# taz.de -- Zukunftsrat über Öffentlich-Rechtliche: „Verlässlichkeit und V… | |
> Der Zukunftsrat sagt: ARD und ZDF sollen weniger Geld bekommen, wenn sie | |
> ihren Auftrag nicht richtig umsetzen. Ein Ex-Richter erklärt, was das | |
> bedeutet. | |
Bild: Würde das einer Prüfung standhalten? Maite Kelly beim „Schlagerboom�… | |
taz: Herr Huber, Sie waren stellvertretender Vorsitzender des | |
[1][„Zukunftsrats“], den die Länder 2023 eingesetzt haben. Der hat einen | |
neuen Ansatz erarbeitet, wie ARD, ZDF und Deutschlandradio finanziert | |
werden könnten. Zahlen wir bald keinen Rundfunkbeitrag mehr? | |
Peter Huber: Doch. Es soll beim Rundfunkbeitrag bleiben, der pro Wohnung | |
bezahlt wird. Eine Finanzierung aus dem Staatshaushalt wäre schwieriger, | |
weil der Rundfunk staatsfern und unabhängig sein muss. | |
Was schlagen Sie vor? | |
Das Aufkommen des Rundfunkbeitrags zum Zeitpunkt der Umstellung auf unser | |
System – derzeit circa 9 Milliarden Euro pro Jahr – soll künftig indexiert | |
werden, das heißt mit einem medienspezifischen Schlüssel an die Inflation | |
gekoppelt. Dieser Automatismus würde das Verfahren stark vereinfachen. Die | |
Rundfunkanstalten müssten nicht mehr ihren Bedarf anmelden. Die KEF | |
(Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs des öffentlich-rechtlichen | |
Rundfunks, d. Red.) müsste den Bedarf nicht mehr prüfen. | |
Und die Länder müssten nicht mehr alle vier Jahre die Erhöhung des | |
Rundfunkbeitrags per Staatsvertrag beschließen. Stattdessen würde die KEF | |
alle zwei Jahre kontrollieren, ob die einzelnen Anstalten ihren | |
Angebotsauftrag erfüllen. Wenn nicht, ordnet sie als Sanktion beim nächsten | |
Mal Abschläge bei den Finanzzuweisungen an. Das bedeutet nicht, dass der | |
Rundfunkbeitrag kontinuierlich steigt. Vielmehr wird die Umsetzung aller | |
Vorschläge des Zukunftsrats mittelfristig zu signifikanten Einsparungen | |
führen. | |
Was ist der Auftrag des [2][öffentlich-rechtlichen Rundfunks]? | |
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk dient in erster Linie der Demokratie und | |
dem Gemeinwohl. Er soll Anwalt des gesellschaftlichen Diskurses sein, | |
national, aber auch regional und vor Ort, nicht zuletzt dort, wo keine | |
ausreichende Versorgung mit Tageszeitungen mehr besteht. Relevante | |
Kriterien für die Überprüfung des Auftrags wären dann unter anderem | |
Verlässlichkeit, Wahrhaftigkeit, Vielfalt, Verständlichkeit und | |
Zugänglichkeit. | |
Wie soll die KEF zum Beispiel die „Wahrhaftigkeit“ des | |
öffentlich-rechtlichen Rundfunks prüfen? Soll bei der KEF jemand | |
Strichlisten für Falschmeldungen führen? | |
Das bezieht sich auf das gesamte Angebot, nicht auf einzelne Beiträge und | |
lässt sich – so die Kommunikationswissenschaft – durchaus messen. In der | |
Schweiz hat man erste Ansätze entwickelt. | |
Und wie würde die KEF prüfen, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk | |
wirklich als „Anwalt des gesellschaftlichen Diskurses“ agiert? | |
Sie müsste auf der Basis des Staatsvertrags im Zusammenspiel mit der | |
Kommunikationswissenschaft praktikable Modelle entwickeln. Aber so viel ist | |
klar: Wenn fast nur noch Krimis oder Sport laufen, dann wäre der | |
Angebotsauftrag nicht erfüllt. Auch wenn die Öffentlich-Rechtlichen keine | |
Anstrengungen unternehmen, den gesellschaftlichen Dialog über große, | |
