetzen. Der Wasserstoff wird auch als
Reduktionsmittel benötigt: Um Roheisen zu gewinnen, muss dem Eisenerz der
unerwünschte Sauerstoff entzogen werden.
Bisher hat man sich dafür auf Koks, also Kohlenstoff verlassen – die
überflüssigen Sauerstoffatome konnten sich damit zu CO2 verbinden. Mit
Wasserstoff (H2) gibt es nun eine andere attraktive Verbindung für die
Sauerstoff-Atome – H2O, Wasser. Besser geht’s nicht.
## Es fehlt am grünen Wasserstoff
Aber: Geht’s überhaupt? Dass Wasserstoff bisher im industriellen Maßstab
nicht zur Stahlherstellung genutzt wird und wurde, liegt daran, dass es
nicht ausreichend Wasserstoff gibt, schon gar keinen grünen – also
Wasserstoff, der mit Strom aus erneuerbaren Energien elektrolysiert wird.
Das Hamburger Stahlwerk hat als erstes und bis heute einziges in Europa
schon in den 70er-Jahren auf eine Direktreduktionsanlage statt auf
klassische Hochöfen gesetzt. In dieser aber wird heute eben kein
Wasserstoff, sondern noch Erdgas (CH4) zur Reduktion eingesetzt. Das stößt
zwar im Vergleich zu Koks 60 Prozent weniger CO2 aus, ist aber eben auch
nicht klimaneutral.
Auch Bremen plant erst mal nur den Einsatz von Erdgas und will so 60
Prozent der Treibhausgase bis 2030 einsparen. Immerhin: Eine erste Menge
Wasserstoff hat sich das Stahlwerk für die Zukunft schon gesichert. Ab 2028
soll der Energieversorger EWE aus seinen neuen Hydrolyseuren 40.000 Tonnen
grünen Wasserstoff jährlich liefern. Benötigt werden langfristig – allein
für die Direktreduktionsanlage – 140.000 Tonnen.
Und das Bremer Werk ist nicht das einzige, das den raren Wasserstoff für
die Direktreduktion nutzen will – ganz abgesehen von allen anderen
potentiellen Wasserstoffnutzern. In Salzgitter, bei ThyssenKrupp in
Duisburg sowie bei den Stahlhütten im Saarland ist der Förderbescheid zur
Umstellung schon 2023 eingegangen.
Dass Deutschland die benötigten Mengen an Wasserstoff, vor allem an grünem
Wasserstoff, [2][neben dem übrigen Strombedarf selbst generieren] kann,
glaubt die Bundesregierung nicht und arbeitet aktuell an einer
Importstrategie. Die Stahlwerke nehmen dabei eine besondere Rolle ein: Sie
sollen helfen, überhaupt eine garantierte weltweite Nachfrage nach
Wasserstoff zu schaffen und so, so heißt es in der Nationalen
Wasserstoffstrategie, „ein Treiber beim Markthochlauf“ sein.
Die Stahlindustrie hat durch die frühe Förderung ersten Zugriff auf die
knappen Angebote. Der Nachteil: Die Entscheidung zum Umbau findet statt,
obwohl das Angebot noch nicht da ist.
## Umstellen – oder irgendwann schließen
Die endgültige Entscheidung steht bei Arcelor Mittal trotz des
erfolgreichen Antrags denn auch noch aus, soll aber innerhalb des nächsten
Jahres fallen. Voraussichtlich für den Umbau: „Keine Transformation ist
keine Option“, schreibt Marion Müller-Achterberg, Stabsleiterin bei Arcelor
Mittal Bremen, „CO2-belasteter Stahl wird sich auf Dauer nicht mehr am
Markt platzieren lassen.“
Mehr als eine visionäre Entscheidung für den Klimaschutz ist es also der
Überlebenswille, der Bremens Stahlwerk zur Umstellung treibt. Das wissen
auch Bremens Politiker*innen.
Die Förderung muss das Land zum Teil selbst aufbringen – 250 Millionen Euro
beträgt der Anteil Bremens – etwa der Hälfte der Summe, die das Land pro
Jahr überhaupt für Investitionen aufbringt. Das Geld könne Bremen nur über
Kredite aufbringen, so Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD).
Die Landesförderung steht damit im Zentrum eines Streits mit der Opposition
über die Frage, ob Bremen [3][verfassungskonform Ausnahmen von der
Schuldenbremse] machen kann. Doch die Millionen werden kommen, so oder so –
dafür steht zu viel auf dem Spiel.
9 Feb 2024
## LINKS
[1] /Konversion-des-Bremer-Stahlwerks/!5711339
[2] /Der-Norden-pusht-den-Wasserstoff/!5700679
[3] /Oekonom-ueber-Bremens-Klimafonds/!5969839
## AUTOREN
Lotta Drügemöller
## TAGS
Stahlindustrie
Wasserstoff
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Industriepolitik
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Das Milliardenloch
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Schwerpunkt Klimawandel
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