# taz.de -- Krise in Papua-Neuguinea: Notstand wegen Plünderungen | |
> Eine angebliche Panne bei Gehaltszahlungen löst einen Polizeistreik aus, | |
> der zu massiven Plünderungen mit 16 Toten und einer Regierungskrise | |
> führt. | |
Bild: Papua-Neuguineas Haupstadt Port Morresby am Mittwochabend: Plünderer fah… | |
BERLIN taz | Papua-Neuguineas Premierminister James Marape hat am | |
Donnerstag für 14 Tage den Ausnahmezustand über den Pazifikstaat nördlich | |
von Australien verhängt. [1][Das meldete der australische Sender ABC]. Mit | |
dieser Maßnahme sowie dem Einsatz der Armee will Marape Plünderungen | |
eindämmen, die am Vortag in der Hauptstadt Port Moresby und der | |
zweitgrößten Stadt Lae ausgebrochen waren. Laut ABC gab es bisher 16 Tote. | |
Auslöser war ein Streik von Polizisten und anderen Beamten des | |
Sicherheitsapparates. Sie hatten am Mittwoch vor dem Parlament friedlich | |
gegen mutmaßliche Gehaltskürzungen demonstriert. Denn die jüngsten | |
Gehaltszahlungen waren in dem kriselnden Staat zum Teil nur noch halb so | |
hoch ausgefallen wie bisher. | |
Später erklärte die Regierung, die verringerten Auszahlungen beruhten auf | |
einer Computerpanne. Sie solle mit der nächsten Gehaltsauszahlung | |
korrigiert werden. Doch traf diese Mitteilung auf große Skepsis. | |
Längst hatte der Streik der Polizei ein Sicherheitsvakuum geschaffen, das | |
Teile der Bevölkerung zu Brandstiftungen und Plünderungen von Supermärkten | |
und Geschäften ausnutzten. Videos zeigten jeweils hunderte Menschen aller | |
Altersgruppen, die mit Kartons, Packungen und Flaschen aus aufgebrochenen | |
Supermärkten flohen. Sie trugen ihre Beute bis hin zu Waschmaschinen oft | |
triumphierend davon. Manche kamen in der Nacht sogar mit dem Auto. Andere | |
setzten Autos und Geschäfte in Brand, darunter ein Einkaufszentrum. | |
## „Totale Anarchie“ | |
Augenzeugen sprachen laut Agenturen von „totaler Anarchie“. Das Lokalblatt | |
PNG Post-Courier sprach vom „dunkelsten Tag unserer Stadt“. Über Port | |
Moresby standen bis in die Nacht zum Donnerstag schwarze Rauchwolken. In | |
mehreren Stadtteilen loderten noch große Brände. | |
Zur Unterdrückung der Ausschreitungen setzte die Regierung schon am | |
Mittwoch Soldaten ein. In Port Moresby starben bei den Plünderungen laut | |
ABC neun Menschen durch Schüsse, in Lae sieben. Viele Personen erlitten | |
darüber hinaus Verbrennungen, Schnitt- oder Schusswunden. | |
Am Donnerstag setzte die Regierung eintausend Soldaten in der Hauptstadt | |
ein, weitere 180 holte sie als Reserve. Viele Läden blieben geschlossen, | |
die Stimmung war angespannt. | |
Der Zusammenbruch der Sicherheit am Vortag hatte eine Regierungskrise | |
ausgelöst. Allein sechs Abgeordnete aus Marapes Regierungsfraktion der | |
Pangu-Partei, der ältesten des Landes, warfen Marape am Donnerstag | |
Zögerlichkeit und Versagen vor und legten ihre Ämter nieder. | |
## Massive Kritik am Premierminister | |
„Treten Sie zurück, weil das Land unter Ihrer Führung zu einer | |
Bananenrepublik wird“, forderte der bisherige Vizeplanungsminister James | |
Nomane. Der seit 2019 amtierende Premier machte hingegen Polizisten für die | |