kontrovers diskutierte Projekte – etwa eine Stromtrasse – zu organisieren, | |
wäre das unzureichend. | |
Wie hoch sollen die Sanktionen sein, wenn die Anforderungen nicht erfüllt | |
sind? | |
Die Abschläge sollen nicht nur symbolisch sein, aber die Erfüllung des | |
Angebotsauftrags im Übrigen nicht bedrohen. | |
Was können betroffene Sender tun, wenn sie mit den Sanktionen nicht | |
einverstanden sind? | |
Die Anordnung von Abschlägen durch die KEF wäre wohl ein Verwaltungsakt, | |
gegen den die Sender klagen könnten. In letzter Instanz wäre das | |
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zuständig. | |
Wer soll in dieser [3][mächtigen KEF-Kommission] sitzen? | |
Bisher sind es 16 Experten, die von den Ländern benannt werden, vor allem | |
Juristen und Ökonomen. In Zukunft braucht es zumindest auch | |
Kommunikationswissenschaftler, weil sie die Erfüllung des Auftrags bewerten | |
müssen. | |
Führt die Aufwertung der KEF nicht zu einer Entmachtung der Länder? | |
Nein. Die Länder sind die Herren der Rundfunkgesetzgebung. Sie bestimmen | |
den Angebotsauftrag und die Kriterien, an denen seine Erfüllung zu messen | |
ist. Bei der Finanzierung war ihre Macht allerdings schon bisher recht | |
begrenzt, weil sie die KEF-Empfehlungen zur Erhöhung des Rundfunkbeitrags | |
grundsätzlich umsetzen müssen. Ein Vetorecht haben sie nach der | |
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allenfalls aus | |
sozialpolitischen Gründen. | |
Wie geht es weiter mit dem Zukunftsbericht? | |
Ab diesem Donnerstag berät die Rundfunkkommission der Länder auf einer | |
Klausurtagung über unsere Empfehlungen. | |
23 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Zukunftsrat-stellt-Ergebnisse-vor/!5983339 | |
[2] /Oeffentlich-Rechtlicher-Rundfunk/!t5015122 | |
[3] /Rundfunkbeitrag-ab-2021/!5665345 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
öffentlich-rechtliches Fernsehen | |
Öffentlich-Rechtliche | |
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk | |
ARD | |
ZDF | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
Kolumne Flimmern und Rauschen | |
ARD | |
Kolumne Flimmern und Rauschen | |
öffentlich-rechtliches Fernsehen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
„Manifest“ für einen neuen ÖRR: Jammern am rechten Rand | |
Kritiker des öffentlich-rechtlichen Rundfunks haben ein „Manifest“ | |
veröffentlicht. Politische und persönliche Motive sind bunt gemischt. | |
Feiern bei Grimme: Berg- und Talfahrten ins Unklare | |
Neue Erkenntnisse zur Grimme-Zukunft gab es in Marl nicht. Aber getanzt | |
wurde beim traditionellen Bergfest trotzdem, wenn auch auf eigene Kosten. | |
„Zukunftsrat“ stellt Ergebnisse vor: Bitte mehr on demand | |
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll jünger und digitaler werden. Das | |
sagt der „Zukunftsrat“, ein von den Ländern eingesetztes Expertengremium. | |
Debatte über ÖR-Reform: Schluss mit stiller Post | |
25 Medienverbände, Institute und Initiativen haben den offenen Brief | |
#UnsereMedienMitgestalten zur Reform der Öffentlichen-Rechtlichen | |
veröffentlicht. | |
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Zurück in den Zukunftsrat | |
Ein neues Gremium soll die Zukunft von ARD und ZDF bestimmen. Doch was | |
bisher darüber bekannt ist, macht wenig Hoffnung. |