# taz.de -- Italiens größtes Stahlwerk verstaatlicht: Verlängerte Agonie | |
> Die Regierung Meloni hat das Stahlwerk in Tarent unter ihre Fittiche | |
> genommen. Es geht um Schadensbegrenzung, aber es fehlt ein politischer | |
> Plan. | |
Bild: Blick auf das verstaatlichte italienische Stahlwerk in Taranto | |
Italiens Regierung nimmt den größten Stahlhersteller des Landes unter seine | |
Fittiche, per Einsetzung eines Staatskommissars im Werk von Tarent. Damit | |
soll der tiefen Krise der Stahlschmiede der Riegel vorgeschoben werden, die | |
– so heißt es – „strategisch von höchster Bedeutung“ sei. | |
Das klingt so, als habe die Regierung Meloni die Industriepolitik für sich | |
entdeckt, als wolle ausgerechnet Italiens Rechte – die immer der | |
„Privatinitiative“ das Wort redet – nun auf einmal von staatlicher Seite | |
aus strategische Weichen stellen. Es wäre schön, wenn es so wäre, doch | |
hinter der jetzt getroffenen Entscheidung stehen keinerlei mittel- oder | |
langfristigen Pläne. | |
Seit 2012 zieht sich die Agonie des Stahlwerks Tarent hin. Damals | |
beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft die Fabrik und stellte die bisherigen | |
Eigentümer vor Gericht. Zwei Mitglieder der Familie Riva erhielten dann mit | |
dem Urteil von 2021 20 beziehungsweise 22 Jahre Haft wegen schwerster | |
Umweltverbrechen mit dramatischen gesundheitlichen Folgen für die | |
Bevölkerung. | |
Und seither kämpft sich der Staat an dem Werk ab, versucht, das ökonomische | |
Desaster mit dem Verlust von Tausenden Arbeitsplätzen abzuwenden und das | |
[1][ökologische Desaster] mit der jahrelangen Verseuchung der Stadt Tarent | |
endlich in den Griff zu bekommen. | |
Im Jahr 2018 kam mit ArcelorMittal ein neuer Eigentümer ans Ruder – der | |
aber hatte zur ökologischen Umrüstung der Fabrik, zur [2][Umstellung auf | |
Wasserstoff] kein Konzept und verlor angesichts sich auftürmender Verluste | |
schnell die Lust an dem Investment. | |
Bald sollen wieder Private ran, nach einer kurzen staatlichen | |
Übergangsphase. Erneut werden Hunderte von Millionen, wenn nicht Milliarden | |
an Staatsgeldern fließen – doch wofür eigentlich? Neue [3][überzeugende | |
Konzepte] liegen nicht auf dem Tisch, und damit droht die schlechteste | |
aller Lösungen: die bloße Verlängerung der seit 2012 anhaltenden Agonie | |
eines Unternehmens, das in der Bilanz nur Verluste anhäuft und derweil | |
weiter die Umwelt verpestet. | |
20 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Energiepolitik/!5990203 | |
[2] https://www.deutschlandfunkkultur.de/wachstumstraeume-im-schwedischen-boden… | |
[3] /Umstellung-auf-Wasserstofftechnologie/!5987542 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
## TAGS | |
Italien | |
Industriepolitik | |
Stahlindustrie | |
Verstaatlichung | |
Stahlindustrie | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Umstellung auf Wasserstofftechnologie: Bremer Stahl soll grüner werden | |
Dank einer Millionenförderung kann das Bremer Stahlwerk in der Zukunft | |
CO2-neutralen Stahl produzieren – wenn es denn genug grünen Wasserstoff | |
gibt. | |
Ausbeutung indischer Landarbeiter: Italiens bittere Kiwis | |
In ganz Europa sind italienische Kiwis beliebt. Auf den Feldern arbeiten | |
viele Inder unter unwürdigen Bedingungen, gefangen im ausbeuterischen | |
System. |