Krise verantwortlich: „Disziplinlosigkeit der Polizei wird nicht geduldet“, | |
sagte der 53-Jährige laut dem [2][neuseeländischen Sender RNZ] bei einer | |
Presskonferenz. Der Abgeordnete Keith Iduhu warf Marape hingegen vor, | |
Beschwerden aus dem Sicherheitsapparat ignoriert zu haben. | |
Marape profitiert noch bis Februar von einer Schonfrist, die ein | |
Misstrauensvotum ausschließt. Danach könnte es für ihn eng werden. | |
Chinas Botschaft forderte laut CNN die Regierung zum Schutz von | |
chinesischen Staatsbürgern und Geschäften auf sowie zur Verurteilung der | |
Angreifer. Laut ABC sollen mehrere Chinesen verletzt worden sein. In dem | |
Land mit rund 10 Millionen Einwohnern, [3][das ein wichtiger Verbündeter | |
Pekings im Pazifik ist,] leben rund 20.000 chinesische Staatsbürger. | |
Besorgt äußerten sich auch die US-Botschaft sowie die australische | |
Regierung. | |
Papua-Neuguineas Gesellschaft gilt als relativ gewalttätig. Berichten | |
zufolge haben Gewalt und Kriminalität in dem rohstoffreichen Land mit weit | |
verbreiteter Armut in letzter Zeit zugenommen, mutmaßlich auch durch | |
wachsende wirtschaftliche und soziale Probleme. | |
11 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.abc.net.au/news/2024-01-11/16-people-dead-in-png-riots/103308660 | |
[2] https://www.rnz.co.nz/international/pacific-news/506510/png-pm-marape-under… | |
[3] /Votum-in-Papua-Neuguinea/!5649473 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
## TAGS | |
Papua-Neuguinea | |
Streik | |
Plünderungen | |
Papua-Neuguinea | |
Papua-Neuguinea | |
Papua-Neuguinea | |
Papua-Neuguinea | |
USA | |
Deutscher Kolonialismus | |
Papua-Neuguinea | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nach Erdrutsch in Papua-Neuguinea: Weitere Erdrutsche befürchtet | |
Aus dem Katastrophengebiet in Papua-Neuguinea könnten bis zu 8.000 Menschen | |
evakuiert werden. Ministerpräsident Marape droht ein Misstrauensvotum. | |
Nach Erdrutsch in Papua-Neuguinea: Wenig Hoffnung für Verschüttete | |
Nach dem Erdrutsch im Norden Papua-Neuguineas sind viele der mindestens | |
2.000 Verschütteten wahrscheinlich tot. Hilfe kommt nur wenig an. | |
Erdrutsch in Papua-Neuguinea: Mehr als 100 Tote befürchtet | |
Die Katastrophe ereignete sich in abgeschiedenen Gebieten. Das betroffene | |
Dorf in der Nähe der Goldminenstadt Porgera ist nur schwer zugänglich. | |
Kämpfe in Papua-Neuguinea: Dutzende Tote bei ethnischer Gewalt | |
In zentralen Hochland des Südpazifikstaates starben mindestens 26 Männer | |
bei heftigen Kämpfen zwischen ethnisch-verfeindeten Dörfern. | |
USA und Indien umschmeicheln Ozeanien: Machtkampf im Pazifik | |
China hat seinen Einfluss auf die Inseln im Pazifik über Jahre erhöht. Die | |
USA bemühen sich nun auch – aber einem großen Besuch kam etwas dazwischen. | |
Aus Le Monde diplomatique: Des Kaisers Sehnsuchtsort | |
Neuguinea weckte Ende des 19. Jahrhunderts die Begehrlichkeiten deutscher | |
Kolonialisten und Missionare. Eine persönliche Spurensuche. | |
Votum in Papua-Neuguinea: Die Unabhängigkeit lockt | |
Bougainville stimmt für die Unabhängigkeit. Das könnte die strategischen | |
Kräfteverhältnisse im Südpazifik weiter zugunsten Chinas verschieben. |